Datum: 03. Februar 2011

PM 2011-027: Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge müssen als Kinder bzw. Jugendliche behandelt werden

Zur heutigen Anhörung im Verfassungs- und Rechtsausschuss zum Umgang mit unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen in Sachsen erklärt Elke Herrmann, migrationspolitische Sprecherin der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Sächsischen Landtag:
"Die Anhörung hat gezeigt, dass Behörden den Vorrang der Kinder- und Jugendhilfe vor dem Ordnungsrecht nicht immer anerkennen. Das betrifft insbesondere Jugendliche im Alter zwischen 16 und 18 Jahren. Dieses Vorgehen  ist jedoch seit der Rücknahme des Vorbehaltes gegen die UN-Kinderrechtskonvention durch die Bundesregierung im Mai 2010 nicht mehr zu rechtfertigen."
"Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge müssen ohne Unterscheidung nach Status, Herkunft oder anderem Hintergrund als Kinder bzw. Jugendliche behandelt werden. Sie müssen den ihnen zustehenden Schutz, Informationen über ihre Rechte sowie uneingeschränkten Zugang zu den bestehenden Rechtsmitteln erhalten."
"Das bedeutet auch, dass ausländische Kinder nicht an der Grenze zurückgewiesen und erst recht nicht in Abschiebehaft genommen werden dürfen und dass es keine Unterbringung alleinreisender Minderjähriger in großen Aufnahmeeinrichtungen geben darf. Die Bestellung eines Vormundes zur Interessenwahrnehmung des Kindes und zur Abklärung weiterer Entscheidungen im Sinne des Kindeswohles ist dagegen unverzichtbar."
"Zur Vereinheitlichung des behördlichen Vorgehens mit neuankommenden unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen halte ich die Einrichtung einer sächsischen Clearingstelle für notwendig. Andere Bundesländer haben derartige Stellen bereits geschaffen. Sachsen sollte dies ebenso tun."
Jährlich gelangen etwa 100 unbegleitete minderjährige Flüchtlingen nach Sachsen, davon allein ca. 70 nach Chemnitz.