Untersuchungsausschuss – Lippmann: Reines Ablenkungs- und Vertuschungsmanöver der AfD

Redebeitrag des Abgeordneten Valentin Lippmann (BÜNDNISGRÜNE) zum Zwischenbericht des 1. Untersuchungsausschusses der 7. Wahlperiode zum Thema „Untersuchung in Betracht kommender Einflussnahmen oder pflichtwidriger Unterlassungen von Mitgliedern der Staatsregierung, insbesondere Ministerpräsident Michael Kretschmer, Innenstaatssekretär Prof. Dr. Günther Schneider, Innenminister Prof. Dr. Roland Wöller sowie ihrer Fach-, Rechts- oder Dienstaufsicht unterliegender Behörden und von namentlich bisher nicht bekannten Bundes- und Landespolitikern und deren Mitarbeitern im Zusammenhang mit der Kürzung der Landesliste der Alternative für Deutschland zur Landtagswahl am 1. September 2019 durch den Landeswahlausschuss, die z. T. vom Verfassungsgerichtshof des Freistaates Sachsen bereits als ,qualifiziert rechtswidrig‘ erkannt wurde (Verstrickungen der Staatsregierung in die ,qualifiziert rechtswidrige‘ Kürzung der AfD Landesliste)“ (Drs 7/8354)
42. Sitzung des 7. Sächsischen Landtags, Mittwoch, 22.12.2021, TOP 4

– Es gilt das gesprochene Wort

 

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

die AfD hat diese Legislatur mit der Erzählung einer Verschwörung begonnen: Der Landeswahlausschuss und die Landeswahlleiterin hätten – unter Einfluss der Staatsregierung und eines Emisärs aus Berlin – eine Entscheidung gegen die AfD getroffen, die nicht von sachlichen und rechtlichen Erwägungen getragen sei. Zur Aufklärung eben jener unglaublichen Verschwörung wurde zu einem der schärfsten Schwerter des Parlaments gegriffen und vor über zwei Jahren ein Untersuchungsausschuss eingesetzt.

Der Ihnen heute von der Ausschussmehrheit vorgelegte Zwischenbericht ist ein klares Statement gegen diese Verschwörungsideologie. Er macht deutlich, dass an den Erzählungen der AfD, sie sei das Opfer einer großen Verschwörung gegen sie, nichts, aber auch gar nichts dran ist.

Vielmehr kann man mit Blick auf den Zwischenbericht folgendes konstatieren:

1. Ein Emmisär hat sich dem Untersuchungssauschuss bisher genauso wenig vorgestellt, wie sich Erkenntnisse über eine angebliche massive Einflussnahme auf den Landeswahlausschuss eingestellt haben.

Vielmehr schält sich immer mehr heraus: Der Untersuchungsausschuss ist ein reines Ablenkungs- und Vertuschungsmanöver der AfD. Die AfD war es, die es nicht vermocht hat, eine Landesliste so aufzustellen, dass sie den Anforderungen des Grundgesetzes an freie, gleiche und geheime Wahlen entspricht. Das hat sie rechtlich auch schon klammheimlich eingestanden, indem sie nicht gegen die Entscheidung des Wahlprüfungsausschusses des Sächsischen Landtages zum Verfassungsgerichtshof gegangen ist. Zu schlecht waren die Erfolgsaussichten. Das Thema Neuwahlen oder Wahlfehler ist ein für alle Mal vom Tisch.

Aber anstatt das anzuerkennen, wird immer noch bemüht versucht, Schuldige für das eigene Versagen zu finden und mit dem Finger auf andere zu zeigen. Gestehen Sie es sich doch endlich ein und beenden Sie diese Farce! Es wird keine Exkulpierung geben, da es keine Verschwörung gab, sondern nur die Unfähigkeit der AfD, sich an Recht und Gesetz zu halten.

Wir haben – fast ausschließlich auf Antrag der AfD – mittlerweile sämtliche Mitglieder des Landeswahlausschusses vernommen. Keines der Mitglieder des Landeswahlausschusses, auch nicht der Vertreter der AfD, hat uns nur einen klitzekleinen Anhaltspunkt für eine staatliche Einflussnahme geliefert. Alle Mitglieder haben ihre Entscheidung frei nach der von der Landeswahlleiterin vorgestellten Darstellung des Sachverhalts getroffen.

