Preissteigerungen – Čagalj Sejdi: Armut muss bundesweit wirksam vermieden werden

Redebeitrag der Abgeordneten Petra Čagalj Sejdi (BÜNDNISGRÜNE) zum Antrag der Fraktion DIE LINKE: „Preissteigerungen auffangen: Verbraucher*innen schnell spürbar finanziell entlasten!“ (Drs 7/9884)
51. Sitzung des 7. Sächsischen Landtags, Mittwoch, 01.06.2022, TOP 8

– Es gilt das gesprochene Wort

 

Sehr geehrter Präsident,
meine Damen und Herren,

wir haben bereits in der vergangenen Landtagssitzung intensiv über die steigenden Preise geredet und diskutiert, was jetzt politisch zu tun ist, um noch mehr Armut zu verhindern.

Der Antrag der Linksfraktion macht nun eine Reihe Forderungen an die Bundespolitik auf, über die wir hier im Parlament zwar abstimmen können, die aber keine unmittelbare Wirkung entfalten können. Denn wir sind nur eines von 16 Bundesländern im Bundesrat. Wir können natürlich Initiativen starten, allerdings liegt unser Einflussbereich als Parlament auf der landespolitischen Ebene. Ich muss das zu Beginn klarstellen: Im Landtag wird keine Steuerpolitik gemacht!

Umso spannender wäre es gewesen, welche Haltung die Staatsregierung zu ihren Forderungen einnimmt. Eine Stellungnahme haben Sie zwar beantragt, aber nicht abgewartet. Schade!

Auch wenn wir in vielen Punkten des Antrags die falsche politische Adresse sind, will ich auf die einzelnen bundespolitischen Forderungen kurz eingehen:

Die Linksfraktion fordert die Mehrwertsteuer für Grundnahrungsmittel unverzüglich auf null Prozent zu senken. Ein schöne Sache, die Frage ist nur, ob es funktioniert? Mehrwertsteuersenkungen müssen von den Unternehmen nicht an den Kunden weitergegeben; das bedeutet, nur weil die Steuer gesenkt wird, muss der Verkäufer nicht automatisch den Preis seiner Produkte senken. Und ob Verkäufer die Steuersenkung an die Verbraucher*innen weitergeben oder nicht, können wir leider nur schwer kontrollieren. Die Frage ist dann also, wem hilft die Steuersenkung wirklich?

Ich habe es im vergangenen Plenum bereits deutlich gemacht: Wir BÜNDNISGRÜNE im Bund ruhen uns in Fragen der Armutsbekämpfung nicht aus. Natürlich sind trotz der verschiedenen Entlastungspakete weitere Schritte notwendig, wie zum Beispiel eine deutliche Anhebung der Hartz IV-Regelsätzen. In Zeiten derart hoher Inflationsraten wäre aus unserer Sicht auch eine unterjährige Anpassung der Regelsätze sinnvoll. Die 200 Euro Einmalzahlung an Hartz IV-Empfänger*innen aus den beiden Entlastungspaketen reicht nicht aus, sie kann nur ein erster Schritt sein, ebenso wie auch das Sanktionsmoratorium, das vergangene Woche im Bundestag beschlossen wurde.

Aus unserer Sicht spricht nichts gegen eine allgemeine, bundesweit geltende Abgabepflicht für Lebensmittel an kostenfreie Lebensmittel-Verteilstationen, Foodsharing-Initiativen und Tafeln. Aber auch hier sind die Details auf Bundesebene zu klären. In Sachsen ist das Staatsministerium für Energie, Klimaschutz, Umwelt und Landwirtschaft bereits in Kontakt mit Initiativen.

Aber nun zur Landespolitik: Natürlich wollen auch wir die sächsischen Tafeln in ihrer Arbeit unterstützen und neue Formen der Lebensmittelrettung unterstützen. Die Frage ist nur, wie kann das kurzfristig ganz konkret gelingen? Und hier machen Sie, liebe Kolleg*innen von der Linksfraktion, zwar eine berechtigte Forderung auf – ohne jedoch einen konkreten Weg aufzuzeigen.

Wir haben in den vergangenen Wochen auch bei den sächsischen Tafeln nachgefragt und hören, dass die Situation regional sehr unterschiedlich ist. Teilweise fehlt es an Lebensmitteln, teilweise an Ehrenamtlichen, die verteilen helfen. Hier müssen wir mit dem Sozialministerium ins Gespräch kommen, ob eine aufstockende Ehrenamtsförderung über das sächsische Programm „Wir für Sachsen“ möglich ist.

Entlastung brauchen wir aus BÜNDNISGÜNER Sicht aber auch beim Mittagessen in Kitas und Schulen, denn auch hier steigen die Preise aktuell massiv, um bis zu zwei Euro pro Mahlzeit. Das bringt auf Dauer auch normalverdienende Familien in Bedrängnis. Und wird wohl auf kurz oder lang dazu führen, dass Kinder gar nicht mehr in den Hort oder die Kita gehen – und dann haben wir noch ganz andere Probleme. Hier wünsche ich mir Lösungen aus unserem Ministerium.

Das, was wir auf Landesebene tun können und auch tun, sind in erster Regel die Bekämpfung von Symptomen: Armut muss bundesweit wirksam vermieden werden – und daran arbeitet unsere Bundesregierung auch. Doch können die Fehler der vergangenen Jahre nicht ad hoc wieder rückgängig gemacht werden, dafür braucht es Zeit.