Datum: 30. September 2013

PM 2013-249: Die meisten Menschen mit Behinderung leben in Sachsen im Heim – GRÜNE wollen mehr Alternativen

In der heutigen Anhörung des Sozialausschusses zum Antrag der GRÜNEN-Fraktion "UN-Behindertenrechtskonvention umsetzen – Alternativen zum Heim schaffen und ambulante Wohnformen ausbauen" machten die Experten deutlich, dass in Sachsen nur wenige Menschen mit Behinderung im eigenen Wohnraum leben. Die Sonderwelt Heim nimmt immer noch eine große Rolle ein.
Die GRÜNE-Fraktion möchte, dass in Sachsen ambulante Wohnformen für Menschen mit Behinderung und Pflegebedarf ausgebaut werden. "Die Sachverständigen waren sich jedoch einig, dass wir Anreize brauchen, um die jahrelang geübte Praxis der Fürsorge hin zu mehr Selbstbestimmung zu verändern", sagt Elke Herrmann sozialpolitische Sprecherin der GRÜNEN-Fraktion. "Dazu zählen finanzielle Anreize ebenso wie der Abschluss von Rahmenzielvereinbarungen zwischen Kostenträgern und den Verbänden der freien Wohlfahrtspflege. Individuelle Hilfeplanung oder auch Kooperationen mit der Wohnungswirtschaft sind denkbar."
"Damit künftig mehr Menschen in ambulanten Wohnformen leben können, müssen aber auch Impulse vom Land in Richtung Kommunaler Sozialverband ausgehen. Er ist in Sachsen für den Bereich Wohnen von Menschen mit Behinderung zuständig. Bislang hat das Land seine Steuerungsverantwortung für diesen Bereich nicht ausreichend wahrgenommen. In Sachsen leben, verglichen mit dem Bundesdurchschnitt, überproportional viele Menschen mit Behinderung in stationären Einrichtungen. Nur ein knappes Drittel ist ambulant untergebracht. Bundesweit leben immerhin 42,7 Prozent in ambulanten Wohnformen.
Der Sachverständige Timo Wissel vom Landschaftsverband Rheinland erklärte am Beispiel von Nordrhein-Westfalen, wie eine Trendumkehr gelingen kann: "Am Anfang stand der Auftrag des Sozialministeriums. Wir als Landschaftsverband haben diesen durch die Initiierung von Modellvorhaben und Anreizprogrammen zur Umnutzung stationärer Wohnprojekte und zur Förderung inklusiver Sozialraumplanung umgesetzt. Damit hat der Landschaftsverband hat erreicht, dass die Zahl der Menschen mit Behinderung, die in Heimen leben, kontinuierlich zurückgegangen ist."
Hintergrund:
» grüner Antrag: "UN-Behindertenrechtskonvention umsetzen – Alternativen zum Heim schaffen und ambulante Wohnformen ausbauen" (Drs. 5/9788)
In Sachsen lebten 2011 15.000 Menschen mit Behinderungen in Wohnformen, also nicht in der eigenen Wohnung oder im Elternhaus. Davon lebten 10.000 Menschen in Heimen (stationäre Unterbringung). Laut Prognose soll die Zahl der pflegebedürftigen Heimbewohner bis 2025 um das Fünffache ansteigen ("sächsisches Gesamtkonzept zur Versorgung älterer Menschen mit Behinderung" vom 29.09.2011).