Michael Weichert: Boden sollte, statt ihn zu verkaufen, langfristig und dauerhaft verpachtet werden

Rede des Abgeordneten Michael Weichert in der Debatte um den Doppelhaushalt 2013/2014, zum "Ankauf von BVVG Flächen durch den Freistaat Sachsen",
Änderungsantrag der Fraktion GRÜNE zu Drs. 5/9949 und Drs. 5/10371, 66. Sitzung des Sächsischen Landtages, 11. Dezember 2012, TOP 1


– Es gilt das gesprochene Wort –

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Sehr geehrter Herr Präsident,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

die Privatisierungsgrundsätze der bundeseigenen Bodenverwertungs- und –verwaltungs GmbH (BVVG) sorgen immer für die großen, für die industriellen Agrarunternehmen, während kleine und mittlere, eben bäuerliche Betriebe kaum noch Chancen haben, Land zu erwerben oder zu pachten. So kann ein Pächter der BVVG bis zu 450 ha Pachtland direkt erwerben. Die Lose für Pachtflächen sind oft bis zu 50 ha groß. Für einen bäuerlichen Betrieb, der zur Existenzsicherung Flächen dazu pachten oder kaufen möchte, sind 50 ha in der Regel zu viel, denn ein durchschnittlicher Familienbetrieb ist ja nur 52-57 ha groß. Diese Betriebe können meist nicht mit einem Schlag ihre Betriebsgröße verdoppeln. Das führt dann dazu, dass sich in erster Linie große Agrarbetriebe an den Ausschreibungen beteiligen.

Meine Damen und Herren, der Boden ist in den letzten Jahren immer wertvoller geworden. Er ist nicht beliebig zu vermehren, ganz im Gegenteil: Aufgrund nicht angepasster Bewirtschaftung wird er immer weniger. Dies lockt Bodenspekulanten an, die die Preisentwicklung des Ackerlandes als willkommene Geldanlage betrachten.
Auch die BVVG macht mit dem ihr anvertrauten Land gute Geschäfte. Die Verkaufspreise stiegen in der Vergangenheit um bis zu 20 Prozent im Jahr. Das liegt aus meiner Sicht daran, dass die BVVG mit zwei Dritteln aller Verkäufe marktprägenden Einfluss hat und ihre Verkaufspolitik hauptsächlich auf die Erzielung von Höchstpreisen ausgerichtet ist.

Wir Bündnisgrünen meinen: Boden sollte, statt ihn zu verkaufen, langfristig und dauerhaft verpachtet werden. Darum wollen wir, dass der Freistaat Sachsen Land von der BVVG erwirbt und dieses dann entsprechend einer noch zu erarbeitenden Strategie zur Verbesserung der Agrarstrukturen und für die Entwicklung ländlicher Räume an regionale bäuerliche Betriebe verpachtet. Die Kopplung der Verpachtung landeseigener Flächen an ökologische Kriterien wäre dabei ein ideales Instrument, das der Freistaat nutzen sollte.

Meine Damen und Herren, selbst 20 Jahre nach der deutschen Wiedervereinigung steht noch immer nicht fest, wie viele Flächen für den Alteigentümererwerb noch benötigt werden. Dieser lange Zeitraum bis zum Abschluss des Alteigentümererwerbs ist nicht akzeptabel. Eine Beschleunigung des Verfahrens ist dringend geboten, um genaue Zahlen zu den verbleibenden Flächen zu bekommen. Experten gehen davon aus, dass letztendlich noch 8.000 bis 10.000 Hektar Land zur Verfügung stehen. Mit dem vorliegenden Änderungsantrag wollen wir, dass der Freistaat Fläche im Wert von 75 Millionen Euro erwirbt. Beim derzeitig aktuellen Verkaufspreis der BVVG sind dafür rund 6200 Hektar Land zu bekommen. „Nicht viel“, werden Sie sagen – „Besser als nichts“, sage ich. Das Geld soll aus den Rücklagen des Landes genommen werden. Diese eignen sich für einmalige Investitionen, die – wie im Falle des Flächenerwerbs – gut angelegt sind.

Meine Damen und Herren, die Sächsische Staatsregierung hat es in der Vergangenheit versäumt, ihre Vorstellungen stärker in die von Bund und neuen Ländern gemeinsam zu verantwortenden Privatisierungsgrundsätze einzubringen. Nun ist der Kauf die beste verbleibende Option, um das Ackerland in Eigenregie langfristiger, mit weniger Preisauftrieb und entsprechend eigener agrarstruktureller Zielstellungen zu verwerten.
Dies hat auch die Fraktion der Linken erkannt und bereits einen etwas abenteuerlichen Antrag dazu gestellt sowie einen Entwurf zur Einführung eines Agrarstrukturverbesserungsgesetzes vorgelegt. Dagegen ist nichts einzuwenden. Aber, werte Kolleginnen und Kollegen der Linken: Warum sterben Sie nun auf halber Strecke ab? Die finanzielle Untersetzung Ihrer Initiativen ist lächerlich und nichts anderes als Symbolpolitik. Für fünf Millionen Euro bekommen Sie aktuell keine 400 Hektar. Was soll das bitte werden?  Machen Sie es wie wir: Entweder ganz oder gar nicht, Meine Damen und Herren!

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