Senioren − Zschocke: Mitwirkungsrechte in Sachsen sind unzureichend, intransparent und nicht demokratisch legitimiert
Rede des Abgeordneten Volkmar Zschocke zum Antrag der LINKEN "CDU/SPD-Koalitionsversprechen erfüllen: Endlich politische Partizipation von Seniorinnen und Senioren im Freistaat Sachsen nachhaltig stärken!"
58. Sitzung des Sächsischen Landtags, 30. August, TOP 7, Drs. 6/10441
– Es gilt das gesprochene Wort –
Herr Präsident,
meine Damen und Herren,
heute findet eine Kundgebung des DGB vor dem Landtag statt.
Senioren und Seniorinnen wollen mehr Mitbestimmung. Sie kritisieren in ihrem Aufruf: "Seniorenpolitik auf Ebene des Freistaates Sachsen findet inzwischen nicht mehr statt!"
Auch wir sagen: Die Mitwirkungsrechte von Seniorinnen und Senioren in Sachsen sind unzureichend, intransparent und nicht demokratisch legitimiert!
Die LINKE erinnert mit ihrem Antrag CDU und SPD an ihr Versprechen im Koalitionsvertrag, ein Seniorenmitwirkungsgesetz zu prüfen. Was aus diesem Prüfauftrag geworden ist, bleibt weiterhin unklar. Wie bei zahlreichen weiteren Prüfaufträgen, von denen wir seit 2014 nichts mehr gehört haben.
Spannend ist die zweite Aussage der Koalition zur Seniorenmitwirkung. Im Koalitionsvertrag heißt es, es sei >>notwendig, dass in jedem Landkreis und jeder kreisfreien Stadt Gremien der Seniorenmitwirkung bestehen<<.
Dieses Bekenntnis wird im aktuell vorgelegten Gesetzentwurf der Staatsregierung zur Gemeindeordnung deutlich relativiert. Seniorenbeiräte werden in Paragraf 47, Absatz 1, Satz 2 zwar erwähnt. In der Begründung wird klargestellt, >>dass der Gesetzgeber diese Beiräte für besonders wichtig hält, ohne die Pflicht zu deren Bildung den Gemeinden vorzuschreiben.<<
Verbindliche Seniorenmitwirkungsrechte in den Kommunen wird es in Zukunft also nicht geben.
Wir GRÜNEN wollen nicht einfach nur mehr Gremien. Deshalb haben wir die Gesetzentwürfe der LINKEN zum Thema in den vergangenen drei Wahlperioden immer kritisiert.
Was wir wollen, das sind transparente und verbindliche Mitwirkungsrechte für Seniorenvertretungen auf kommunaler und Landesebene! Der Antrag über den wir heute reden, benennt die Schwachstellen der Seniorenmitwirkung im Freistaat.
Zu den Punkten im Einzelnen:
zu. 1.: Die Arbeit des derzeitigen Landesseniorenbeirats kann keine Wirkung entfalten. Das hat mehrere Gründe: unklare Entscheidungs- und Mitwirkungsrechte, nicht öffentliche Sitzungen… Wir schlagen vor, dass der Landesseniorenbeirat als beratendes Gremium ein verbrieftes Vorschlagsrecht und eine Anhörungspflicht eingeräumt bekommt. Insbesondere dann, wenn die Staatsregierung Vorschläge aus dem Gremium ablehnt, muss es zumindest eine Stellungnahme geben. Die Forderung der LINKEN nach der Einrichtung eines unabhängigen und weisungsfrei tätigen Landesrates für die Belange der Seniorinnen und Senioren unterstützen wir also.
zu 2. Die Finanzierung der Landesseniorenvertretung für Sachsen e.V. muss verlässlich sein, um ihre Mitarbeit im Landesseniorenbeirat gewährleisten zu können. Wir schlagen vor, die Landesseniorenvertretung Sachsen e.V. in Form einer Förderrichtlinie "Seniorenarbeit in Sachsen" zu finanzieren.
zu 3.: Skeptisch bleiben wir bei der Einführung eines Beauftragten oder einer Beauftragten für die Belange von Seniorinnen und Senioren. Aus unserer Sicht sind Seniorinnen und Senioren mündige Bürgerinnen und Bürger, die verschiedene Möglichkeiten haben, ihre Interessen zu vertreten. Wir verfolgen einen anderen Ansatz, indem wir sagen: Die Strukturen auf Landes- und Kommunalebene müssen Eigeninitiative ermöglichen und Vielfalt befördern. Vereine, Verbände und Vertretungen, die sich für die Interessen von Seniorinnen und Senioren engagieren, sind mehr zu unterstützen.
zu 4.: Ja, Seniorenvertretungen müssen demokratisch legitimiert sein. Wenn Vertreter gewählt werden, müssen die allgemeinen Wahlgrundsätze beachtet werden. Das heißt, die Wahlen müssen frei, gleich, geheim, allgemein und unmittelbar stattfinden. Das muss auf allen politischen Ebenen gelten – bei der Staatsregierung, den Kreistagen, in den Stadt- und Gemeinderäten.
zu 5. Auch wir setzen uns dafür ein, dass politische Gremien transparenter arbeiten. Die Rahmenbedingungen für eine gute Arbeit müssen gegeben sein. Dazu zählt die Fahrtkostenerstattung bei der Sitzungsteilnahme von gewählten Seniorenvertreter/innen ebenso wie barrierefreie Räumlichkeiten. Insofern Unterstützung auch in diesem Punkt.
Wir schlagen darüber hinaus vor, einen Sächsischen Seniorenbeteiligungsbericht zu erstellen, der dann alle vier Jahre fortgeschrieben wird. In Zusammenarbeit mit dem Landesseniorenbeirat soll daran anknüpfend ein Handlungskonzept zur Verbesserung der Seniorenmitwirkung in Sachsen erarbeitet werden.
Wir unterstützen den Antrag der LINKEN. Viele Forderungen haben wir ihn ähnlicher Weise bereits 2013 in einem Positionspapier vorgelegt.