Antje Hermenau zur Regierungserklärung des Ministerpräsidenten zum Euro-Rettungsschirm

Die 5-Prozent-Kürzung bei den Ministerbezügen würde ich Ihnen als Vorschlag für Ihre Klausurtagung mitgeben
Redeauszüge der Abgeordneten Antje Hermenau zur Regierungserklärung des Ministerpräsidenten Stanislaw Tillich zum Finanz-Rettungspaket, 15. Sitzung des Sächsischen Landtages zu Beginn der Tagesordnung:
Es gilt das gesprochen Wort!
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Herr Präsident! Meine Damen und Herren Kollegen!

Bankenkrisen führen immer zu staatlichen Verschuldungskrisen – das ist zumindest die historische Lehre der letzten Jahrhunderte – und Griechenland war nur der äußere Anlass. Was steckt nun wirklich dahinter? – Die Deutsche Bank und auch staatliche Banken Deutschlands, auch Versicherungen besitzen Staatsanleihen Griechenlands in der Höhe von 43 Milliarden Euro und sie wollen diese selbstverständlich nicht abschreiben, obwohl Ex-Bundesbankchef Pöhl gesagt hat, es wäre vernünftig gewesen, Griechenland umzuschulden, einen Schnitt bei einem Drittel der Schulden zu machen.
Da hätten die deutschen Interessenten ein paar Einbußen gehabt. Das
wäre aber klüger gewesen, als jetzt aus dem Euro eine Weichwährung zu machen.

Nach dem Bankenschirm gibt es jetzt den Euroschirm.
Sich hier nolens volens in die Brust zu werfen, um von den seit zehn Jahren tiefsten Umfragewerten für Schwarz-Gelb abzulenken und auf einmal so zu tun, als sei man der Deus ex machina, entbehrt nicht einer gewissen politischen Chuzpe.
Ein 750-Milliarden-Euro-Paket ist eine verdammt große Keule, eine Drohgebärde. Die war auch richtig. Aber sie ist in zitternde Hände genommen worden und der Preis ist hoch. Der Euro hatte als Gründungskonsens – und ich habe das alles mitgemacht – im Vertrag eine unabhängige EZB und die Konvergenzkriterien stehen. Durch den Kauf der maroden Staatsanleihen durch die EZB hat diese ihre Unabhängigkeit verloren und der Grundkonsens bei der Gründung des Euros wurde gebrochen. Die EZB ist desavouiert.
Als Nächstes muss eine Staatsschuldenkommission auf EU-Ebene kommen, die
diese unabhängige Rolle übernimmt, damit wir aus dieser Weichwährungsgefahr
herauskommen können. Das wäre ein konkreter Vorschlag.
Das langfristige Vertrauen in den Euro ist verloren. Wir haben für ein bis zwei Jahre Zeit gekauft. Im Prinzip ist mit diesem Paket Griechenland für ungefähr ein bis eineinhalb Jahre vom Markt genommen worden, damit es nicht völlig ruiniert werden kann. Das ist gemacht worden. Da haben sich die Reichen zusammengetan und beschlossen, den Griechen ein Jahr lang die ganzen Truppen vom Hals zu halten.
Spanien und Portugal haben sofort reagiert. Die 5-Prozent-Kürzung bei den
Ministerbezügen würde ich Ihnen als Vorschlag für Ihre Klausurtagung mitgeben.
15 Prozent Kürzung bei den höheren Beamtenbezügen und eine Verbesserung der Einnahmenbasis, also eine Steuererhöhung, da, wo es vernünftig ist. Da könnten Sie bei dieser Gelegenheit gleich den Murks „Wachstumsbeschleunigungsgesetz“ zurücknehmen. Wir haben keinen Euro zu verschenken. Ich habe das bereits im letzten Jahr angemerkt. Da waren Sie der Meinung, wir könnten uns das noch leisten.
Von der FDP kam der Zwischenruf, es wäre ein Klacks.
Wir haben maximal zwei Jahre Zeit für den Turn-around. Wir reden hier nicht von ein bisschen Kosmetik. Wir reden davon, dass unser Geschäftsmodell für den gemeinsamen Euro- und Wirtschaftsraum auf der Kippe steht. Wir reden davon, dass wir ein strenges Sanierungspaket für den ganzen Euro-Raum brauchen. Da ist auch Ehrlichkeit angesagt. Wenn das nicht funktioniert, dann platzt eben diese Haushalts- und Verschuldungsblase des Eurowährungsraumes ein oder zwei Jahre später, aber sie platzt. Machen Sie sich da keine Illusionen! Das passiert noch vor der nächsten Bundestagswahl.
Wenn man diesen Neustart machen möchte, um aus dieser Weichwährungsgefahr herauszukommen, kann man natürlich nicht bekloppterweise fordern, in die D-Mark zurückzugehen. Die Deutschen exportieren 60 Prozent ihrer Waren in den Euroraum, vor allem in die Südländer des europäischen Raumes.
Wer die D-Mark zurückhaben will, wird eine hoch bewertete D-Mark haben. Das wird die Exporte killen. Die anderen können abwerten und werden dann diese Exporte übernehmen.
Wer so bekloppt ist, so etwas zu fordern, gehört eigentlich nicht in diese Debatte.
Aber die Frage nach der Weichwährung steht natürlich. Europa ist im weltweiten Vergleich unterdurchschnittlich wachsend. Das wird auch so bleiben, weil wir viel reicher als andere Erdteile sind. Wir haben eine schrumpfende Bevölkerung. Das spricht nicht dafür, dass Innovation und Wachstum steigen werden. Wir haben nun endlich auch öffentlich festgestellt, dass wir marode Staatsfinanzen haben. Das klingt ein bisschen nach Bananenrepublik. Das muss man deutlich sagen. Da hätte ich ganz gern, dass wir uns dieser Frage mit dem nötigen Ernst stellen.
Der Einzige aus der Union in Deutschland, der im Januar dieses Jahres das alles schon gesehen hat, waren nicht Sie, Herr Tillich, das war der Herr Schäuble. Sie haben noch herumgedruckst, Frau Merkel noch von Führung überzeugen wollen, die Sie selbst im Land nicht leisten. Herr Schäuble war der Einzige, der es drauf hatte, worauf die FDP gleich meinte, dass er so krank wäre, dass man ihn des Amtes entheben müsste, damit sie noch etwas länger von ihrer Steuersenkung sprechen kann.
Sie von der FDP haben Ihre Steuersenkungsgeschichte noch Anfang Mai dieses Jahres auf einem Parteitag vertreten, weil Sie dachten, eine Woche später in NRW die Wahl gewinnen zu können. Wer derartig von den Realitäten entfernt ist wie Sie, der sollte hier die Klappe halten. (…)
Die CDU in Sachsen hat die Chance genutzt und sagt, dass sie gern auf Schulden verzichten will und dies auch schon seit ein paar Jahren macht.
Ich sage Ihnen: Machen Sie nicht dieselben Schludrigkeiten! Die Kreditermächtigungsgeschichte von Waigel landete vorm Verfassungsgericht. Ich will das nur einmal öffentlich erwähnt haben.