Valentin Lippmann: Sicherheit im Fußball – Antrag nicht schlagkräftig genug und unvollständig
Redebeitrag des Abgeordneten Valentin Lippmann zum Antrag der Fraktionen CDU und SPD:
"Sicherheit im Fußball – Stärkung der sächsischen Fanprojekte" (Drs. 6/3474)
28. Sitzung des Sächsischen Landtags, 4. Februar 2016, TOP 3
– Es gilt das gesprochene Wort –
Sehr geehrter Herr Präsident,
meine Damen und Herren,
mich freut, dass wir nach der interessanten Anhörung, die wir zu diesem Thema im Juni des vergangenen Jahres hatten, nun auch eine Debatte hier im Plenum zur Sicherheit im Fußball haben.
Ich bin auch froh darüber, dass die hinter dem letzten Antrag hervorlugende Idee, auch in Sachsen nach dem "Bremer Modell" zu verfahren oder eine weitere Privatisierung der Kosten für die Sicherheit bei Fußballspielen zu forcieren, durch die Koalition offensichtlich ad acta gelegt worden ist. Alles andere wäre ein Weg in eine fatale Richtung gewesen. Die Sicherheit außerhalb der Stadien ist eine öffentliche Aufgabe, für die auch der Staat aufzukommen hat und niemand anderes. Das "Bremer Modell" hat ein Scheunentor zur Inanspruchnahme von Veranstaltern für mittelbare Sicherheitsfolgen aufgestoßen. Von daher ist es gut, dass Sachsen sich auf diesen Irrsinn nicht einlässt.
Im Antrag gibt es eine Reihe von Aspekten, die mir zu kurz kommen, weswegen wir uns bei der Abstimmung auch enthalten werden.
1. In diesem Antrag fehlt das Problemfeld Hooligans vollständig. Es geht nicht nur um Sicherheit um das Stadion, sondern auch um ein größeres zeitliches und räumliches Umfeld vor und nach dem Spiel. Die Zahl der gewaltorientierten Rechtsextremisten ist im vergangenen Jahr um mehr als 1.000 auf über 11.500 gestiegen. Das ist nicht zuletzt auf eine zunehmende Kooperation zwischen Neonazis und Hooligans zurückzuführen. Die rechte Hooliganszene, die seit und gemeinsam mit Pegida so stark und gewalttätig wie selten in den vergangenen Jahren auftritt, muss endlich auch als das bezeichnet werden, was sie schon lange ist: rechtsmotiviert und gewaltsuchend. Ich fordere den Innenminister hier insbesondere auf, die Gewalttaten, die von diesen Hooligans begangen wurden, als politisch motivierte zu erfassen.
Die Angriffe von Hooligans am Rande der PEGIDA-Demonstration am 19. Oktober 2015 in Dresden haben Sie weder als politisch rechts motiviert erfasst, noch überhaupt der Hooligansszene zugeschrieben. Damit verschließen Sie grob fahrlässig die Augen vor einer erheblichen Gefahr, die von dieser Gruppe ausgeht.
2. Gleichzeitig – und das ist kein Widerspruch – fordern wir die gründliche Überprüfung aller Datenbanken mit Fußballbezug, insbesondere die Datei "Gewalttäter Sport". Die Daten all jener friedlichen Fußballfans, die dort rechtswidrig gespeichert werden, müssen gelöscht und die Stigmatisierung von Fußballfans beendet werden. Den Betroffenen ist Auskunft zu geben. Zudem dürfen die Eintragungen in der Datei künftig nur noch bei einem konkreten Anfangsverdacht erfolgen.
3. Wir GRÜNEN begrüßen jegliches verstärkte Bemühen der Staatsregierung, bei den Fußballspielen mehr Kommunikationskräfte einzusetzen und auch in der Ausbildung verstärkt Deeskalations- und Kommunikationsstrategien zu integrieren. Dies kommt letztlich nicht nur Fußballfans, sondern auch Demonstrationsteilnehmern zugute. In diesem Rahmen sollte auch konkret geprüft werden, inwieweit die Erkenntnisse aus dem Pilotprojekt in Nordrhein-Westfalen, bei dem mit einer geringeren Polizeipräsenz bei einigen Fußballspielen agiert wird, in Sachsen noch stärker umgesetzt werden können. Ein solches Konzept hätte positive Wirkungen in zwei Richtungen: man benötigt weniger Polizei und hätte gleichzeitig entspanntere Fußballfans.
4. Den Prüfauftrag hinsichtlich der Fußballfanprojekte für die Haushaltsverhandlungen begrüßen wir ebenfalls ausdrücklich. Die Fanprojekte leisten in Sachsen nicht nur wertvolle Präventionsarbeit gegen Rechtsextremismus im Sport, sondern auch sozialpädagogische Betreuung. Diese Arbeit muss dringend in größerem Umfang finanziell unterstützt werden.
Sächsische Kommunen und der Freistaat versagen, wenn es den Fanprojekten durch nicht ausreichende Kofinanzierung nicht ermöglicht wird, die 150.000 Euro abzurufen, die der DFB jedem Fanprojekt zur Verfügung stellt. Hier hätte ich mir nicht nur einen Prüfauftrag, sondern eine konkrete Forderung von Ihnen gewünscht. In der Anhörung hat der Vertreter des Dresdner Fanprojekts deutlich gemacht, dass durch eine Erhöhung der Fördersumme des Freistaates auf 450.000 Euro jährlich die Förderung der Fanprojekte durch den DFB von 287.000 Euro auf 900.000 Euro jährlich erhöht werden könnte. Der Freistaat verschenkt sich hier wertvolle Potentiale und Unterstützung.
Wie gesagt: der Antrag geht in die richtige Richtung. Er ist leider aber nicht schlagkräftig genug und ist unvollständig und bekommt von den GRÜNEN deshalb nur eine Enthaltung.