Beim Braunkohlegeschäft gibt es weiterhin keine Risikominderung für Sachsens Staatshaushalt
(2018-54) „Sachsens Staatsregierung ist die Absicherung von Profiten für die Braunkohle-Eigentümer offenbar wichtiger als die Risikominderung für den Staatshaushalt bei den Braunkohleabbau-Folgekosten.“
Dieses Fazit zieht der Landtagsabgeordnete Dr. Gerd Lippold, energiepolitischer Sprecher der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Sächsischen Landtag, nach der Beantwortung von zwei Kleinen Anfragen zur Ausgestaltung der Sicherheitsleistungen bzw. zum Zulassungsbescheid zum Hauptbetriebsplan des Tagebaus Nochten 2018-2019 durch Sachsens Wirtschaftsministerium.
Danach stehen die vom vorherigen Eigentümer Vattenfall an den Erwerber EPH übergebenen 1,7 Mrd. Euro Barmittel für die Deckung von Vorsorgeaufwendungen nicht uneingeschränkt als Sicherheit zur Verfügung. Stattdessen werde die im Unternehmen vorhandene Liquidität >>…auch zur Preisabsicherung für Stromlieferungen verwendet<<.
Damit der Freistaat im Insolvenzfall des bergbautreibenden Unternehmens, der EPH-Tochter LEAG, nicht auf den Folgekosten sitzen bleibt, hat das Oberbergamt im Jahr 2017 in den Nebenbestimmungen des Zulassungsbescheides zum Hauptbetriebsplan Nochten 2018-2019 ein Konzept verankert.
„Dabei werden aber nicht die zu erwartenden Bergbaufolgekosten bewertet und verwertbare Sicherheiten in erforderlicher Höhe eingefordert. Stattdessen setzt man auf eine noch zu definierende Zweckgesellschaft mit noch unbekannter Gesellschafterstruktur, die ein Sondervermögen in noch unbestimmter Höhe aufbauen soll“, wundert sich Lippold.
Ein erster Sockelbetrag soll bis 30.6.2021 eingezahlt sein. Später sollen dann aus dem Ergebnis des operativen Geschäftsbetriebs weitere Teilsummen eingezahlt werden, um bis 31.12.2031 die Vorsorge- und Wiedernutzbarmachungskosten in abgezinster Höhe verfügbar zu haben.
„Statt für eine sofortige Risikominderung auf Basis der 1,7 Vorsorge-Milliarden zu sorgen, scheint die einzige Maßgabe für die Ausgestaltung von Sicherheitsleistungen zu sein, dass die Gewinnerzielungsperspektiven der LEAG-Eigentümer nicht beeinträchtigt wird. Die Interessen der Braunkohle-Eigentümer bleiben in Sachsen offenbar auch unter dem neuen Ministerpräsidenten Michael Kretschmer Staatsräson“, kritisiert der Abgeordnete.
„Die vom Oberbergamt getroffenen Festlegungen werden nur dann zum Aufbau eines nennenswerten, verpfändbaren Sondervermögens führen, wenn ein hochprofitables Braunkohlegeschäft mindestens bis zum Jahr 2031 möglich ist.“
„Damit geht der schwarze Peter an die Bundesregierung: Sorgt man dort nicht für langjährige Braunkohleprofite, so platzt das sächsische Absicherungskonzept per Sondervermögen.“
Was genau in Form von Geld, Beteiligungen oder Sachwerten in das Sondervermögen kommen darf, soll laut Antwort des Wirtschaftsministeriums in einer Anlagerichtlinie festgelegt werden.
„Anders als etwa bei Fonds oder öffentlichen Finanzanlagen üblich, werden hier keine Anlagerichtlinien vorgegeben. Nein, auch die Anlagerichtlinien darf die LEAG selbst entwickeln“, ist Lippold empört.
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Hintergrund:
Offenbar werden die verfügbaren liquiden Mittel der LEAG – und dazu gehören auch die 1,7 Mrd. Vorsorgemittel von Vattenfall bzw. durch deren mögliche Beleihung geschaffene Liquidität – zur Sicherung von langfristigen Termingeschäften im Strommarkt eingesetzt. Solche Sicherungsinstrumente dienen im Strommarkt dem Vertragspartner dazu, bei Ausfall des Stromlieferanten Ersatzbeschaffungen vornehmen zu können. Der Ausfall des Stromlieferanten – das ist aber genau der Fall, für den auch der Freistaat Sicherheiten für die Deckung der Braunkohlefolgekosten braucht. Sicherheiten können jedoch gleichzeitig immer nur einmal zur Absicherung dienen.