Wirtschaft/Doppelhaushalt − Lippold: Geld ist in den Programmen zumeist ausreichend vorhanden, entscheidend ist, wofür es dann ausgegeben wird
Redebausteine des Abgeordneten Gerd Lippold (GRÜNE) in der Debatte
um den Haushalt des Staatsministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr (Drs 6/5550, 6/6237, 6/6871 und 6/7150)
46. Sitzung des Sächsischen Landtags, 15. Dezember 2016, TOP 1.9
– Es gilt das gesprochene Wort –
Herr Präsident,
meine Damen und Herren,
die sächsische Wirtschaft, die bei aller – durchaus verständlichen – medialen Fokussierung auf große Ansiedlung und deren Schicksal nach wie vor hauptsächlich von kleinen und kleinsten Betrieben geprägt ist, hat unbestritten eine positive Entwicklung durchlaufen.
Es kommt noch immer darauf an, strukturelle Nachteile abzubauen. Vor allem aber muss Wirtschaftspolitik darauf setzen, identifizierte Stärken zu stärken. Aus ihnen Alleinstellungsmerkmale zu entwickeln.
Damit die Leistungskraft entsteht, auch Schwächen zu kompensieren. Strategisch wichtige und in Europa ziemlich einzigartige Kompetenzen wie beispielsweise in der Halbleiter-Mikroelektronik müssen erhalten und zum Ausgangspunkt möglichst vollständiger Wertschöpfungsketten gemacht werden.
Aus Synergien mit hoch innovativen Mittelständlern, vor allem aber mit kreativen Start-Ups (und gerade das ist ein Thema, wo in Sachsen noch sehr viel passieren muss!) können enorme Potenziale entstehen. Das scheint nun auch in der Wirtschaftspolitik und im Haushalt angekommen.
Es wird aber auf geeignete Instrumente und Kooperationsplattformen ankommen. Hier ist Dranbleiben angesagt, denn der Wettbewerb ist unglaublich schnell.
Trotz positiver einzelner Instrumente im Haushalt erscheint uns vor diesem Hintergrund die Wirtschaftspolitik doch insgesamt eher uninspiriert. Allerdings ist die Haushaltsdebatte wohl auch nicht der geeignete Ort, das gründlich zu diskutieren. Geld ist in den Programmen ja zumeist ausreichend vorhanden. Entscheidend ist, wofür es dann ausgegeben wird.
Über den Erfolg der Wirtschaftsförderung entscheidet weniger das Volumen, als vielmehr die Ausgestaltung der Richtlinien und der Fördervollzug. Beim selbstgesteckten Ziel des Bürokratieabbaus beispielsweise ist mit Haushaltstiteln kaum vorwärts zu kommen.
Positiv zu erwähnen ist, dass im neuen Haushalt endlich industrienahe Forschungseinrichtungen besser gefördert werden sollen. Wir GRÜNEN haben das bereits in den letzten Haushaltsverhandlungen gefordert. Unser damals als unnötig abgelehnter Antrag findet sich nun im Koalitionsentwurf in wenig veränderter Form wieder, was uns im Interesse dieser Einrichtungen natürlich freut.
Sachsen bemüht sich auch, beim Thema Breitband aufzuholen. Wenn man ganz hinten liegt, kann es eigentlich auch nur besser werden. Dafür ist zumindest deutlich mehr Geld als bisher da. Ob der Fördervollzug auch zu viel besseren Ergebnissen führt, darauf kommt es an! Das wird man sich genau anschauen müssen.
Um noch ein paar weitere Defizite zu benennen:
- Ausbau der angewandten Forschung – Wo ist bspw. die Validierungsförderung, die die CDU selbst in ihrem aktuellen wirtschaftspolitischen Grundsatzpapier fordert? Unser Antrag dazu wurde im Ausschuss abgelehnt.
- Wann kommt die versprochene Innovationsplattform?
- Auch um die „Sächsische Allianz zur Verwertung geistigen Eigentums“ ist es still geworden.
Noch ein paar Worte zum regionalen Strukturwandel:
Das Gelingen regionaler Strukturwandelprozesse entscheidet sich auch und vor allem in der Wirtschaft. Dass solche längst laufenden Strukturwandelprozesse vor allem in den Kohlerevieren eine deutliche Beschleunigung erfahren müssen, hat man nun auch im Wirtschaftsministerium zur Kenntnis genommen.
So gibt es jetzt immerhin Titel – auch wenn noch leer – für die Vereinnahmung und Handhabung von erwarteten Fördergeldern des Bundes genau dafür. Das ist schon ein kleiner Paradigmenwechsel, meine Damen und Herren.
Nun ist das Einrichten einer Kontonummer zwar ein sinnvoller erster Schritt, wenn man etwas tun will. Unwirksam allerdings ohne Entschlossenheit, auch mit eigenen Mitteln und mit einem Konzept loszulegen. Dieser Strukturwandel läuft nämlich wettbewerblich – zwischen den Regionen.
Die Nachbarn werden nicht warten, bis Sachsen in Schwung kommt. Das Vorhandensein von Ideen und Konzepten dazu, die Entwicklung von Instrumenten bilden sich in diesem Doppelhaushalt nicht wirklich ab. Wir haben seit Jahren auf deren Entwicklung gedrängt und sind auch selbst ein paar Jahre früher losgelaufen.
Ein wichtiger Risikofaktor in diesen Entwicklungen sind die langfristigen Folgekosten der ehemaligen und heutigen Braunkohlenwirtschaft. Klar ist nur, dass sie da sind – da haben wir aus dem ehemaligen Bergbau ganz gute Abschätzungen – und dass weitere kommen. Nicht wirklich klar ist, wer sie bezahlen wird – insbesondere die langfristigen jenseits von Abschlussbetriebsplänen. Hier ist Vorsorge angebracht! Spare in der Zeit, dann hast Du in der Not. Wir sind der Meinung, dass wir damit heute beginnen müssen, zu Zeiten mit einer recht komfortablen Einnahmesituation.
Mehr dazu per Änderungsantrag.
Ich danke Ihnen für ihre Aufmerksamkeit.