Antje Hermenau zur SachsenLB-Klage: Es kann nicht sein, dass die Kleinen die Rettung der Banken bezahlen, die die Großen beim Zocken hingekriegt haben

Redebeitrag der Abgeordneten Antje Hermenau zum GRÜNEN-Antrag „Sachsen LB-Pleite – Verantwortliche Mitglieder des Kreditausschusses auf Schadensersatz verklagen!“ in der 29. Sitzung des Sächsischen Landtages, 20.01., TOP 5
Es gilt das gesprochene Wort!
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Sehr geehrter Herr Präsident,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen!
Dreimal wurde in den letzten zwei Jahren unabhängig voneinander festgestellt, dass es einen Verstoß gegen Sorgfaltspflichten gab, dass die Risiken vorhersehbar waren und dass wissentlich falsch entschieden wurde, und zwar beim Thema der SachsenLB.
Diese Bank musste dann notverkauft werden. Die Sachsen blieben auf einer Bürgschaft von 2,75 Milliarden Euro sitzen. Somit ist es ziemlich klar, dass zumindest die Mitglieder des Kreditausschusses, wenn nicht des gesamten Verwaltungsrates offensichtlich falsch gehandelt haben und wir deswegen prüfen müssen, wie wir eine Schadenersatzpflicht herstellen.
Es gab ein Sondergutachten des Landesrechnungshofes vom März 2009. Es gab ein Urteil des Sächsischen Verfassungsgerichts in Leipzig im August 2009 und es gibt die sehr langwierige rechtliche Prüfung des Finanzministers vom Dezember 2010, also anderthalb Jahre später. Aber auch in dieser wird deutlich zum Ausdruck gebracht – ich zitiere aus dem Pressestatement des Finanzministers -: «Bezogen auf vier Kreditentscheidungen aus den Jahren 2003 bis 2006 sind sechs Mitglieder des Kreditausschusses ihren Pflichten nicht hinreichend nachgekommen.» – Also gibt es eine Schadenersatzpflicht aus Verletzung der Sorgfaltspflichten.
Die Risiken, die für das Unternehmen eingegangen worden sind, hätten zum Untergang des Unternehmens führen können, sie haben im Prinzip zum Notverkauf geführt. Nun sagten Sie, Herr Unland, am 22.12.201O, «die Erfolgsaussichten seien geringer als bei den Vorständen». Sie meinten natürlich die wirtschaftlichen Erfolgsaussichten. Was, bitte schön, hat das mit Recht und Gesetz in diesem Land zutun?
Es geht um die rechtlichen Erfolgsaussichten vor Gericht und erst an zweiter Stelle um die wirtschaftlichen Aussichten. Ich finde, dass die Erfolgsaussichten im juristischen Sinne hinreichend beschrieben wurden. Ich glaube, der Mensch geht vor Gericht, um Recht zu bekommen. Und wenn er dafür nicht mehr Geld einnimmt als er ausgibt, halte ich das in einer so wichtigen Frage für sekundär.
Die Sächsische Landesbank ist nicht einfach nur ein Element der Wirtschaft, das mit Politik nichts zu tun hat, sondern es ist ein hochpolitischer Vorgang. Er hat große Auswirkungen auf die Wahrnehmung von Demokratie in diesem Land. Es gibt viele Menschen, die durch diesen Vorgang von der Demokratie enttäuscht wurden.
Ich weiß schon, was nachher an Scheinargumenten kommen wird. Da wird von Verjährung gefaselt werden, aber dann wäre das Kostenargument vorgeschoben, wenn die Verjährung das eigentliche Problem seit dem 22.12. letzten Jahres darstellt. Es wird davon gesprochen werden, dass alles langwierig geprüft werden müsse, wie hoch die Kosten sein werden. Es sei nicht wirtschaftlich.
Warum machen Sie keine Teilklage? Sie selbst können doch die Höhe der Kosten der Forderung bestimmen und damit im Prinzip die nötigen Aufwendungen, um diese Klage durchzuziehen. Der Freistaat muss ja nicht Millionen in diese Klage pusten, sondern er kann es auch billiger haben.
Viele Kosten sind durch Gutachter und Rechtsanwälte bereits entstanden. Wie konnten Sie zu der Feststellung kommen, dass zumindest bei den sechs Kreditausschussräten klar festgestellt worden ist, dass Verstöße da sind, wenn Sie nichts geprüft haben? Also müssen Sie ja etwas vorliegen haben.
Wir glauben also, dass es auf jeden Fall nicht richtig war, den Haushaltsgrundsatz nach § 59 Sächsische Haushaltsordnung zu verletzen und einen Einnahmenverzicht zu machen. Das ist nur in Ausnahmefällen zutreffend und, wie ich finde, diese sind hier nicht vorhanden.
Die Zockerei der Sachsen LB hat die größte Existenzkrise für Sachsen seit 1990 herbeigeführt. Nur durch den Notverkauf und durch die Bürgschaftsobergrenze von 2, 75 Milliarden Euro ist es nicht dazu gekommen, dass wir Sachsen auf bis zu 47 Milliarden Euro „Miese“ sitzen geblieben sind.
Für die Zukunft muss man meiner Meinung nach in diesem Land etwas klarstellen. Dazu gehört, dass die Anforderungen an die Aufsichtspflichten von Aufsichtsräten geklärt werden und was es bedeutet, wenn man eine solche Pflicht übernimmt.
Es kann nicht sein, dass die Kleinen die Rettung der Banken bezahlen, die die Großen beim Zocken hingekriegt haben. 2009/2010 gab es bundesweit viele schlagzeilenmachende juristische Fälle. Zum Beispiel gab es den sogenannten Frikadellenraub, bei dem eine 59-jährige Sekretärin nach 34 Dienstjahren eine Frikadelle gegessen hat und deshalb entlassen wurde, weil das Vertrauen fehlte, oder den Fall „Emmely“, bei dem zwei Flaschenpfandbons in Höhe von 1,30 Euro dazu geführt haben, dass eine Frau nach 30 Jahren im Einzelhandel entlassen wurde, weil das Vertrauensverhältnis zerrüttet war. Über solche Beträge wurde da geredet.
Es gibt auch noch das Maultaschenurteil. Ich finde, eine Demokratie braucht eine Verantwortungskultur und Vertrauen. Wir wollen den Leuten nicht das letzte Hemd ausziehen. Wenn Sie die Klagesumme gering halten, ist das bezahlbar und trotzdem empfindlich, aber nicht
existenzvernichtend. Ich glaube, so dringlich ist es doch in dieser Demokratie, dass man solch einen Weg einschlägt – deshalb unsere Forderung nach der Teilklage. Die eigentlich harte Währung in der Demokratie ist Vertrauen. Das muss man wieder herstellen in dieser Frage.
Klagen Sie, tun Sie da Ihre Pflicht! Wir werden das nachher zur namentlichen Abstimmung stellen.