Änderung des Jagdgesetzes wegen afrikanischer Schweinepest – Günther: Jagdrechtliche Änderungen werden das Problem nicht lösen.

Rede des Abgeordneten Wolfram Günther zur zweiten Beratung des Entwurfs der CDU- und SPD-Fraktion zum Thema:
"Gesetz zur Änderung des Sächsischen Jagdgesetzes"
66. Sitzung des Sächsischen Landtags, 31. Januar, TOP 7
– Es gilt das gesprochene Wort –

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen,
die afrikanische Schweinepest ist ein Fall, bei dem eine Tierseuche, die zunächst nichts mit dem Menschen zu tun hat, eine sehr große Welle ausgelöst hat, wie es sie eigentlich noch nie gegeben hat. Es ist eine Seuche, die ausdrücklich nur unter Tieren grassiert. Sie hat nichts mit dem Menschen zu tun.
Trotzdem entstehen riesige Probleme. Wenn man aber den Wald vor lauter Bäumen noch sehen will, so muss man erkennen, dass die Probleme erst einmal im Kopf entstehen. Genauso hat die Ausbreitung dieser Seuche nichts mit den Tieren zu tun.
Das ist für die Tiere wie eine schlimme Grippe. Sie werden zu einem hohen Prozentsatz sterben. Sie überleben es nicht und bewegen sich auch nicht weit.
Natürlich würde sich diese Seuche nur extrem langsam ausbreiten. Und noch etwas, das heute noch gar nicht erwähnt wurde: Die Seuche ist nicht neu in Europa. Sie ist seit dem Jahr 1957 in Europa, kam über Afrika, hat sich über Portugal, Spanien, Frankreich, die Beneluxstaaten bis nach Italien ausgebreitet und ist dort jahrelang gewesen. Erst im Jahr 1995 wurde sie zurückgedrängt bis auf Sardinien. Dort war bis heute endemisch. Jetzt ist sie in Osteuropa.
Das ist also überhaupt nichts Neues. Europa geht seht lange schon sehr entspannt damit um.
Jetzt gibt es aber riesige Forderungen: Reduzierung der Wildschweinbestände um 70 Prozent und mehr. Das hätte dann sehr reale Auswirkungen. Die Wege dahin, die beschrieben werden, klingen alles andere als machbar, sinnvoll oder mit dem Tierschutz: irgendwie vereinbar.
Wenn ich mir diesen Vorschlag anschaue, Fallenjagd wieder zuzulassen, dann Folgendes: Entweder man macht ganz kleine Fallen, in denen Tiere gefangen werden – dann hat man aber kaum eine statistische Auswirkung – ,oder man stellt sehr große Fallen auf, in denen dann aber wieder seht viele Tiere drin sind. Dann weiß man aber : Wenn man diese abschießen will – das ist
das, was schon in der Anhörung klar wurde – dann verweigern die Jäger das. Das Abschießen der Tiere könnten vielleicht Veterinäre machen. Das ist alles sehr nebulös – auch da man weiß, dass Schweine in absolute Panik geraten, wenn sie dort drin sind und das erste Mal Blut von den anderen riechen. Das ist tierschutzrechtlich überhaupt nicht umsetzbar, es funktioniert schlichtweg nicht.
Dann gibt es diesen anderen Vorschlag mit den Nachtsichtgeräten. Bedenklich daran ist erst einmal die weitere Aufrüstung mit Waffen. Wir haben die Wildtiere, die normalerweise tagsüber und im Offenland unterwegs sind, nur durch unsere Jagd in die Nachtstunden und in die Wälder zurückgedrängt. Wenn wir jetzt weiter rund um die Uhr jagen, dann wird das sicherlich nicht für den gesamten Wildbestand und für den Naturschutz sehr förderlich sein.
Genauso stellt sich das Problem mit den Schalldämpfern dar. Alle Jäger sind sich darüber einig, dass es für den Gehörschutz ganz gut, jedoch ist auch das eine weitere Aufrüstung. Aber hierbei könnte man in Abwägung des Gesundheitsschutzes vielleicht noch mitgehen.
Dieses Problem, das ich eben skizziert habe, ist eigentlich kein Problem der Jagd, sondern es ist ein Problem der Schweinehaltung, auch der Landwirtschaft und der industriellen Tierhaltung. Wir wollen Schweine exportieren und halten. Dort ist das Problem. Lösen sollen es jetzt die Jäger. Dort gehört es aber überhaupt nicht hin.
Deswegen bin ich ja froh, dass heute zumindest ein Entschließungsantrag vorliegt, bei dem das Themenfeld etwas weiter gefasst wird, weil man die Schweinepest schlichtweg nicht mit dem Jagdgesetz in den Griff bekommen kann. Wenn man schon etwas Sinnvolles machen und das Thema angehen will, dass wir zu hohe Wildschweinbestände haben –  auch das ist ja richtig – ‚ und wenn man die beiden Themen miteinander verknüpft, dann müssen wir uns auch einmal fragen: Warum haben wir denn so hohe Wildschweinbestände? Die haben wir genau wegen der Landwirtschaft, und zwar so wie sie ist. Denn die Schweine finden dort einen reich gedeckten Tisch vor, und die Jäger können sie kaum jagen, denn wenn sie draußen sind, dann finden sie in den hohen Maisständen, im Raps und im Getreide beste Deckung. Deswegen wäre ein Ansatz, bei dem man gleich noch etwas für den Naturschutz tun könnte, breite Jagdschneisen anzulegen, die man gleichzeitig als Blühstreifen einrichten könnte.
Was aber ganz wichtig ist, wenn wir zu dem Punkt kommen: Was kann man überhaupt gegen die Schweinepest tun? Das Wichtigste wäre ein Impfstoff, aber den haben wir nicht. Dort muss man alle Kräfte einsetzen, denn das ist das einzig Sinnvolle. Aber den haben wir eben noch nicht. Ansonsten kann man die Übertragung nur verlangsamen. Da der Mensch – wir haben es schon mehrfach gehört – der einzige Überträger ist, müssen wir sehen, wie wir die Menschen aufklären und wie wir es in den Griff bekommen, dass die Kübel mit Speiseabfällen an den Verkehrstrassen abends geleert sind, dass Zäune darum gebaut werden, dass Fahrzeuge gereinigt werden und dass Jäger, die auf Besuch aus dem Osten hier sind, es nicht mit ihrer Kleidung oder als Person übertragen. All das muss man in den Griff bekommen. Aber vor allen Dingen muss man die Bevölkerung aufklären und sagen: Es ist kein Grund für die Menschen hier zur Panik, weil diese Krankheit nichts mit den Menschen zu tun hat.
Aus diesem Grund können wir Ihrem Antrag nicht zustimmen. Die Schritte sind überhaupt nicht sinnvoll. Im Entschließungsantrag sind sehr viele sinnvolle Punkte genannt, aber auch dort findet sich dann zum Beispiel, dass man frischlingsführende Sauen ungestraft abschießen darf. Das finden wir sehr schwierig. Dort sind jagdrechtliche Änderungen enthalten, die mit Sicherheit nicht das Problem lösen werden.
Wir werden beidem nicht zustimmen können.
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