Valentin Lippmann zum Nachbarrechtsgesetz und Richtergesetz

Redebeitrag des Abgeordneten Valentin Lippmann (BÜNDNISGRÜNE) zum Gesetzentwurf der Staatsregierung: „Gesetz zur Änderung des Sächsischen Nachbarrechtsgesetzes und weiterer Vorschriften mit Bezug zur Justiz“ (Drs 7/11670)
71. Sitzung des 7. Sächsischen Landtags, Mittwoch, 31.05.2023, TOP 7

– Es gilt das gesprochene Wort –

 

Sehr geehrter Herr Präsident,
verehrte Kolleginnen und Kollegen,

mit dem vorliegen Gesetzesentwurf treffen wir wichtige Änderungen im Bereich des Nachbarrechtes und des Richterrechts. Dabei bildet das Richterrecht sicherlich den politisch auch interessanten Kern des Gesetzentwurfes, wie auch die Änderungsbegehren zeigen.

Jedoch zuvorderst ein paar Worte zum Nachbarrechtsgesetz:

Zukünftig haben Nachbarn den Überbau zu dulden, welcher entsteht, wenn an die Außenwand eines an der Grenze stehenden Gebäudes eine Wärmedämmung angebracht wird.

Um den grundrechtlich geschützten Interessen ausreichend Rechnung zu tragen, sieht das Gesetz deutliche Einschränkungen der Duldungspflicht vor: So darf unter anderem der Überbau die Nutzung des Nachbargrundstücks nur geringfügig beeinträchtigen. Das Gesetz sieht hier eine Überbauung bis zu 0,25 Meter vor.

Für bestimmte Fälle ist die Duldungspflicht ausgeschlossen, etwa wenn die Grenz- oder grenznahe Bebauung baurechtlich schon nicht zu dulden war. Außerdem sieht das Gesetz einen verschuldensunabhängigen Schadensersatzanspruch vor.

Die neuen Regelungen zum Überbau durch Wärmedämmung wurden von den Verbänden, wie dem Bund Deutscher Schiedsmänner und Schiedsfrauen e.V., ausdrücklich begrüßt und als wichtiger Beitrag zur Senkung des Energieverbrauchs und damit zum Klimaschutz gesehen. Auch die Handwerkskammer hält aus umwelt- und wirtschaftlichen Gründen diese Verbesserungen im Rahmen der Wärmedämmung für zwingend erforderlich. Dem können wir BÜNDNISGRÜNE nur zustimmen.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
kommen wir zum politisch umstritteneren Teil, dem Richtergesetz:

Anlass der Überarbeitung des Sächsischen Richtergesetzes ist die erforderliche Anpassung der Regelung zum dienstlichen Beurteilungswesen an die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts. Es geht um den Parlamentsvorbehalt im dienstlichen Beurteilungswesen – eine hochkomplexe und sehr spezifische Materie. Das Bundesverwaltungsgericht hat das Beurteilungswesen zu Recht als wesentlich eingestuft und vorgesehen, dass nur der Gesetzgeber die Exekutive ermächtigen darf durch Rechtsverordnung weitere Vorgaben zu regeln.

Die Anhörung hat ergeben, dass mit dem Gesetzesentwurf die nötigen, durch das Bundesverwaltungsgericht vorgegeben Änderungen auch verfassungsrechtlich korrekt umgesetzt wurden.

Dennoch war es zumindest aus fachpolitischer Sicht sinnvoll, an der ein oder anderen Stelle nachzuschärfen, um die Regelung ausreichend bestimmt und rechtssicher zu gestalten. Damit tragen wir auch der besonderen Bedeutung des Beurteilungswesens von Richter*innen und deren richterlicher Unabhängigkeit Rechnung.

Unser Kernanliegen war dabei die Verankerung eines Anhörungsrechts für den Landesrichterrat und den Staatsanwaltsrat, welches diese sich auch eingefordert hatten.

Denn das im Gesetz vorgesehene Mitbestimmungsrecht wurde nun durch das vom Bundesverwaltungsgericht geforderte verordnungsrechtliche Verfahren quasi „überlagert“. Es war aber sicher nicht Ansinnen des Bundesverwaltungsgerichtes, bei der Forderung nach einer Rechtsgrundlage den Landesrichterrat auszuschließen. Deshalb haben wir uns dazu entschlossen, ein Anhörungsrecht als Kompensation im Gesetz aufzunehmen. Weitere Änderungen wurden in den Konkretisierungen in den Vorgaben zur Beurteilung vorgenommen sowie die Überschriften klarer formuliert.

Dies scheint ja auch ein wichtiges Anliegen der Linksfraktion in ihrem Änderungsantrag zu sein. Einige Punkte, wie die Anlassbeurteilung, haben wir etwas schlanker auch bei uns aufgegriffen. Wo ich aber nicht mit Ihnen übereinstimme, ist zum einen die überschießende Tendenz, den Landtag stets bei der Erarbeitung der Rechtsverordnung neben dem Landesrichterrat einzubinden. Das geht weit über das hinaus, was wir mit den Sachverständigen diskutiert haben – denn diese wollten den Landtag als Konfliktlöser und nicht als dauernden Alleinentscheider.

Gern weise ich zudem auch noch mal auf die oberverwaltungsgerichtliche Rechtsprechung hin, die 2021 eine Altersgrenze von 50 Jahren, welche damals in der Verwaltungsvorschrift verankert war, für nicht mit höherrangigem Recht vereinbar erklärt. Sie haben Sie im Änderungsantrag weiter drinstehen. Dem können wir nicht folgen, da dies rechtwidrig wäre.

Meine Damen und Herren,
die weitere Diskussion, die wir im Rechtsausschuss geführt haben, waren indes Nebelkerzen. Das hat die Opposition nicht daran gehindert, diese Debatte nun nochmal zu führen. Ich muss Sie daher Fragen, welche kleingeistige Vorstellung von Gesetzgebung und welch geringes Zutrauen in Abgeordnete Sie haben, wenn Sie glauben, dass Land wäre in Gefahr, weil das Parlament bei zwei Gesetzen in einem Mantelgesetz schon überfordert sei. Wenn dies so ist, dann muss der Opposition ja regelmäßig beim Haushaltsbegleitgesetz der legistische Schock ersten Grades ereilen. Ein bisschen mehr Selbstbewusstsein und weniger Geraune täte hier der Debatte wirklich gut.

Vielen Dank!