Eva Jähnigen: Die Koalition springt auf den Zug mit einem grünen Lokführer. Ihre Forderungen bleiben aber zu allgemein und verklausuliert
Redeauszüge der Abgeordneten Eva Jähnigen zum Antrag "Tourismusstrategie für Sachsen entwickeln", in der 33. Sitzung des Sächsischen Landtages, 24.03., TOP 2
Jähnigen: Die vom Wirtschaftsministerium vor 6 Jahren vorgelegte Studie zur Tourismuspolitik zeigte konkrete Arbeitsfelder für 5 bis 7 Jahre – der Antrag der Koalition ist lediglich eine politische Geste
Es gilt das gesprochene Wort!
—————————————————————————-
Sehr geehrter Herr Präsident,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen!
Wir GRÜNEN drängen seit Jahren, dass Staatsregierung und Akteure vor Ort sich anstrengen, um den Tourismus in Sachsen voranzubringen. Doch hilft dieser Antrag der Koalition oder beschränkt er sich lediglich auf politische Gesten?
Die vom Wirtschaftsministerium im Frühling vor 6 Jahren vorgelegte Studie zur Tourismuspolitik zeigte konkrete Arbeitsfelder für 5 bis 7 Jahre auf. Auf die Umsetzung warten wir noch heute. Ein Entwurf der Regierung wurde in einer von uns beantragten Anhörung im Wirtschaftsausschuss von den Praktikern kritisiert.
Da wir der Regierung gern unter die Arme greifen, haben wir im letzten Jahr mit unserem Antrag "Tourismusstrategie Sachsens neu ausrichten – effizienten Mitteleinsatz für starke Destinationen und nachhaltige Entwicklung sicherstellen" (Drs. 5/2610) konkrete Vorschläge gemacht.
Darin forderten wir u
- ein Strategie zur Neuausrichtung der Tourismusförderung und
- konzentrierte Förderung bestimmter Destinationen,
- mehr fachliche Begleitung von Städten und Regionen und mehr regionale Kooperation,
- Verbesserung ressortübergreifenden Organisation mittels einer interministeriellen Clearingsstelle und
- die Ablösung der überalterten Software des Systems TOURBU.
Die Koalition springt nun mit ihrem Antrag auf den Zug mit einem grünen Lokführer. Ihre Forderungen bleiben allerdings zu allgemein und verklausuliert. Da wünscht man sich sogar, dass Sie aus unserem grünen Antrag abgeschrieben hätten: dieser war viel konkreter.
Verstehen Sie das nicht falsch: in solchen Fällen bestehen wir auf Quellenangabe – Autor ist mein Kollege Michael Weichert, dem ich bei dieser Gelegenheit herzlich gute Besserung wünsche! – und akzeptieren Plagiate als Opposition natürlich nicht.
In Punkt 1 ihres Antrags fordern Sie "chancenreiche" Schwerpunkte für die Tourismusförderung. Welche meine Sie denn? Wo bleiben die Aktivtouristen, wo die Gesundheits- und Wellnessurlauber der Kurorte? Im grünen Tourismusantrag schlugen wir vor, endlich auch den Ökotourismus und die Erschließung sächsischer Regionen mit umweltfreundlichen Verkehrsarten aufzunehmen, touristische Wegenetze und deren Verknüpfung gerade zu Wander- und Reitwegen zu bearbeiten und besonders für die Wintersportregionen Anpassungsstrategien zu entwickeln.
Leider steht die umweltfreundliche und touristisch attraktive Erschließung durch die Kürzungen im Öffentlichen Verkehr nun gerade stark in Frage. Auch das sollte ein Grund zum Umdenken in ihrer Verkehrspolitik sein!
Wir halten es nämlich für wichtig, uns nicht auf den Städtetourismus zu fokussieren sondern Tourismus auch im den ländlichen Raum zu fördern. Wie kann die Regierung hierfür innovative Potenziale fördern und erschließen?
Das in Punkt 2 vorgeschlagene Standortmarketing gibt es bereits und es ist im Kürzungshaushalt mit üppigen 30 Mio. Euro ausgestattet. Wozu pseudoaktivistische Beschlüsse? Warum gelang es bisher nicht, mit viel Geld eine derartige Standortinitiative anzukurbeln?
In Punkt 3 wollen Sie "klare und effiziente Strukturen und Ebenen" zwischen den touristischen Akteuren schaffen und schlagen in den Punkten 7. und 8. vor, dass die beteiligten Ministerien eine "interministerielle Arbeitsgruppe" … "unter Einbeziehung touristischer Querschnittsbereiche" schafft. Das beantragen zwei regierungstragende Fraktionen?! Himmel, warum hat das die Regierung nicht längst getan?
Interessent wäre stattdessen die in Punkt 6 beschworene Neuausrichtung der Förderung gewesen. Aber diese bleibt nebulös. Schwerpunktsetzung für eine schlagkräftige Destination ist richtig – doch nach unserer Meinung erfüllt der aus Österreich abgeschrieben Kriterienkatalog nicht die Anforderungen für die Entwicklung in Sachsen.
Das ist so, als würde man das Erzgebirge gießen damit es wächst und hoch wie die Alpen wird.
Richtig spannend wird es bei der Machbarkeit ihrer angeblich neuen Ansätze sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen von der CDU und der FDP.
In Punkt 4 fordern Sie "zunehmende Einbeziehung von Unternehmen, die vom Tourismus profitieren, in die Finanzierung". Richtig – dann müssen Sie es aber umsetzen, sehr geehrte Damen und Herren! In vielen Städten werden solche Instrumente bereits diskutiert – tragen Sie das mit.
Schade. Hätten Sie sich durchringen können unserem Antrag aus dem Mai vorigen Jahres zuzustimmen hätten sie einen konkreten Arbeitsauftrag für den Tourismus ohne derart allgemeines Säuseln gehabt.
Zu ihrem Antrag kann ich nur sagen: nicht alles falsch – aber für regierungstragende Fraktionen viel zu unkonkret. Wir enthalten uns mit Bedauern und verfolgen ihre konkreten Schritte gemeinsam mit den Touristikunternehmen und Fachleute in den Regionen.