Antje Hermenau: Finanzmittel müssen dauerhaft und verlässlich aufgestockt werden
Redebeitrag der Abgeordneten Antje Hermenau zum Antrag "Zukunft gestalten – Nachtragshaushalt vorlegen" (Drs. 5/13293), 88. Sitzung des Sächsischen Landtages, 17. Dezember 2013, TOP 9
– Es gilt das gesprochene Wort –
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Herr Präsident! Meine Damen und Herren Kollegen!
Ja, es ist zu wenig – und trotzdem sollte man dem zustimmen, denn dieser Tropfen auf den heißen Stein wird dringend bei der kommunalen Ebene gebraucht.
Es ist in gewisser Weise eine Notmaßnahme, und das auch noch nach Kassenlage; ich will es erklären.
Wir haben hier eine Staatsregierung, die eine solide Finanzpolitik oft wie eine Monstranz vor sich herträgt und das meiner Meinung nach auch zulasten der kommunalen Ebene betreibt, die eine chronische Unterfinanzierung hat.
Die Begründung für diese Maßnahme gibt auch her, warum das so ist. Wofür wird denn diese Investitionspauschale gewährt? Sie wird gewährt für Maßnahmen der sogenannten infrastrukturellen Grundversorgung. Wir reden nicht von irgendwelchen Extras, wir reden von der Grundversorgung: Kindergärten, Schulen, Brand- und Katastrophenschutz, Umweltschutz, Wasserversorgung, Abwasserentsorgung, Abfallwirtschaft, Straßenbau, Krankenhäuser – das, was den Alltag der Menschen ausmacht. Das sind die absoluten „Brot-und-Butter-Investitionen“; das sind keine Extras, keine Besonderheiten. Sie tun das, was notwendigerweise getan werden muss.
Dazu muss ich sagen: Die hart arbeitenden Menschen hier im Land fragen sich langsam – so nehme ich es jedenfalls wahr – warum es nötig ist, dass ihnen das Geld, das vorhanden ist, verwehrt wird – wenn auch vielleicht nicht in voller Höhe. Ich würde niemals mehr als die Hälfte von Mehreinnahmen für etwas ausgeben; darüber brauchen wir nicht zu diskutieren. Die Vorsorge muss sein, die halte ich für richtig.
Aber ob sie in der Höhe noch zu halten ist in der politischen Argumentation, wenn die Bürger in der Grundversorgung Defizite haben – diese Frage steht und sie wird sich in den nächsten Jahren verschärfen; davon bin ich überzeugt.
Diese chronische Unterfinanzierung kann man auch daran erkennen, dass es genau dieses Gießkannenprinzip ist. Es schlägt sich auch darin nieder, dass die Geldverteilung absolut gleichförmig und ohne jeden regionalen Schwerpunkt erfolgt.
Es werden auch keine Härten gemildert in irgendwelchen Regionen, sondern man erkennt auch daran wieder: Es geht um die Grundausstattung.
Es gab vor einiger Zeit eine Anhebung der Beteiligungsquote der kommunalen Ebene um 30 Millionen Euro, also um etwa ein Prozent. Wenn man sich aber zu Gemüte führt, was bei der Grundversorgung eigentlich alles gebraucht wird, dann war das eine homöopathische Dosis.
Wenn man im aktuellen Jahresbericht 2013 vom Landesrechnungshof noch einmal zur Kenntnis nimmt, dass die sächsischen Kommunen erstmals – erstmals seit neun Jahren! – ein negatives Gesamtergebnis verzeichnen und die bereinigten Ausgaben die bereinigten Einnahmen im vergangenen Jahr um 117 Millionen Euro überstiegen haben, dann merken wir, dass das zu wenig ist, dass die 20 Millionen Euro nicht ausreichen. Für mich ist das – dieses seit langer Zeit erstmalig negative Finanzierungssaldo – ein Weckruf.
Damit müssen wir uns in den nächsten Jahren befassen, denn die Finanzmittel müssen dauerhaft und verlässlich aufgestockt werden. Die kommunale Unterfinanzierung sehen Sie auch bei der Krankenhausförderung. Angesichts eines von den Krankenhausgesellschaften selbst bezifferten Bedarfes an Investitionen in Höhe von 200 Millionen Euro pro Jahr sind die im Haushalt eingestellten reichlich 100 Millionen Euro eben unzureichend. Wir wissen, dass 2015 die Krankenkassen aus den Krankenhausinvestitionen aussteigen werden. Legt man die Mittel der mittelfristigen Finanzplanung zugrunde, dann bleibt es bei der chronischen Unterfinanzierung. Wer bleibt im Zweifel auf den Problemen sitzen? Das ist die kommunale Ebene.
Also ein Tropfen auf den heißen Stein? Eine zu kurze Finanzdecke? Die Verschuldung ist doch ein guter Indikator und die kommunale Gesamtverschuldung, obwohl wir im bundesweiten Vergleich wirklich gut dastehen, betrug 2012 reichlich 16 Milliarden Euro. Offensichtlich kommt es zu einer Verlagerung von kommunalen Schulden in die Nebenhaushalte auf der kommunalen Ebene. Innerhalb von nur drei Jahren hat die Verschuldung von kommunalen Beteiligungsunternehmen, wie Wohnungsgesellschaften, Wirtschaftsförderungsgesellschaften, um 12 Prozent zugenommen. Die kommunale Gesamtverschuldung stieg damit um 4 Prozent. Diesen
Trend finde ich besorgniserregend. So kann es am Ende nicht laufen. Das Land macht sich trocken und die Kommunen werden nass. Das geht nicht.
Deswegen meine ich, der Freistaat darf insgesamt als Land und kommunale Ebene den Pfad der Tugend nicht verlassen und kann nicht zulassen, dass seine Kommunen strukturell unterfinanziert sind. Eine solide Finanzbasis ist sehr schnell verspielt und nur sehr schwer wieder hergestellt.
Wir stimmen trotzdem zu, aber es bleibt bei der Argumentation, dass es ein Tropfen auf den heißen Stein ist. Das muss man im nächsten Jahr anders anpacken.
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