Stärkung externe Industrieforschung: Koalition bewegt sich endlich − GRÜNER Änderungsantrag fordert Förderrichtlinie und Mittelübertragung auf 2018
Rede des Abgeordneten Dr. Gerd Lippold zum Antrag von CDU und SPD "Stärkung der externen Industrieforschung im Freistaat Sachsen" (Drs 6/10754)
61. Sitzung des Sächsischen Landtags, 28. September, TOP 3
– Es gilt das gesprochene Wort –
Sehr geehrter Herr Präsident,
werte Kolleginnen und Kollegen,
die gemeinnützigen externen Industrieforschungseinrichtungen verfügen zwar im Vergleich zu anderen außeruniversitären Forschungseinrichtungen über eine deutlich unterdurchschnittliche Finanzausstattung, tragen aber überdurchschnittlich zur Innovationsfähigkeit gerade im Bereich der kleinen und mittelständischen Unternehmen bei, deren Wettbewerbsfähigkeit für die Zukunft des Freistaats von ausschlaggebender Bedeutung ist.
Allein daraus folgt doch schon, dass an dieser Stelle eine erhebliche Hebelwirkung besteht. Wenn hier Bremsen gelöst werden, kann sich das sächsische Alleinstellungsmerkmal der gemeinnützigen Industrieforschungseinrichtungen zu einem wirksamen Wettbewerbsvorteil für die sächsische Wirtschaft werden.
Wir können es uns gar nicht leisten, vorhandene Wettbewerbsvorteile nicht so gut wie möglich zu nutzen, denn wir haben strukturelle Nachteile auszugleichen. Und da müssen wir schon eine Menge tun, um wenigstens nicht weiter zurückzufallen.
Insofern ist es gut und richtig, dass die Koalitionsfraktionen hier in ihrem Antrag fordern, den sächsischen Innovationsstandort zu stärken und Industrieforschungseinrichtungen bei Forschungs- , Entwicklungs- und Infrastruktur- bezogenen Investitionen zu unterstützen.
Doch das ist alles nicht neu. Bereits seit der Enquetekommission in der letzten Legislaturperiode ist all das völlig klar. Bereits 2013 hatte deshalb die GRÜNE-Landtagsfraktion eine Unterstützung der Industrieforschungseinrichtungen mit Landesmitteln gefordert und diese Forderung weiter konkretisiert. Seitdem sind über vier Jahre ins Land gegangen. Wir haben wieder und wieder in den Haushaltsdebatten diese Forderung vorgetragen, begründet und auch mit konkreten Summen untersetzt.
Deshalb keimte Hoffnung, als die Koalition im letzten Doppelhaushalt tatsächlich 7 Mio. Euro für die Unterstützung der Industrieforschungseinrichtungen einplante. Ich ging davon aus, dass dies das Ergebnis eines längeren Abwägungsprozesses gewesen sei. Zeit war schließlich mehr als genug, um sich die Entwicklung und die Finanzierungsstruktur der als sehr wichtig erkannten Industrieforschungseinrichtungen genau anzuschauen, Defizite innerhalb der Förderlandschaft zu identifizieren, den Unterstützungsbedarf zu quantifizieren und sich Gedanken über geeignete Förderrichtlinien zu machen.
Sicherlich, so dachte ich, stünden ja hinter der Bereitstellung von 7 Mio. Euro und der konkreten Aufteilung in Jahresscheiben bereits qualifizierte Vorüberlegungen in der Staatsregierung.
Umso entsetzter sehen Sie mich angesichts eines Antrages, der nach fünf Jahren der Diskussion das ganze Thema zurück auf Los zu setzen scheint. Zumindest aber wird klar, dass die Mittel im Haushalt eben nicht auf Grundlage einer Analyse der Entwicklung, der Tätigkeit, der Finanzierung und der tatsächlichen Bedarfe der Industrieforschungseinrichtungen eingestellt worden sind.
Und damit wird auch klar, warum diese Mittel bis heute mangels Förderkonzept und –Richtlinie von denen, die sie brauchen und für die sie gedacht waren, gar nicht abgerufen werden können. Man muss das leider als klassisches Beispiel für Symbolpolitik bezeichnen.
Sie haben da Geld in einen Topf mit einem Namen darauf gepackt. Mehr erst mal nicht. Und sie werden auf jeden Fall politisch davon profitieren. Zweimal sogar im Idealfall. Das erste Mal weil sie damit klingeln gehen können, Geld für die Innovation in der sächsischen Wirtschaft eingeplant zu haben. Und das zweite Mal, wenn der Finanzminister das nicht abgeflossene Geld als Erlös verbuchen kann, um es dann in einem seiner Fonds zu bunkern.
Worauf es allerdings wirklich ankommt, ist die Verbesserung der Finanzausstattung und damit der Leitungsfähigkeit der sächsischen Industrieforschungseinrichtungen!
Ganz am Ende der Begründung zu Ihrem Antrag – leider nicht im Antragstext selbst – äußern Sie sich immerhin dahingehend, dass Sorge getragen werden solle, dass die Mittel 2017/2018 abfließen können. Dann sollte es für Sie eine Selbstverständlichkeit sein, unserem Änderungsantrag zuzustimmen, den ich hier an dieser Stelle gleich mit einbringe.
Dort schlagen wir nämlich vor, dass man zunächst mal die nicht abgerufenen Mittel aus 2017 dadurch für das zu schaffende Programm rettet, dass man sie nach 2018 überträgt. Das ist eine unverzichtbare Ergänzung Ihres Antrages, meine Damen und Herren, damit er Sinn macht! Wir setzen gleichzeitig eine Ziellinie Ende Januar 2018 für die zu erarbeitende Förderrichtlinie.
Wir müssen hier gemeinsam eine solche Vorgabe setzen, meine Damen und Herren. Ansonsten macht die Aussage, es ginge um das Abfließen der 2017/2018 bereitgestellten Mittel, schlicht keinen Sinn.
Ergänzt durch die Punkte aus unserem Änderungsantrag würde der Antrag von CDU und SPD auch für uns zustimmungsfähig, weil wenigstens erst mal die 2017er Haushaltsmittel für ein zeitnah zu startendes Programm gesichert würden.
Ohne diese Ergänzung ist Ihr Antrag zwar nicht falsch, aber für uns nicht zustimmungsfähig, weil es nach fünf Jahren der Bekenntnisse zur Bedeutung der externen Industrieforschungseinrichtungen einfach kein ausreichendes Signal sein kann, sich wieder mal über deren Bedeutung und Förderkulisse berichten zu lassen.
Sie sind doch eigentlich schon einen Schritt weiter: Sie haben doch schon konkret Geld im aktuellen Haushalt. Dann lassen Sie uns doch wenigstens gemeinsam fordern, dass diese bereits im Haushalt eingestellten Mittel auch in vollem Umfang für die Industrieforschungseinrichtungen nutzbar werden! Stimmen Sie in diesem Sinne bitte unserem Änderungsantrag zu und geben Sie damit den Industrieforschungseinrichtungen wenigstens das Signal, dass wir hier tatsächlich ein Stück weiter sind als vor fünf Jahren.
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