Redebeitrag von Gisela Kallenbach zur 2. Lesung des Baum-ab-Gesetzes

Klientelpolitik – das ist Ihr Markenzeichen – Leider gehören Umwelt- und Naturschutz nicht zu Ihrer Klientel
Redebeitrag der Abgeordneten Gisela Kallenbach zum „Gesetz zur  Vereinfachung des Landesumweltrechtes“ (Drs 5/1356) in der 19. Sitzung des Sächsischen Landtages, 01.09., TOP 3
Es gilt das gesprochene Wort!
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Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, insbesondere werte Damen und Herren der Koalition,
unter dem Deckmantel der Vereinfachung und Entbürokratisierung bemühen Sie sich seit Monaten Kommunal-, Umwelt- und Naturschutzrecht mit nahezu unlauteren Mitteln auszuhebeln.
ABER: Sie hatten offensichtlich nicht mit derartigen Widerstand und Sachverstand aus Kommunen, Verbänden und Universitäten gerechnet. Das hat Ihr schon verinnerlichtes Machtmonopol durcheinander gewirbelt.
Nun wollen Sie es uns zeigen und schrecken wahrhaftig vor nichts zurück, nicht einmal vor verfassungsrechtlichen Bedenken – das hätte ich nicht für möglich gehalten!
Aber eigentlich hätte ich es wissen müssen: Klientelpolitik – das ist Ihr Markenzeichen. Leider gehören Umwelt- und Naturschutz nicht zu Ihrer Klientel.
Wenn Sie schon Tausende Protestunterschriften ignorieren; wenn Sie die Hinweise von Verwaltungsrechtlern und dem Juristischen Dienst vom Tisch wischen; wenn Sie das Bestreben nach Rechtskonformität als «juristische Trickserei von Winkeladvokaten» bezeichnen, dann stellen Sie sich wenigstens einigen Fragen, die Sie recht bald den Kommunen und viel mehr noch den Bürger/innen beantworten müssen.
Wie erklären Sie die Verletzung des Grundrechtes der Kommunalen Selbstverwaltung?
Erklären Sie bitte, wie man Leistungen kostenlos erbringen kann – trotz der Pflicht zu Eigeneinnahmen laut SächsGemO und erklären Sie noch deutlicher, wie z.B. die relativ grünflächenarmen Großstädte ihren Verpflichtungen zum Naturschutz und zur Herstellung gesunder Lebensverhältnisse nachkommen sollen.
Ich erinnere nur an Grünentwicklungsplanung, Feinstaub- und Stickoxidbelastung in Ballungsräumen und die Rolle von Großgehölzen.
Erklären Sie bitte auch die völlig willkürliche festgelegte Genehmigungsfiktion nach drei Wochen.
Erklären Sie  bitte auch den Grundstückseigentümern, dass sie zukünftig gegen Europäisches Artenschutzrecht verstoßen – und dafür rechtlich belangt werden, wenn sie z.B. bestimmte Weidenarten oder höhlenreiche Einzelbäume fällen, die sogar noch nach Paragraph 26 Sächs. NaturschutzG geschützt sind.
Erklären Sie die geplante generelle Fällerlaubnis der einheimischen Nadelgehölze sowie Birke und Pappel. Diese Baumarten sind häufig Bestandteil streng geschützter Biotope- und das übrigens unabhängig von ihrem Status nach dem Baugesetzbuch im Innen- als auch im Außenbereich.
Haben Sie die Fragen alle gut notiert?!
Sie versprechen Freiheit und bescheren den Bürgern Rechtsunsicherheit und nennen das auch noch Vereinfachung. Den Schneid muss man erstmal haben!
Eine realitätsgerechte Hilfe beim Umgang mit den örtlich sehr unterschiedlichen und wohl auch mancherorts verkomplizierten Baumschutzsatzungen hätte grundlegend anders aussehen können – das aber hätte man mit den Kommunen und Verbänden diskutieren müssen. Dorthin gehört das Thema und nicht in den Landtag.
Nun geht die Vereinfachung ja aber noch weiter  – die Abschaffung von Vorkaufsrechten. Da habe ich wieder so manche Frage zu stellen:
Wie wird zukünftig ein großflächiger Biotopverbund – übrigens Ziel des Umweltministeriums – ermöglicht? Wie sollen in Zukunft Naturdenkmale durch die Landesbehörden geschützt werden? Wie sollen Überschwemmungsgebiete eingerichtet werden, ohne die Bürger zu enteignen?
Ein Vorkaufsrecht, das ja keine Vorkaufspflicht ist, leichtfertig, ohne Not  aufzugeben, das verstehe wer will. Ich denke, hier profitieren einzig und allein Immobilienspekulanten – auf Kosten der Allgemeinheit und der Natur.
Wenn das Instrument in der Vergangenheit nicht erfolgreich war, liegt das nicht an dessen Unbrauchbarkeit, sondern am mangelnden Willen zum sachgerechten Vollzug durch die zuständigen Landestalsperrenverwaltung  und anderer Behörden und am mangelnden Willen eine grundsätzliche Neuorientierung in Richtung natürlichen Hochwasserschutz durchzusetzen.
Die Auswirkungen werden leider wieder die nächsten Hochwasseropfer zu tragen haben.
Werte Kollegen, Sie haben bestimmt größtes Verständnis, dass meine Fraktion diese Gesetzentwürfe aus den genannten Gründen ablehnen muss.