Aber mittlerweile müssen Sie wahrscheinlich auch die Schraube der Verschwörung deshalb immer fester drehen, um von ihren eigenen Einflussnahmen auf die Entscheidung des Landeswahlausschusses abzulenken. Herr Urban hat versucht, den Ausschuss in möglicherweise nötigender Art und Weise zu Rechtsbruch zu drängen. Herr Teichmann hat den zuständigen Referatsleiter unter Druck gesetzt und Herr Keiler munter mit „seinem“ Beisitzer im Wahlausschuss im Vorfeld über den Sachstand der Zulassung der Landesliste beraten.

Es ist recht klar: Wenn es eine Einflussnahme gab, dann durch die AfD selbst und nicht durch Dritte! An der Stelle erinnere ich Sie an Ihr Parteimotto „Mut zu Wahrheit“!

2. Eine Verschwörung, die man durch die schlechteste Laienschauspieltruppe, die man finden konnte, aufklären will, kann nicht groß sein. Seit zwei Jahren quält sich dieser Untersuchungsausschuss durch eine Mischung aus Unfähigkeit und Grotesken der Ankläger!

So gehört zu den regelmäßigen Highlights die Frage der AfD nach dem konkreten Standort von Ordnern im Sitzungsraum des Landeswahlausschusses. Ich warte ja noch auf den Beweisantrag, einen Vor-Ort-Termin zur Inaugenscheinnahme anzuberaumen.

Ich empfehle jedem Wähler der AfD, sich einmal eine Sitzung des Untersuchungsausschusses anzuschauen und sich zu überzeugen, wie ihre hochbezahlten Volksvertreter der AfD unter Umgehung jedweder Gesetze der Logik, der Grammatik und des gesunden Menschenverstandes, schmerzbefreit vor sich hin dilettierend, versuchen, etwas aufzuklären, was nicht stattgefunden hat. Einst schickte man zur Aufklärung großer Verschwörungen die besten Leute – die AfD indes kam mit dem letzten Aufgebot. Das sagt einiges, wie ernst Sie ihre eigenen Behauptungen nehmen.

Schaut man in den abweichenden Zwischenbericht der AfD, entfaltet sich dann diesbezüglich das reinste Gold grotesker Realsatire. Da heißt es, die Mitglieder des Landeswahlausschusses hätten auf – Zitat – „betreutes Denken gesetzt und sich in die Hände der im ständigen Kontakt mit dem CDU-geführten Staatsministerium des Innern stehenden Landeswahlleitung begeben.“ Das stammt aus der Feder jenes Abgeordneten Norbert Mayer, dem man in jeder Sitzung beim betreuten Denken zuschauen kann und dem jede Frage eingeflüstert werden muss. Vielleicht sollten Sie mal darüber nachdenken, welche Maßstäbe Sie an andere und an sich selbst anlegen.

4. Zusammenfassend muss man konstatieren: Die AfD befindet sich mittlerweile in einer ausweglosen Situation.

Es ist vollkommen klar: Sie können gar nicht mehr anders, als sich immer mehr in ihre selbst herbeikonstruierte Verschwörung zu vertiefen. Entweder, weil Sie im Wahn, wie Herr Kollege Mayer, wirklich daran glauben, dass die Frage, wo ein Aktenordner lag, zur Listenkürzung der AfD geführt hat – oder weil sie gegenüber ihrer Wählerschaft den heroischen Kampf bis in den Untergang vortäuschen müssen. Sie werden aber keinen Erfolg dabei haben, weil es weder eine Verschwörung noch unberechtigte Einflussnahmen gab, sondern nur die Unfähigkeit der AfD selbst.

Dass die AfD selbst von totgerittenen Pferden nicht absteigt, haben alle mittlerweile in diesem Hohen Hause mitbekommen. Dass einem ebendieses aber weiterhin als fulminantes Schlachtross verkauft werden soll, zeigt eindrucksvoll, dass die AfD nur ein Haufen von schlechten parlamentarischen Trickbetrügern ist.

Vielleicht sollten Sie es zukünftig lieber mit dem Verkauf von Heizdecken oder Kaffeefahrten versuchen, das ist immer noch seriöser als Ihre Performace im Untersuchungsausschuss.