Petra Zais: Haushalt für Gleichstellung und Integration lässt ganz klar eine geänderte Handschrift erkennen

Redebeitrag der Abgeordneten Petra Zais zum Doppelhaushalt:
"Einzelplan 8/Gleichstellung & Integration "
12. Sitzung des Sächsischen Landtags, 28. April 2015, TOP 1

– Es gilt das gesprochene Wort –

Sehr geehrter Herr Präsident,
verehrte Kolleginnen und Kollegen,
der Teil des Einzelplans 8 des Ministeriums für Gleichstellung und Integration lässt ganz klar eine geänderte Handschrift erkennen. Das ist aber auch nicht schwer, denn die Staatsregierung hat in den vergangenen Jahren in Bezug auf den Etat und den konkret daraus resultierenden Maßnahmen so ziemlich alles falsch gemacht, was falsch gemacht werden konnte, bzw. schlichtweg nichts gemacht, Dinge ausgesessen, einfach weggeschaut, Entwicklungen nicht berücksichtigt.
Asyl- und Flüchtlingspolitik hatte zwar Haushaltsrelevanz, aber vor allem im Einzelplan des Innenministeriums, wenn es um die Erstattung der Kosten für die Aufnahme und Unterbringung der Flüchtlinge an die kreisfreien Städte und Gemeinden ging. Aber auch dort ohne die Entwicklungen der vergangenen Jahre zu berücksichtigen. Doch das ist heute nicht unser Thema.
Im Bezug auf den Einzelplan 8, also ganz konkret in Bezug auf Fragen wie Flüchtlingssozialarbeit, die Umsetzung des Sächsischen Zuwanderungs- und Integrationskonzeptes, Beratungsangebote für Asylbewerberinnen und Asylbewerber oder Deutschkurse für Asylsuchende stehen wir heute genau deshalb da, wo wir stehen, nämlich teilweise vor dem Nichts oder vor sehr wenig. Die neue Staatsregierung stand und steht vor der Aufgabe, große und entscheidende strukturelle Lücken zu erkennen und diese zu schließen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren,
das müssen Sie sich einmal vor Augen halten: für Flüchtlingssozialarbeit hatte die Staatsregierung in den vergangenen Jahren jährlich jeweils nur einen Etat von 40.000 Euro vorgesehen. Das reicht gerade für 1,5 SozialarbeiterInnenstellen für ganz Sachsen. Jetzt befinden sich mehrere Millionen in diesem Topf, was nur konsequent ist. Diese falsche Prioritätensetzung bzw. Fehlplanung hat natürlich Auswirkungen, die wir heute ganz deutlich spüren: Flüchtlingssozialarbeit ist nach wie vor nicht flächendeckend etabliert. Asylsuchende bekommen nicht die Unterstützung, die sie brauchen, Konflikte in den Gemeinschaftsunterkünften bleiben unbearbeitet und eskalieren immer wieder, Kommunikation und Interaktion in die und mit der Gemeinde bleibt aus und hinterlässt die sogenannten besorgten Bürgerinnen und Bürger. Anders formuliert, durch die Versäumnisse der vergangenen Jahre bzw. Jahrzehnte wurde der Nährboden für rassistische Ressentiments bereitet. Auch die finanzielle Unterstützung für den Erwerb der deutschen Sprache war nicht vorgesehen, ebenso wenig spielte und spielt Asylverfahrensberatung durch unabhängige Organisationen im Freistaat Sachsen eine Rolle.
Worauf ich an dieser Stelle ganz deutlich hinweisen möchte, ist, dass die Aufnahme von Flüchtlingen zwar für uns als aufnehmende Gesellschaft herausfordernd ist. Aber diejenigen, die ihr Land verlassen haben, müssen sich weitaus größeren Herausforderungen stellen: Wer aus seinem Heimatland flieht, begibt sich auf eine ungewisse Reise mit ungewissem Ziel und ungewissem Ausgang. Die Fluchtwege sind lebensgefährlich. Die Menschen lassen neben Krieg, Armut und Verfolgung aber auch Gewohntes und Vertrautes zurück: Sprache, Kultur, Familie, Freundinnen und Freunde, Religions- und Glaubensgemeinschaften, Ansehen und Stellung im sozialen Gefüge. Das sind alles Faktoren, die Halt und Stabilität bringen, die den Menschen, die schließlich hier ankommen, erst einmal fehlen. Sicherheit und Stabilität, Verlässlichkeit und Perspektiven sind gerade in den ersten Monaten nach der Ankunft entscheidend. Und genau an dieser Stelle weist der Haushalt gravierende Lücken auf, die Sie, sehr geehrte Damen und Herren durch Annahme unserer Änderungsanträge schließen können.
Auch im Bereich Gleichstellung ist die deutliche Handschrift der SPD zu erkennen. Aber auch hier ist das nicht besonders schwer, wenn man bedenkt, was in den vergangenen fünf Jahren alles nicht passiert ist, bzw. wo gekürzt wurde. Insgesamt wurden über 1,5 Millionen Euro mehr veranschlagt (2015). Das ist gut, aber gerade bei der Sicherstellung der Angebote im ländlichen Raum noch nicht ausreichend. Völlig unverständlich hingegen ist, warum das Förderprogramm zur Unterstützung von Existenzgründung im ländlichen Raum nicht wieder aufgelegt wurde – auch das war immer eine SPD-Forderung. Und selbst die CDU hat erst kürzlich in einem Positionspapier zur ‚Attraktivität ländlicher Räume‘ festgestellt, dass Neugründungen und Neuansiedlungen in ländlichen Regionen einer gezielten Unterstützung bedürfen.
Deshalb haben wir Änderungsvorschläge, die wir im Anschluss näher erläutern werden.