Michael Weichert: Freistaat Sachsen sollte selbst Tariftreue zum Prinzip erheben

Es gilt das gesprochene Wort!
(…) Die Orientierung der Vergaben an das Gemeinwohl ist sowohl durch entsprechende Richtlinien der EU als auch durch das Bundesverfassungsgericht rechtlich abgesichert. Ich darf dazu unser höchstes Gericht zitieren: „Dieser Gemeinwohlbelang, dem die Tariftreueregelung Rechnung zu tragen versucht, besitzt eine überragende Bedeutung.“
Lassen Sie mich am praktischen Beispiel erläutern, wo sich die Belange des Gemeinwohls und die der Wirtschaftlichkeit diametral gegenüber stehen. Der Freistaat Sachsen zum Beispiel lässt zahlreiche Objekte durch private Wachdienste kontrollieren und überwachen. Sie ersetzen immer mehr das teuere, weil nach Tarif bezahlte Personal der Öffentlichen Hand. Private Wachleute gehen mit einem Stundenlohn von zu weilen unter 5 Euro nach Hause. Monatliche Nettoverdienste um die 700 Euro sind bei einer 40-Stunden-Woche die Regel. Handelt es sich bei diesen Wachleuten um die Familienväter, sind sie darauf angewiesen, Leistungen des SGB II in Anspruch zu nehmen. So mag es sein. dass der Freistaat ein paar Tausend Euro durch Vergaben spart, die sich allein an den wirtschaftlichen Kriterien orientieren. Das gesparte Geld zahlt die öffentliche Hand an anderer Stelle wieder drauf. (…) Meine Damen und Herren, der Freistaat Sachsen sollte sich nicht daran beteiligen, die Lohnspirale immer weiter nach unten zu drücken! Der Freistaat Sachsen sollte bei dieser Entwicklung bewusst einen Kontrapunkt setzen und die Tariftreue zum Prinzip erheben. Der Freistaat selbst ist im Durchschnitt der Jahre der mit Abstand größte Auftraggeber. Was er seinen Angestellten und Arbeitern gewährt – eine Bezahlung nach Tarif – sollte er bei seinen Auftragnehmern nicht noch dadurch unterminieren, dass der stets den billigsten nimmt.
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weichert_2007-09-26_slt88_top4.pdf