Miro Jennerjahn: Petitionen sollten auch online mitzuzeichnen sein – Umgang mit beschlossenen Petitionen ist lieblos
Redebeitrag des Abgeordneten Miro Jennerjahn zum „Bericht des Petitionsausschusses“ (Drs 5/2625) in der 20. Sitzung des Sächs. Landtages, 02.09., TOP 5
Es gilt das gesprochene Wort!
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Sehr geehrter Herr Präsident,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
zu Beginn möchte ich den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Petitionsdienstes für ihre Arbeit danken. Mir als neuem Mitglied in diesem Hohen Haus und damit auch Neuling im Petitionsausschuss hat es das Einfinden in die Arbeit enorm erleichtert, dass hier stets schnell und unkompliziert mit Rat zur Seite gestanden wird. Dafür ganz herzlichen Dank.
Die große Zahl der jährlich eingereichten Petitionen bringt es mit sich, dass die Ausschussarbeit sehr vielschichtig ist. Die Palette der eingereichten Petitionen ist groß: von individuellen Anliegen bis zu Anregungen für die Ausgestaltung von Gesetzen.
Der Petitionsausschuss dient somit als eine Art Brücke zwischen den Bürgerinnen und Bürgern und den Abgeordneten. Die konkreten Auswirkungen von Gesetzen oder Verordnungen werden hier schnell ersichtlich – ob es sich um Regelungslücken handelt, oder um Folgen, die im Vorfeld nicht erkennbar waren.
Auch wenn nicht jeder Petition abgeholfen werden kann, liegt hier ein zentraler Aspekt des Petitionsausschusses. Durch die zahlreichen Schreiben, die den Ausschuss erreichen, gibt er den Abgeordneten und Fraktionen einen Eindruck, wo Handlungs- und/oder Korrekturbedarf besteht.
Eines ist mir jedoch besonders wichtig. Die Vielzahl der Petitionen entspricht der großen Bedeutung, die dieser Ausschuss hat. Zur Erinnerung: Der Petitionsausschuss hat Verfassungsrang. Artikel 35 der Sächsischen Verfassung definiert das Petitionsrecht als Jedermannsrecht.
Dies birgt für uns die Verpflichtung kontinuierlich den gesamten Petitionsprozess zu reflektieren – vom Eingang der Petition bis zur abschließenden Abstimmung im Plenum des Sächsischen Landtags – um bürgerfreundlich und transparent zu arbeiten. Nun möchte ich an dieser Stelle nicht den gesamten Prozess aufrollen aber zumindest einen Blick an dessen Anfang und dessen Ende werfen.
Das Petitionsrecht wird rege genutzt. Dennoch muss die Frage gestellt werden, ob die technischen Möglichkeiten bereits ausgereizt sind, um das Einreichen von Petitionen noch einfacher zu gestalten und mögliche Barrieren weiter abzubauen. In der Vorbereitung auf diese Rede habe ich bei den einzelnen Landesparlamenten und beim Deutschen Bundestag recherchiert. Ich war erstaunt, dass sich das Verfahren der Online-Petition noch nicht flächendeckend durchgesetzt hat. In Sachsen haben wir also mit der Einführung des Verfahrens im Jahr 2008 einen wichtigen Schritt gemacht.
Gleichwohl bewegen wir uns damit – um ein Bild aus dem Fußball zu nutzen – im Ländervergleich lediglich im gesicherten Tabellenmittelfeld. Um in die Champions-League vorzustoßen brauchen wir die Möglichkeit, Petitionen online mitzuzeichnen. Dies würde auch dem Ansinnen unserer Verfassung entsprechen, sagt Artikel 35 doch explizit aus, dass das Petitionsrecht einzeln oder auch in Gemeinschaft mit anderen in Anspruch genommen werden kann.
Vor dem Hintergrund der weiter wachsenden Bedeutung des Internets halte ich es für unerlässlich diesen Schritt zu gehen. Bislang existiert die Möglichkeit Petitionen online mitzuzeichnen lediglich beim Deutschen Bundestag und der Bremischen Bürgerschaft. Der Sächsische Landtag könnte hier also durchaus noch Vorbildfunktion in Sachen Bürgerfreundlichkeit einnehmen und ein niedrigschwelliges Angebot schaffen, sich zu beteiligen und politisch einzubringen.
Ich hatte bereits den Aspekt der Transparenz angesprochen und springe damit an das Ende des Petitionsverfahrens. Auch hier gibt es Nachbesserungsbedarf.
Petitionen sind mit hohem Aufwand verbunden: Für die Bürgerinnen und Bürger, die die Petition erarbeiten, für die Verwaltungen und Verbände, die Stellungnahmen abgeben und für die Abgeordneten, die die Berichterstattung übernehmen.
Der – zugespitzt formuliert – lieblose Umgang mit den Petitionen, nachdem sie durch den Landtag beschlossen wurden, ist da ein Wermutstropfen. Die Petitionsberichte werden in Sammeldrucksachen versenkt und im Nachhinein ist für Bürgerinnen und Bürger kaum nachzuvollziehen, zu welchen Themen welche Petitionen eingereicht wurden und wann sich der Sächsische Landtag damit abschließend befasst hat.
Der Aufbau einer Online-Datenbank, wie es ja schon bei zahlreichen anderen Bereichen der parlamentarischen Arbeit gute Praxis ist, ist aus meiner Sicht wünschenswert.
In einer Zeit, in der viele Menschen auf Distanz zum Politikbetrieb gegangen sind und in der es nach wie vor hohe Wahlergebnisse rechtsextremer Parteien gibt, müssen wir den Menschen in Sachsen noch deutlichere Signale geben, dass die demokratischen Fraktionen offen sind für ihre Probleme, Fragen und Wünsche, dass wir ihre politischen Vertreterinnen und Vertreter sind.
Herzlichen Dank.