Datum: 31. März 2021

Finanzausgleichsgesetz – Schubert: Bedarfsorientierung und Tragfähigkeit sind und bleiben für uns BÜNDNISGRÜNE wesentliche Betrachtungsgrößen

Redebeitrag der Abgeordneten Franziska Schubert (BÜNDNISGRÜNE) zur Zweiten Beratung des Gesetzentwurfes der Staatsregierung „Drittes Gesetz zu den Finanzbeziehungen zwischen dem Freistaat Sachsen und seinen Kommunen“ Drs 7/4550
27. Sitzung des 7. Sächsischen Landtags, Mittwoch, 31.03.2020, TOP 1

– Es gilt das gesprochene Wort –

 

Sehr geehrter Herr Präsident,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

viele von uns haben Kommunalmandate. Jede und jeder, der ein Kommunalmandat innehat, streitet besonders leidenschaftlich für das Thema Kommunalfinanzen. So sollte es zumindest sein. Und darum haben Debatten um kommunale Finanzen so einen hohen Stellenwert. Das Leben findet in den Kommunen statt, hier wird es organisiert und hier ist Heimat zu Hause.
Staatsminister Vorjohann war selbst jahrelang Finanzbürgermeister der Landeshauptstadt; kennt also die Diskussionen um die kommunalen Kassen aus der Praxis. Ich möchte an dieser Stelle zunächst ihm und seinem Haus danken für die geleistete Arbeit.

Es ist ein Novum, was wir heute hier machen. Wir gehen einen unkonventionellen Weg, denn wir verabschieden das FAG sozusagen ‚außer der Reihe‘. Normalerweise geschieht das immer zusammen mit Haushaltbegleitgesetz und Haushaltgesetz zum Haushaltsplenum. Die Pandemie erfordert Flexibilität und das Parlament hat in dieser Legislatur schon wiederholt bewiesen, dass es flexibel ist und ermöglicht, was nur geht.

Und so ist es auch dieses Mal: Die Koalitionsfraktionen haben im Einvernehmen mit den Oppositionsfraktionen, wofür ich ebenfalls danken möchte, eine Sondersitzung für das FAG beantragt. Konkret geht es darum, mit der heutigen Parlamentsentscheidung zu ermöglichen, dass unter anderem die pandemiebedingte Erstattung der Elternbeiträge auf den Weg kommt und genaue Zahlen Sicherheit für die Kommunen geben. Wir sehen die Notwendigkeit hierfür  und machen das jetzt einfach. Das vorliegende FAG regelt pandemiebedingte Fragestellungen – und diese bringen wir mit unserer heutigen Entscheidung in trockene Tücher.

Die kommunalen Spitzenverbände haben sich mit dem Finanzminister geeinigt; diese Einigung steht grundsätzlich und gilt es zu akzeptieren. Wie das immer so ist, gibt es unterschiedliche Bewertungen zu Einigungen, wie auch in der Sachverständigenanhörung deutlich wurde. Kleine Gemeinden und Kleinstädte gewinnen nach Jahren des Kampfes, das ist insofern eine Verbesserung. Hier ist meines Erachtens nach die eingeführte Basisfinanzierung hervorzuheben, von der kleinere Gemeinden überdurchschnittlich profitieren, da sie nicht schnöde nach Köpfen verteilt wird, sondern tatsächlich den Anspruch verfolgt, einen festen Sockel zur Verfügung zu stellen; das kennen wir auch aus anderen Bundesländern und haben wir als BÜNDNISGRÜNE in die Diskussion auch immer wieder mit hineingegeben.

Die Mittelzentren sind in Sorge. Das ist kein Geheimnis und zahlreiche Abgeordnete sind in den Mittelzentren, den ehemaligen Kreisstädten, zu Hause und kennen die Rückmeldungen. Hier verlaufen die Entwicklungen in den letzten Jahren positiv und der Kurs wachsender Investitionen sollte fortgesetzt werden. Da werden wir 2022 sehr genau hinsehen müssen, was an Befürchtungen eingetreten ist und wo nachgesteuert werden sollte. Wir nehmen das ernst und ich hoffe, dass es uns als Parlament gelingt, über Wege außerhalb des FAGs wenigstens einen Teil der Sorgen zu kompensieren.

Bei den Landkreisen ist das Thema der wegfallenden Nebenansätze für 3 von 10 Landkreisen zu betrachten. Während auf der einen Seite durch die Neuberechnung der Sätze im SGB II über Bedarfsgemeinschaften, die nach 16 Jahren endlich erfolgt, Entlastung geschaffen wird, ist das Thema der angekündigten 100-Prozent-Kompensation noch nicht abschließend geklärt. Das Finanzministerium ist dazu im Gespräch und ich bin zuversichtlich, dass hier Lösungen gefunden werden können.

In der öffentlichen Sachverständigenanhörung wurden verschiedene Themen angesprochen, mit denen sich die Fraktionen beschäftigt haben.

So verwies beispielsweise der Finanzbürgermeister der Stadt Leipzig, Herr Bonew (CDU), darauf, dass die Fördermittel für den Schulhausbau für die kommunale Ebene aufgestockt werden müssten und Mittel für kommunale Zukunftsinvestitionen, beispielsweise für Klimaschutz, gebraucht werden.

