Eva Jähnigen: Gretchenfrage unbeantwortet: Werden Wehren den Bedarf abdecken können?

Redebausteine der Abgeordneten Eva Jähnigen zur Aktuellen Debatte
"Für leistungsfähige Feuerwehren in Sachsen – Professionalität stärken, Ehrenamt unterstützen"
100. Sitzung des Sächsischen Landtages, 09. Juli 2014, TOP 2

– Es gilt das gesprochene Wort –

Sehr geehrter Herr Präsident,
sehr geehrte Damen und Herren,
gut, dass es die Arbeitsgruppe des Innenministeriums gab. Allerdings ist es bedauerlich, dass seiner Besetzung nur wenige Praktiker aus den Feuerwehren einer Mehrheit aus den Verwaltungen gegenübersaßen (acht Sachverständige aus Innenministerium, Sächsischer Städte- und Gemeindetag, SLK und Fraunhofer Institut, fünf Vertreter der Feuerwehr, darunter keine Person, die rein ehrenamtlich in der Feuerwehr arbeitet). Wir meinen: die Situation der freiwilligen Feuerwehren muss ständig evaluiert werden – und zwar unter breiter Einbeziehung der ehrenamtlichen Feuerwehrfrauen und -männer vor Ort.
Im Abschlussbericht der AG vermisse ich folgerichtig, dass Projektergebnisse und Problemstellungen vor Ort konkret reflektiert werden. Der Bericht zeigt die Lücken in Vorgehensweise des CDU-geführten Innenministeriums deutlich. So fehlt ein Blick in andere Bundesländer wie Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt, die sich mit Zentraler Beschaffung befasst haben. Hier könnten Kosten zugunsten anderer Investitionen für Feuerwehrarbeit gespart werden.
Unbeantwortet bleibt im Bericht der AG ebenso wie in den Wortbeiträgen der Koalition die Gretchenfrage des Brandschutzes in der Fläche des Landes: Werden die Freiwilligen Feuerwehren den Bedarf angesichts der sinkenden Bevölkerung auf Dauer abdecken können?
Viel zu pauschal und mit vorgeschobenen Argumenten wird die Einführung des interessanten Modells der Stützpunktfeuerwehren vom Tisch gefegt. Anders als die AG des Innenministeriums glauben wir GRÜNE nicht, dass dieses die Arbeit der freiwilligen Feuerwehren degradieren würde. Im Gegenteil: es kann sie verstärken und die Ehrenamtlichen vor Ort motivieren.
Deshalb sind Stützpunktfeuerwehren ja auch gerade von Ehrenamtlichen ins Gespräch gebracht worden.
Im Mittelpunkt steht der Schutz von Menschen im Einsatzfall. Hier sollte man nicht von vorn herein bestimmte Instrumente ablehnen, die der Aufrechterhaltung des effektiven Brandschutzes dienen. Eine finanzielle Unterstützung dieser Pflichtaufgabe durch das Land ist ohnehin nötig.
Interessanterweise ist Mecklenburg-Vorpommern bereits zu Ergebnis gekommen, dass die Freiwillige Feuerwehren allein den Brandschutz in der Fläche des Landes nicht mehr gewährleisten können.
Wir fordern, dass die reale Entwicklung in Sachsen und bundesweit genau beobachtet und die Einführung von Stützpunktfeuerwehren in Sachsen zumindest mittelfristig überprüft wird.
Aufhorchen lassen die Ergebnisse der AG in Bezug auf die den Gemeinden empfohlene Standortanalyse für Um- und Neubau von Standorten und eine Regionalisierung der Bedarfsplanung – nachzulesen auf den Seiten 32 und 35 des Berichts. Ist das bisher nicht genügend geschehen? Das sollte dann auch klar gesagt werden. Und was hat der Innenminister dafür getan als Fach- und Rechtsaufsicht bzw. was sollte eine künftige Regierung tun? Unbeantwortete Fragen.
Die vorgeschlagene Einführung der Erfassungs- und Analysesoftware zur Planung der Einsatzbereitschaft und für neue Einsatzkonzepte ist sinnvoll. Aber was sie kosten soll und wer diese Kosten trägt, bleibt ebenso offen. Und nicht einmal im Ansatz analysiert wird leider, welche Lücken der Einsatz dieser Software in der Referenzregion Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge offenbarte.
Insgesamt bleibt zu konstatieren: die Regierung beantwortet ebenso wie der Bericht der AG Feuerwehr die zentrale Frage nicht: Wie können die freiwilligen Feuerwehren im dünner besiedelten Raum wirklich mit professioneller Unterstützung rechnen. Trotz vieler schöner Worte an die Kameradinnen und Kameraden heute: auch das bleibt eine der ungelösten Aufgaben für eine neue Regierung in Sachsen.