Schule/Corona – Melcher: Abwägung zwischen Infektionsschutz und Recht auf Bildung und Teilhabe
Redebeitrag der Abgeordneten Christin Melcher (BÜNDNISGRÜNE) zum Antrag der Fraktion DIE LINKE: „Sicher durch den Winter: Pandemische Lage in Kitas und Schulen stabilisieren. ‚Task Force Bildung‘ einsetzen – Forderung der GEW Sachsen unverzüglich umsetzen!“ (Drs 7/8357)
42. Sitzung des 7. Sächsischen Landtags, Mittwoch, 22.12.2021, TOP 8
– Es gilt das gesprochene Wort –
Sehr geehrter Herr Präsident,
liebe Kolleginnen und Kollegen der LINKEN,
Ihr Antrag lässt mich etwas ratlos zurück.
Sie fordern, dass – ich zitiere – „unverzüglich die erforderlichen organisatorischen, personellen und finanziellen Vorkehrungen zur Stabilisierung der schwierigen Lage in den Schulen und Kindertageseinrichtungen [ergriffen werden], um deren Weiterbetrieb zu ermöglichen“.
Ich frage Sie: Was denn sonst? Was meinen Sie, woran wir hier seit fast zwei Jahren arbeiten? Worum wir in jeder neuen Verordnung ringen?
Ich weiß, dass uns das Ziel eint, Kitas und Schulen offen zu halten. Dass wir uns einig sind, dass die Schließung von Bildungseinrichtungen nur das letzte Mittel sein darf.
Ich habe Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen der LINKEN, in den vergangenen Monaten als kritisch, aber konstruktiv erlebt. Deshalb vielleicht die gewisse Enttäuschung mit Blick auf diesen Antrag.
Ratlos macht mich, wenn so getan wird, als sei bislang nichts passiert und Sie uns hier quasi den Stein der Weisen vorlegen.
Als ob Kinder, Jugendliche und pädagogisches Personal völlig schutzlos in die Kitas und Schulen geschickt würden.
Ich möchte daher zunächst in Erinnerung rufen, welche Schutzmaßnahmen wir in den Kitas und Schulen bereits etablieren konnten.
Erstens: Wir haben eine flächendeckende Testpflicht, drei Mal wöchentlich, in allen Schularten, für alle an Schule Beteiligten. Jede Woche werden 1,7 Millionen Tests an die Schulen geliefert.
Schülerinnen und Schüler waren monatelang die einzige Personengruppe, die seriell getestet wurde. Es braucht nicht viel Fantasie, um den enormen logistischen Aufwand hinter dieser Zahl zu erahnen. Dennoch läuft das Testregime praktisch geräuschlos. Die Schulen leisten damit einen wichtigen Beitrag zum Erkennen und Unterbrechen von Infektionsketten.
Und dafür, was die Schulaufsicht in diesem Zusammenhang leistet, möchte ich einmal ausdrücklich ‚Danke‘ sagen!
Zweitens: In Kitas, Grund- und Förderschulen gilt der eingeschränkte Regelbetrieb.
Dadurch sind die Gruppen in ihrer Zusammensetzung konstant, ebenso das Lehr- und Betreuungspersonal.
Drittens: Es gibt eine Maskenpflicht an allen Schularten, an weiterführenden Schulen auch im Unterricht. Es ist kein Geheimnis, dass wir BÜNDNISGRÜNE für eine Maskenpflicht am Platz auch an Grundschulen plädieren. Dafür werben wir weiterhin, gerade mit Blick auf den Schulstart im neuen Jahr.
Viertens: Die Schulbesuchspflicht ist ausgesetzt. Daneben gilt unverändert die „Hotspotregelung“. Die Schulaufsicht kann schulscharfe Schutzmaßnahmen verhängen, wenn es das Infektionsgeschehen erfordert. Die Palette reicht von erhöhter Testfrequenz über Wechselunterricht bis hin zu teilweise oder vollständigen Schließungen.
Die Liste ließe sich ergänzen: Sowohl fest installierte als auch mobile Luftreiniger werden von Bund und Land finanziell gefördert. Durch das Corona-Aufholprogramm steht den Schulen mehr Personal zur Verfügung, vor allem in Form von Assistenzkräften. Damit wird auch, wie hier gefordert, das pädagogische und das Leitungspersonal entlastet.
Auch die Impfquote von Lehrkräften lässt hoffen, die Impfung für Kinder und Jugendliche nimmt ebenfalls Fahrt auf.
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
ich sage es ganz offen: Es bleibt eine fortwährende Abwägung. Der Infektions- und Gesundheitsschutz muss gewährleistet sein, gleichzeitig haben Kinder und Jugendliche ein Recht auf Bildung und Teilhabe.
Professor Berner hat es so auf den Punkt gebracht: „Natürlich müssen wir die Kinder schützen. Aber Schutz ist mehr als der Schutz vor Infektion.“
Niemand kann garantieren, dass es nicht zu neuerlichen Einschränkungen im Kita- und Schulbetrieb kommt. Es ist nicht absehbar, wie groß der Druck auf Kitas und Schule noch wird, gerade aufgrund der Ausbreitung der Omikron-Variante.
Ich möchte Sie herzlich einladen, Ihre Vorschläge in die Erarbeitung der kommenden Corona-Verordnungen einzubringen. So tun es auch die Koalitionsfraktionen.
Aufgrund der Vielzahl der bereits ergriffenen Maßnahmen und mit Blick auf das Verfahren zur Erstellung der Verordnungen werden wir den Antrag ablehnen.
Vielen Dank.