Antje Hermenau: 17 Milliarden Euro Neuverschuldung — Sie haben nichts gespart in den letzten Jahren!
Redebeitrag der Abgeordneten Antje Hermenau zum Antrag "Steuergerechtigkeit herstellen: Kleinere und mittlere Einkommen spürbar entlasten" (Drs. 5/12151), 83. Sitzung des Sächsischen Landtages, 19. September 2013, TOP 8
– Es gilt das gesprochene Wort –
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Herr Präsident! Meine Damen und Hetren Kollegen!
Herr Prof. Schmalfuß, ich habe mich schon des Öfteren gefragt, wofür Sie den Professor bekommen haben – wahrscheinlich h. c. „humoris causa“ — zumindest waren die Einlassungen entsprechend.
Die Ablehnung der kalten Progression im Bundesrat war ganz klar und eindeutig dem Fakt geschuldet, dass die Bundesregierung nicht in der Lage war, eine Gegenfinanzierung anzubieten, und dass Sie das über die Neuverschuldung abfinanzieren wollten. Das haben wir zu Recht abgelehnt.
Mit dem Kollegen Norbert Barthle von der CDU, dem haushaltspolitischen Sprecher in der Bundestagsfraktion der CDU/CSU, hätte man einen Deal hinbekommen können, auch im Bundesrat, wenn er nicht an Ihrer Starrköpfigkeit gescheitert wäre. Dieser Deal wäre gewesen, dass man innerhalb des Einkommensteuertarifes die höheren Einkommen stärker belastet und damit den Mittelstandsbauch und die kalte Progression abbaut. Das wäre sauber, ordentlich und klar gewesen; das hätte man machen können, ohne neue Schulden aufnehmen zu müssen.
Wenn sich hier eine Partei aufplustert, die im Bund immer noch darauf angewiesen ist, im laufenden Haushaltsjahr 17 Milliarden Euro Neuverschuldung in der Haushaltsplanung auszuweisen, dann frage ich mich, auf welchem Planeten Sie leben.
17 Milliarden Euro — Sie haben nichts gespart in den letzten Jahren! Wer kundig ist, sieht das.
Aber Frau Merkel – deswegen wird ihre ganze Leihstimmenkampagne für die Katz‘ sein – hat vor einer Stunde weit und breit verlauten lassen, dass sie keine Leihstimme an die FDP abgeben möchte. Da Sie es nicht geschafft haben, in vier Jahren auch wirklich etwas abzusenken, und jetzt vielleicht auch nicht mehr schaffen, wirklich etwas zu verhindern, denn Frau Merkel hat ja ein 32-Milliarden-Euro-Programm vorgelegt, was sie nach der Wahl alles umsetzen möchte, gehe ich einmal davon aus, dass wir uns das nicht mehr lange anhören müssen.
Herr Kollege Breitenbuch, ich mache es einmal so herum: Es ist ja nicht Ihre Schuld, dass Sie nicht hier aufgewachsen sind. Ich will Sie gern einmal in die Untiefen des Begriffs der sozialistischen Hölle einführen, den Sie gebraucht haben. Ich lasse einmal die Details weg – der Kollege Scheel wird es nachsehen, warum ich jetzt nicht auf die Details eingehe – ; ich würde Sie gern einmal in die Systematik einführen.
Die sozialistische Hölle hat bei uns in Sachsen eine ganz klare Zuordnung: sie geht folgendermaßen: Ein DDR-Bürger stirbt und kommt in die Hölle. Da ist ein Rezeptionsteufelchen und er kann sich aussuchen, ob er in die sozialistische Hölle oder in die kapitalistische Hölle gehen möchte. Nun denkt er sich: Ach, im Sozialismus habe ich schon gelebt, da gehe ich doch in die kapitalistische Hölle. Er kommt hinein – es ist ein bisschen wie im Wartezimmer beim Arzt – er setzt sich hin, alles sauber und gepflegt, aber die Leute sind blass, kauen sich die Nägel ab vor Angst usw. usf. Er setzt sich ein bisschen so hin und fragt mal: Sagt mal, was ist denn hier los, hier sieht‘s ja nicht so gut aus? Na ja, antwortet einer, weißt du, da vorn ist eine Luke, dann geht die auf, es kommt ein Brett raus, da sind glühende Nägel drauf, und dann wird dein Name aufgerufen, da musst du dich drauflegen, dann wirst du in die Hölle hinuntergefahren und es kommen jammervolle Schreie nach oben. Oh, sagt er, kapitalistische Hölle – das überlege ich mir noch einmal, geht zum Rezeptionsteufelchen und geht in die sozialistische Hölle: Das ist erlaubt, kein
Problem, er kann wechseln.
Er kommt hinein, etwas schäbiger, ganz andere Stimmung: Einer spielt Gitarre, die Flasche kreist, die Leute sind fröhlich, da lässt er sich nieder. Dann sagt er: Du, ich war grad drüben, weißte, was bei denen los ist? Unglaublich, da kommt ein Brett aus der Luke raus usw. usf. Der andere, etwas angesoffen, sagt, na ja, weißte, mach‘ dir mal nichts draus, eigentlich ist es ja hier ooch so. Da vorne ist die Luke — siehste die? – Und dann kommt eigentlich ooch ein Brettel raus mit glühenden Nägeln drauf.
Aber du weißt doch, wie‘s is‘, Genosse: Mal klemmt‘s Brett und mal ham‘se keine Nägel.
Das ist hier die sozialistische Hölle gewesen, und deswegen wäre ich vorsichtig, ob Sie sich auf diesen Begriff beziehen.
Nun zu Ihrem Antrag, Herr Kollege Scheel. In einigen Punkten würden wir am selben Strang ziehen – keine Sorge, ich erzähle keinen Witz mehr – in anderen Punkten definitiv nicht, und das möchte ich kurz begründen.
Ihre Vorschläge zielen nicht auf soziale Gerechtigkeit; sie zielen auf soziale Gleichheit. Für mich ist das ein fundamentaler Unterschied.
Die soziale Gleichheit – das war der Sozialismusversuch, und der ist gescheitert.
Eine soziale Gerechtigkeit unterliegt in meinen Augen anderen Kriterien, und ich will es plastisch erklären: Wer zeitgleich Vermögensteuer und Vermögensabgabe fordert sowie zusätzlich und zeitgleich Spitzensteuersatz der Einkommensteuer und Körperschaftsteuer anheben will, der hat wesentliche Konstruktionsmechanismen der neuen Zeit nicht verstanden. – .
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