Miro Jennerjahn zu den sächsischen Bundeswehrstandorten
Der Antrag ist lediglich ein oberflächliches Bekenntnis, das lediglich vorgibt, im Interesse der Soldatinnen und Soldaten zu sein
Redebeitrag des Abgeordneten Miro Jennerjahn zum Antrag "Klares Bekenntnis zu unseren Soldatinnen und Soldaten – Sächsische Bundeswehrstandorte erhalten" in der 31. Sitzung des Sächsischen Landtages, 10.02., TOP 3
Es gilt das gesprochene Wort!
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Sehr geehrter Herr Präsident,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen!
Die Bundeswehr wird in den kommenden Jahren den größten Wandel seit ihrem Bestehen durchmachen. Die Wehrpflicht wird ausgesetzt und die Bundeswehr in eine Freiwilligenarmee überführt. Wir halten das für einen notwendigen Schritt, war doch die bisherige Form auch angesichts veränderter sicherheitspolitischer Anforderungen nicht mehr zeitgemäß und führte zunehmend zu Ungerechtigkeiten. Diese Reform muss sich auch in der Frage der Standorte niederschlagen.
Die Frage, wie viele Standorte wo in welcher Stärke zukünftig zu unterhalten sind, muss dabei verteidigungs- und sicherheitspolitischen Erwägungen folgen. Es ist schon auffällig, dass die CDU/CSU auf Bundesebene mit ihrem charismatischen Minister zu Guttenberg durchaus Rückhalt für die Reform hat, in den Ländern die CDU/CSU-Ministerpräsidenten aber gern an ihren Pfründen festhalten wollen. Wenn dieses Vorhaben an allen Standorten und in allen Bundesländern verfolgt wird, kann es zu keiner Strukturreform und zu keinen neuen Stationierungsentscheidungen kommen, die den genannten Anforderungen entspricht.
Sachsen war in der Tat überdurchschnittlich von der letzten Bundeswehr-Reform betroffen, die Dienstpostenstärke wurde annähernd halbiert, acht Standorte wurden geschlossen und die Stationierungsdichte ist bundesweit die geringste. Aber Ihrem Antrag heute fehlt derzeit die Basis. Das Standortkonzept ist noch in Erarbeitung und wird erst noch zur Diskussion gestellt. Und auch wenn die Medienmeldungen derzeit widersprüchlich sind, setzt sich doch vorläufig die Lesart durch, dass Standortschließungen vor allem in Westdeutschland stattfinden werden und Sachsen wohl ganz davon verschont bleibt.
Immer wieder beliebt ist auch der Verweis auf die wirtschaftliche Bedeutung der Bundeswehr. Das ist regional ohne Frage ein bedeutender Faktor und die Schließung eines Standortes für die betroffene Region ein harter Schlag.
Aber, die Bundeswehr ist nun mal kein Instrument der Wirtschaftsförderung oder der Regionalentwicklung. Sollten entgegen dem jetzigen Kenntnisstand doch sächsische Kasernen von Schließung betroffen sein, werden wir genau schauen müssen, welche Standorte betroffen sind. Sollten welche dabei sein, die in den letzten Jahren unter erheblichem Aufwand an Steuermitteln ausgebaut wurden, werden wir sicher noch einmal diskutieren müssen.
Grundsätzlich aber, werden wir angesichts einer notwendigen Strukturreform der Bundeswehr dann vor allem über Konversion zu diskutieren haben. Der Bund hat bereits 1993 zwei Prozent der Umsatzsteuer für genau diesen Zweck abgegeben.
Noch einige Worte zum Punkt römisch I. ihres Antrages. Grundsätzlich ist es selbstverständlich so, dass die Soldatinnen und Soldaten ein Anrecht auf den Rückhalt durch die Legislative haben, die ja die Auslandseinsätze der Bundeswehr demokratisch legitimiert. Dem verweigern wir uns nicht.
Wir verweigern uns jedoch dem im Antrag geforderten pauschalen Bekenntnis zu den Bundeswehreinsätzen, weil es die aktuelle Diskussion auf Bundesebene nicht widerspiegelt. Quer durch alle demokratischen Parteien gibt es kritische Stimmen zu einzelnen Einsätzen. Es gibt z. B. eine große Einigkeit darüber, dass der Afghanistan-Einsatz zügig zu beenden ist, über den konkreten Zeitraum wird gestritten.
Es ist insbesondere auch und aus meiner Sicht das wichtigere Interesse der Soldatinnen und Soldaten, dass die rechtlichen und sicherheitspolitischen Fragen der einzelnen Einsätze kritisch reflektiert werden. Immerhin sind sie es, die dafür im schlimmsten Fall mit ihrem Leben bezahlen.
Das leistet ihr Antrag nicht und insofern handelt es sich um ein oberflächliches Bekenntnis, das lediglich vorgibt, im Interesse der Soldatinnen und Soldaten zu sein. Um Missverständnissen vorzubeugen: Ich unterstelle Ihnen an diesem Punkt keine Böswilligkeit. Ich glaube aber, Sie haben den von mir genannten Aspekt bei der Antragserarbeitung nicht ausreichend bedacht.
Wir beantragen die punktweise Abstimmung des Antrags.
Herzlichen Dank.