Datum: 03. September 2015

Bildungsmonitor 2015: Reflexartiges Bejubeln der Erstplatzierung Sachsens im Ländervergleich ist fehl am Platz

(2015-295) Zu den Ergebnissen des "Bildungsmonitors 2015" des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) Köln im Auftrag der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) erklärt Petra Zais, bildungspolitische Sprecherin der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Sächsischen Landtag:
"Das reflexartige Bejubeln der erneuten Erstplatzierung Sachsens im Ländervergleich des Bildungsmonitors ist fehl am Platz. Es ist bezeichnend, dass das Institut der deutschen Wirtschaft von ‚Stagnation‘ und Abwärtstrends berichtet, Kultusministerin Brunhild Kurth (CDU) hingegen die frohe Kunde ausruft, Sachsen habe ‚das beste Bildungssystem in Deutschland‘. Da muss man sowohl die Studie selbst als auch ihre Ergebnisse genauer hinterfragen."
"Ausgerechnet bei der Integration von Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund hat sich die Situation in Sachsen verschlechtert. Mehr ausländische Jugendliche als im Jahr zuvor haben die Schule ohne Abschluss verlassen. Sachsen weist nach wie vor fast doppelt so viele Schulabbrecher auf als im Bundesdurchschnitt. In puncto Bildungsgerechtigkeit besteht erheblicher Nachholbedarf."
"Ausdrücklich weist die Studie darauf hin, dass Sachsen ein Personalproblem hat, aktuell und erst recht in Zukunft. Die Altersstruktur bei den Lehrerinnen und Lehrern ist unausgewogen, sowohl an den allgemeinbildenden als auch an den berufsbildenden Schulen. Zu lange hat die sächsische Staatsregierung tatenlos zugesehen, wie sich der Lehrermarkt leert. Nun sollen die Studienkapazitäten und die Anreize, im sächsischen Schuldienst tätig zu werden, erhöht werden. Dabei verliert Sachsen wertvolle Zeit, was in den nächsten Jahren zu Lasten der Unterrichtsabsicherung und -qualität führen dürfte."
"Die Kritik an Auswahl und Gewichtung der Indikatoren des Bildungsmonitors bleibt. Schulqualität beispielsweise wird allein anhand der Ergebnisse aus Vergleichsarbeiten gemessen. Bei den Betreuungsbedingungen bleibt die frühkindliche Bildung gänzlich unberücksichtigt. Dabei hatte die Bertelsmann Stiftung in ihrem ‚Ländermonitoring Frühkindliche Bildungssysteme‘ dem Freistaat erst kürzlich den bundesweit schlechtesten Personalschlüssel bei den unter Dreijährigen bescheinigt. Hier wird die Chance vertan, Grundlagen für einen erfolgreichen Bildungsweg zu legen."
"Insgesamt fokussiert der Bildungsmonitor einseitig auf die Frage der Arbeitsmarktverwertbarkeit von jungen Menschen. Mindestens ebenso wichtig ist es angesichts der aktuellen gesellschaftspolitischen Entwicklungen, die politische Bildung in den Schulen zu stärken. Da gibt es in Sachsen erheblichen Handlungsbedarf. Insofern sollte die diesbezügliche Kritik der Bundeszentrale für politische Bildung mindestens ebenso große Beachtung finden wie die Ergebnisse des Bildungsmonitors." » Ergebnisse des Bildungsmonitors 2015