Die Koalitionsfraktionen haben daraufhin einen Änderungsantrag für das FAG entwickelt, das im Finanzausschuss mit Mehrheit beschlossen wurde. Zudem werden wir als Regierungsfraktionen Änderungsanträge ins Verfahren geben, die außerhalb des FAGs für die Kommunen wirken.

Ich möchte auf einige kurz eingehen:

Die Flexibilisierung bei § 15 FAG für Schulhausbau und Kita; die Berechnung der Hartz-IV-Zuweisungen über die Bedarfsgemeinschaften; die Integration der Gewässerunterhaltungspauschale als FAG-Ansatz auf Wunsch der kommunalen Ebene.

Außerhalb des FAGs werden wir mehr Mittel für Investitionen in den Schulhausbau über das parlamentarische Verfahren einbringen sowie kommunale Investitionen in Klimaanpassung über einen Sächsischen Klimafonds ermöglichen.

Der Sächsische Landkreistag schlug in der Anhörung die Abschaffung des Gleichmäßigkeitsgrundsatzes II vor und die Einführung eines Quotenmodells mit festen Verteilschlüsselmassen für die jeweiligen Räume, wie das unter anderem die Länder Bayern, Baden-Württemberg, Brandenburg machen. Dieser und auch andere Punkte, wie etwa die Einführung eines Soziallastenansatzes, sind diskussionswürdig und wir werden uns dieser Diskussion stellen. So hat die Koalition im Koalitionsvertrag ein Fachsymposium Kommunalfinanzen vereinbart, welches die Weiterentwicklung des sächsischen FAGs mit externem Sachverstand begleiten wird. Wir streben eine offene Diskussion und Beteiligung kommunaler Vertreterinnen und Vertreter an.

Wir BÜNDNISGRÜNE stehen grundsätzlich für eine Weiterentwicklung des sächsischen FAGs. Eine richtige Reform würde eine Veränderung in der grundsätzlichen Systematik bedeuten; sowas bricht man nicht übers Knie, es sei denn und aus gegebenem Anlass, ein Gerichtsurteil wie jüngst in Rheinland-Pfalz, setzt sowas in Gang. Wir brauchen allerdings für so eine weitreichende Entscheidung eine aussagekräftige Datenbasis. Die Nutzung der Daten über kommunale Haushalte beispielsweise zu den einzelnen Produktgruppen ist eine Aufgabe für die nächste Zeit. Bedarfsorientierung und Tragfähigkeit sind und bleiben für uns BÜNDNISGRÜNE wesentliche Betrachtungsgrößen.

Ich bewerte es daher als Schritt in die richtige Richtung, dass das Finanzministerium selbst das Thema Bedarfe aufgreift und in der Pressemitteilung vom 23. September 2020 thematisiert. Eine zunehmende Bedarfsorientierung, wie wir sie meinen, ist auf dem Weg und bildet sich auch im FAG erstmals ab. Man sieht das unter anderem am Bildungsansatz – die aus der frühkindlichen Bildung resultierenden unterschiedlichen Kosten der Städte und Gemeinden werden zukünftig berücksichtigt. Übrigens ein Ansatz, der 2018 in der Sachverständigenanhörung thematisiert wurde durch Frau Prof. Dr. Färber, die als Sachverständige von uns BÜNDNISGRÜNEN benannt wurde. Gleichzeitig wird dieses Mal auch der Schülernebenansatz aktualisiert. Er bildet die Kosten der Gemeinden als Schulträger durch die einzelnen Schularten ab und wird angepasst. Die Kommunalpauschale wird auch fortgesetzt. Das heißt, die bisher auf die Jahre 2018 bis 2020 beschränkte Pauschale zur Stärkung des ländlichen Raumes wird um ein Jahr verlängert und die dafür bereitgestellten Mittel in Höhe von 30 Millionen Euro werden ab dem Jahr 2022 in die Finanzausgleichsmasse der kreisangehörigen Gemeinden überführt.

Das sächsische FAG hat eine Frischekur bekommen und wird weiterentwickelt. Es ist noch nicht da, wo wir es als BÜNDNISGRÜNE gern sehen würden, allerdings bewegt sich etwas und das ist grundsätzlich erst einmal gut. Die Einigung mit der kommunalen Familie kann schwer in Frage gestellt werden von Abgeordneten, da wir an den Verhandlungen nicht teilgenommen haben. Dass wir unserer Aufgabe nachgehen, die Rückmeldungen der Kommunen ernsthaft zu bearbeiten und da auch streitbar zu sein, bleibt meines Erachtens nach geboten. Genau wie das Finanzministerium seine Aufgabe hat, haben wir es als Abgeordnete. Letztendlich allerdings geht es nur gemeinsam – wir sind als Parlament der Haushaltsgesetzgeber: Und daher werben wir heute als Koalitionsfraktionen um Zustimmung und ein klares Zeichen an unsere Kommunen, dass sie sich auf ihre Abgeordneten verlassen können.