Petra Zais: Rassistischer Sprachgebrauch hat in sächsischen Gesetzen nichts zu suchen

Redebeitrag der Abgeordneten Petra Zais zum GRÜNEN-Änderungsantrag zum Gesetzentwurf der Staatsregierung:
"Gesetz zur Anpassung des Sächsischen Berufsqualifikationsfeststellungsgesetzes und weiterer Rechtsnormen an die Richtlinie 2005/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über die Anerkennung von Berufsqualifikationen“ (Drs 6/3289)
27. Sitzung des Sächsischen Landtags, 03. Februar 2014, TOP 4

– Es gilt das gesprochene Wort –

Sehr geehrter Herr Präsident,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
mit der Streichung der Wörter "rassische Herkunft" in § 16 Abs. 6 Berufsqualifikationsfeststellungsgesetz und in § 4 Abs. 2 Sächsisches Datenschutzgesetz wollen wir Verantwortung übernehmen. Nationalsozialistischer Sprachgebrauch hat in sächsischen Gesetzen nichts zu suchen.
Das Deutsche Institut für Menschenrechte hat sich in zwei Publikationen mit der Verwendung des Begriffs "Rasse" in der deutschen Gesetzgebung auseinandergesetzt.
("…und welcher Rasse gehören Sie an?" Zur Problematik des Begriffs "Rasse" in der Gesetzgebung", Hendrik Cremer, Policy Paper Nr. 10, 2009; „Ein Grundgesetz ohne „Rasse“ Vorschlag für eine Änderung von Artikel 3 Grundgesetz, Hendrik Cremer, Policy Paper Nr. 16, 2010)
Darin heißt es unter anderem:
"Für den europäischen Raum lässt sich feststellen, dass der Begriff ‚Rasse‘ wachsender Kritik ausgesetzt ist. Wegweisend ist die Entschließung des Europäischen Parlaments anlässlich des Europäischen Jahres (1997) gegen Rassismus. Die Entschließung hebt hervor, dass der Gebrauch des Begriffs ‚Rasse‘ in Dokumenten der EU rassistischem Denken und Diskriminierungen Vorschub leisten könne, da er auf der Vorstellung basiere, es gebe unterschiedliche menschliche ‚Rassen‘. Das Europäische Parlament empfiehlt daher, den Begriff in allen amtlichen Texten zu vermeiden." (Policy Paper Nr. 16, S. 4)
"In einigen Mitgliedstaaten der EU hat sich mittlerweile grundsätzlich wie auch im Zuge der Umsetzung der Anti-Rassismusrichtlinie 2000/43/EG die Position durchgesetzt, den Begriff ‚Rasse‘ aus der nationalen Gesetzgebung zu verbannen. Dies gilt etwa für Finnland, Schweden oder Österreich.“ (Policy Paper Nr. 10, S. 5)
Bei Paragraf 4 Abs. 2 Sächsisches Datenschutzgesetz handelt es sich zwar um die Umsetzung europäischen Rechts, nämlich der Datenschutzrichtlinie aus dem Jahr 1995. Auch in der Datenschutzrichtlinie wird der Begriff der "rassischen Herkunft" verwendet. Die konkrete Umsetzung europäischer Richtlinien obliegt aber den nationalen Gesetzgebern. Diese entscheiden, welche Begrifflichkeiten sie für geeignet halten, um dem Schutzzweck der Norm zu entsprechen. Auch der sächsische Landesgesetzgeber ist also nicht gezwungen stoisch und blind europäische Normen "nachzuplappern". Er ist vielmehr gehalten, nach geeigneten Lösungen für den eigenen Rechtsraum zu suchen. Dazu gehört zwingend der Verzicht auf die Verwendung der Wörter der "rassischen Herkunft". Aus gutem Grund existiert für diese Begrifflichkeit keine Definition in behördlichen Verfahren.
Übrigens: Das Land Brandenburg hat mit der sogenannten Antirassismusnovelle im Jahr 2013 den Begriff "Rasse" aus der Landesverfassung entfernt bzw. ersetzt. Dort heißt es seit dem in Art. 7a: "Das Land schützt das friedliche Zusammenleben der Menschen und tritt der Verbreitung rassistischen und fremdenfeindlichen Gedankenguts entgegen." Im die Gleichheit garantierenden Art. 12 heißt es in Absatz 2 neu: (2) Niemand darf wegen der Abstammung, Nationalität, Sprache, des Geschlechts, der sexuellen Identität, sozialen Herkunft oder Stellung, einer Behinderung, der religiösen, weltanschaulichen oder politischen Überzeugung oder aus rassistischen Gründen bevorzugt oder benachteiligt werden.
Bei unserem Antrag handelt es sich nicht etwa um irgendeine spleenige Petitesse der GRÜNEN.
Im Jahr 2007 löste ein in Berlin verwendetes Einbürgerungsformular, in dem die rassische Herkunft abgefragt wurde, national und international Empörung aus. Von Nazijargon und Nazivokabular in deutschen Behörden war dabei die Rede – zu Recht.
Auch sollten Sie sich bewusst machen, dass Gesetze durchaus zur Bewusstseinsbildung beitragen und auch als Vorbild dienen oder zumindest Orientierung geben. Auch deshalb sollte auf das Wort der "rassischen Herkunft" verzichtet werden. 
Vielen Dank!
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