Datum: 16. September 2010

PM 2010-275: Anhörung zum Untersuchungshaft-Gesetz – GRÜNE fordern Nachbesserungen

Elke Herrmann, Sprecherin der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Sächsischen Landtag für den Justizvollzug, erklärt zur heutigen Anhörung zum Gesetzentwurf der Staatsregierung über den Vollzug der Untersuchungshaft:
"Die GRÜNE-Fraktion begrüßt, dass die Koalition nun endlich die Untersuchungshaft gesetzlich regeln will. Im Verhältnis zum Gesetzentwurf der CDU-SPD-Koalition im Frühjahr 2009 gibt es einige Verbesserungen. Man merkt dem Gesetzentwurf an, dass Justizminister Dr. Jürgen Martens früher als Strafverteidiger tätig war. So dürfen z. B. Unterlagen von Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten wie schon zuvor bei Strafverteidigern nicht überprüft werden."
"Problematisch ist, dass das in der Untersuchungshaft geltende Prinzip der Unschuldsvermutung, nämlich dass jeder Untersuchungsgefangene als unschuldig zu gelten hat, nicht vom Gesetzentwurf durchgehalten wird."
"Im Gesetzentwurf sind weitestgehend die Regelungen vorgesehen, die auch für verurteilte Strafgefangene gelten. Er stellt Ordnung und Sicherheit der Anstalt in den Vordergrund."
"Von einem liberalen Justizminister darf man erwarten, dass er stattdessen stärker vom Recht des Untersuchungsgefangenen aus denkt. So sollten etwa Mindestaufschlusszeiten festgelegt werden." Untersuchungsgefangene befinden sich heute meist 23 Stunden am Tag im Haftraum.
"Nicht akzeptabel ist, dass bedürftigen Untersuchungsgefangenen kein Taschengeld gewährt wird. Mit diesen geringen Mitteln kann Kleinkriminalität vermindert und die Sicherheit im Gefängnis erhöht werden."
"Ebenso abzulehnen ist, dass das Gesetz nicht ausschließt, dass Gespräche der Gefangenen mit Seelsorgern belauscht werden dürfen."
"Die vorgesehene Videoüberwachung außerhalb der Hafträume ist eine Beruhigungspille, denn Übergriffe werden meist in den Hafträumen verübt. Das Personal wird bei den Untersuchungsgefangenen gebraucht und nicht bei der Überwachung der Videomitschnitte oder deren Auswertung."