Miro Jennerjahn: Thema Mindestlohn – Es gibt einen Unterschied zwischen Prinzipientreue und Dogmatismus

Redebeitrag von Miro Jennerjahn zur Aktuellen Debatte "Gute Arbeit: Mindestlohn statt Niedriglohngrenze", 77. Sitzung des Sächsischen Landtages, 16. Mai 2013, TOP 1

– Es gilt das gesprochene Wort –
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Sehr geehrte Damen und Herren,
sehr geehrter Herr Ministerpräsident,

Die letzte Debatte zum Thema Mindestlohn ist noch nicht lange her, genauer gesagt haben wir zuletzt im Märzplenum in einer Aktuellen Debatte der LINKEN zum Thema diskutiert. Die Debatte heute auf Antrag der SPD ist folgerichtig.

Der Kollege Brangs hatte im März darauf verwiesen, er gehe davon aus, wir würden nicht das letzte Mal über das Thema diskutieren, beständiges Wiederholen könne zum Lernerfolg führen.

Insofern ist das heute die Lernerfolgskontrolle über den Fortschritt der Koalition in den letzten beiden Monaten.

Nun hat die FDP auf Bundesebene mit viel Getöse sich des Themas angenommen und irgendwie einen Beschluss gefasst, der was entfernt mit der Problematik zu tun hat. Um in Schulnoten zu sprechen: eine Verbesserung von ungenügend auf mangelhaft.

Immerhin konnte sich die FDP dazu durchringen sich für weitere Lohnuntergrenzen in Bereichen mit Dumpinglöhnen auszusprechen. Dafür sollen die gesetzlichen Instrumente überarbeitet werden, mit denen auch in den letzten Jahren bereits Mindestlöhne vereinbart wurden. Eine Kommission soll etwa „Branche für Branche“ und regional differenziert Löhne festlegen. Ein gesetzlicher Mindestlohn wird weiterhin abgelehnt.
So weit, so unklar.

Aber selbst dieses winzig kleine bisschen an Fortschritt wird von den sächsischen Hardlinern der FDP noch abgelehnt.

Ich habe mir gestern in einem masochistischen Anfall die Rede vom Kollegen Zastrow mitsamt dem kleinen cholerischen Anfall am Ende der Rede auf dem Bundesparteitag angesehen.

Völlig losgelöst von jeglicher Realität wird da das Horrorszenario der Deindustrialisierung Sachsens gezeichnet. Sie versuchen das als Prinzipientreue zu verkaufen. Aber es gibt einen Unterschied zwischen Prinzipientreue und Dogmatismus.

Auf die neueren empirischen Studien zu den Auswirkungen von Mindestlöhnen, die mit dem Glaubenssatz, Mindestlöhne würden Arbeitsplätze vernichten, aufräumen habe ich bereits bei der letzten Debatte verwiesen.

Sachsen steuert auf einen Fachkräftemangel in vielen Branchen zu, und junge Menschen werden sicher nicht hierbleiben, wenn hier vielfach nicht einmal Löhne gezahlt werden, die zum Leben reichen.

Wo ist denn da ihre angebliche Wirtschaftskompetenz?

Die sächsische Niedriglohnstrategie ist gescheitert. Die Folgen kommen noch, aber dann kann sich schon keiner mehr daran erinnern, dass die FDP in Sachsen mal mitregiert hat.

Aber kommen wir zurück zur 57prozentigen FDP-Mehrheit auf dem Bundesparteitag. Unter dem Strich ist doch der Antrag von Ihrem Parteivorsitzenden Rößler nicht viel mehr als der Versuch sich einen sozialen Anstrich zu geben.

Die traurige Wahrheit ist aber: Trotz des Beschlusses der FDP und einem ähnlich untauglichen Vorschlag der CDU wird der Mindestlohn in dieser Legislatur nicht mehr kommen. FDP-Generalsekretär Patrick Döring war da ja sehr deutlich.

So traurig es ist, der FDP-Beschluss ist damit reine Wahlkampftaktik, um den Wählerinnen und Wählern Sand in die Augen zu streuen.
Es bleibt dabei: Für viele Menschen ist ein Mindestlohn eine elementare Grundlage sozialer Gerechtigkeit und nicht zuletzt auch des sozialen Friedens in diesem Land.

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