Datum: 21. Mai 2012

PM 2012-159: Öffentliche Anhörung zum Bildungs- und Teilhabepaket

Die heutige Öffentliche Anhörung im Sozialausschuss zum Antrag der GRÜNEN-Fraktion "Bildungs- und Teilhabepakt sinnvoll umsetzen – verlässliche Rahmenbedingungen für Kommunen und Betroffene schaffen" zeigte, dass viel zu wenige der anspruchsberechtigten Kinder in Sachsen in den Genuss der möglichen Leistungen kommen.

"Weil die Bundesregierung das Geld für das Bildungs- und Teilhabepaket nicht direkt als Regelleistung an die Eltern vergibt, nimmt sie in Kauf, dass 30 Prozent der eingesetzten Mittel in der Bürokratie versanden und selbst das restliche Geld nur zum Teil bei den Kindern ankommt", erklärt Elke Herrmann. "Aufwand und Nutzen stehen in keinem Verhältnis."

"Ziel des grünen Antrags ist es, das Bildungs- und Teilhabepaket sowohl für Kommunen als auch Betroffene besser handhabbar zu machen", so Elke Herrmann. "Langfristiges Ziel bleibt jedoch eine Erhöhung des Hartz-IV-Regelsatzes".

Die Sachverständigen bestätigten während der Anhörung unisono die Schwierigkeiten bei der Umsetzung des Bildungs- und Teilhabepakets. Deutlich wurde auch, dass die Staatsregierung schneller hätte handeln müssen. Vor allem wäre ein abgestimmtes Vorgehen der Ressorts Soziales und Kultus mit den verantwortlichen Kommunen wünschenswert gewesen.

Die Bilanz ist entsprechend ernüchternd. Der Sachverständige der GRÜNEN-Fraktion, Dr. Thomas Voigt, 2. Beigeordneter im Landkreis Leipzig erklärte, dass ihm in seiner mehr als 20-jährigen kommunalen Praxis kein bürokratischeres Monstrum als das Bildungs- und Teilhabepaket untergekommen sei. Immerhin hätten 2011 45 Prozent der Anspruchsberechtigten Leistungen beantragt. Trotzdem hatte der Landkreis Ende des Jahres von 4,1 Millionen Euro, die für das Bildungs- und Teilhabepaket zugewiesen worden waren, noch 3,1 Millionen übrig.

Die Sachverständigen teilten mehrheitlich die Intention des Antrags, die Kommunen durch eine abgestimmte Arbeitshilfe zu unterstützen. Auch ein kontinuierliches Monitoring wurde angesichts der Anlaufschwierigkeiten und des großen bürokratischen Aufwands als sinnvoll erachtet.

"Der eigentliche Ausgangpunkt für das Bildungs- und Teilhabepakte war aber das Regelsatzurteil des Bundesverfassungsgerichts vom 9.2.2010", führt Elke Herrmann aus. "Dort wurde klargestellt, dass Leistungen für Bildung und Teilhabe von Kindern und Jugendlichen genauso zum menschenwürdigen Existenzminimum gehören wie Essen, Bekleidung und Wohnung. Das Sozialgericht Berlin hat in einem aktuellen Urteil vom 25.4.2012 das Thema erneut und entlang der bisherigen Argumentation des Bundesverfassungsgerichts aufgegriffen. Das Berliner Urteil zwingt das Bundesverfassungsgericht durch einen sogenannten Vorlagebeschluss erneut zur Befassung mit dem Regelsatz für Kinder und Jugendliche.
» Antrag der GRÜNEN-Fraktion (Drs. 5/6322): "Bildungs- und Teilhabepakte sinnvoll umsetzen – verlässliche Rahmenbedingungen für Kommunen und Betroffene schaffen"

Hintergrund:
Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) hat im Februar 2012 in seiner Studie "Das Bildungs- und Teilhabepaket – viel Verpackung, wenig Inhalt" vorgerechnet, dass 2011 von den im Gesamttopf des Bildungs- und Teilhabepaktes veranschlagten 778 Millionen Euro nur 280 Millionen in Form bewilligter Leistungen ausgegeben wurden. Etwa 163 Millionen Euro wurde für Verwaltungskosten angesetzt. Das bedeutet, etwa 500 Millionen Euro wurden überhaupt nicht in Anspruch genommen.