Eva Jähnigen: Kommunale Unternehmen – der Koalition fehlt eine positive Zielstellung
Redebeitrag der Abgeordneten Eva Jähnigen zum Antrag "Kommunale Unternehmen Sachsens stärken – Novellierung des Gemeindewirtschaftsrechts prüfen" (Drs. 5/12869), 85. Sitzung des Sächsischen Landtages, 17. Oktober 2013, TOP 8
– Es gilt das gesprochene Wort –
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Sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrter Herr Präsident,
unsere Fraktion macht sich derzeit Sorgen um die Aufstellung und die rechtlichen Grundlagen der Kommunalen Unternehmen im Freistaat Sachsen. Dabei sind wir in Einklang mit kommunalen Spitzenverbänden, Stadtwerken und dem sächsischen Rechnungshof. Mit diesem Antrag wollen wir die Defizite beheben, welche die Koalition in der groß angekündigten und nun deutlich weniger umfassenden Novelle des Kommunalverfassungsrechtes nicht angeht oder aber entgegen der Forderungen aus der kommunalen Ebene mit teilweise abstrusen Neuregelungen angehen will.
Die Behandlung der Novelle der Gemeindeordnung wird ja derzeit von Innenausschuss zu Innenausschuss geschoben – in der Tagesordnung wurde sie letztens gar nicht erst aufgerufen. Offenbar scheint der Beratungsbedarf in der Koalition nach der Anhörung ein größerer zu sein. Eine Denkpause kann hier auch nur richtig sein. Vielleicht bietet unser Antrag für Sie eine Hilfe bei der Ausrichtung der rechtlichen Grundlagen für die kommunalen Unternehmen – und die Möglichkeit, dann bis zur Landtagswahl im Juli oder August doch noch entscheiden zu können.
Viel gedacht scheint sich die Koalition in diesem Zusammenhang mit der Neuregelung des Gemeindewirtschaftsrechts bisher auch nicht zu haben. Sie wollen nun eine abschließende Regelung der nichtwirtschaftlichen Unternehmen der Kommunen im neuen § 94a der sächsischen Gemeindeordnung (SächsGemO) treffen und diese zukünftig auf den Bereich der Hausmüllentsorgung, der Wasserversorgung und der Abwasserversorgung beschränken. Der Text des Gesetzentwurfes ist diesbezüglich sehr klar. Die Begründung ist es allerdings nicht. In einer Antwort auf meine Fragen an den Innenminister im Innenausschuss wurde nun seitens des Innenministeriums überraschenderweise ausgeführt, dass die Begründung verdeutliche, dass es hierbei lediglich um die Klarstellung handelt, dass die Kommunen nicht dazu verpflichtet sind, weitere darüber hinaus gehende Unternehmen zu betreiben. Die Änderung stelle keine Einschränkung der nichtwirtschaftlichen Tätigkeit zum bisherigen Stand dar. Meinen Sie ernsthaft, dass Sie ein Gesetz entgegen dem Wortlaut auslegen dürfen, Herr Innenminister?
Spätestens seit dem Beitrag von Prof. Joachim Wieland in der Landtagsanhörung zur letzten Verfassungsänderung sollte doch auch im Innenministerium bekannt sein: Bei Gesetzen kommt es auf den Wortlaut an; die Begründung ist nur eine Auslegungshilfe im Zweifelsfall. Und dass Gemeinden zur Führung von Unternehmen nicht verpflichtet sind, war doch noch nie unklar!
Anscheinend weiß in dieser Koalition die linke Hand nicht, was die rechte tut. Mit unserer Aufforderung zur Darstellung der wirtschaftlichen, steuerlichen und rechtlichen Folgen dieser entsprechenden Änderung möchten wir Regierung und Koalitionsfraktionen gern helfen, den Nebel über ihren Vorstellungen aufzulösen und unnötige Regelungen zum Schaden der kommunalen Unternehmen zu vermeiden. Auf diese Änderung der Gemeindeordnung können sie unserer Meinung nach verzichten!
Gern propagieren FDP und CDU den Bürokratieabbau als ihr politisches Kernanliegen. Im jetzigen Entwurf erschaffen sie aber ein wahres Bürokratiemonster. Oder was sonst soll die Neuregelung sein, nach der bei nahezu allen Entscheidungen in kommunalen Unternehmen nunmehr sämtliche betroffene Kammern angehört werden müssen?
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
auch angesichts der Darstellungen des Innenministers für die obere kommunale Rechtsaufsicht meinen wir: Es ist richtig, dass die Rechnungsprüfer künftig auch die Töchter- und Enkelgesellschaften kommunaler Gesellschaften prüfen dürfen. Aber mehr braucht es nicht. Anstatt solche sinnfreien Überregulierungen zu manifestieren, sollte sich die Koalition lieber intensiv mit der Zukunftsfähigkeit der kommunalen Unternehmen in Freistaat beschäftigen. Deshalb fordern wir mit diesem Antrag die Staatsregierung auf, darzulegen welche Folgen und vor allem welchen Verwaltungsaufwand diese Allzuständigkeit der Kammern haben würde. Wir ahnen da als GRÜNE nicht Gutes.
Meine Damen und Herren,
der große Wurf ist die aktuell im Geschäftsgang des Landtages befindliche Änderung der Gemeindeordnung in Bezug auf die Kommunalunternehmen nicht. Ein Ziel, wie man kommunale Unternehmen zukünftig aufstellen will, hat die Koalition offensichtlich nicht. Diesen Missstand wollen wir nun korrigieren und mit diesem Antrag die Staatsregierung dazu bewegen, die Akzente in die richtige Richtung setzen, um Sachsens kommunale Unternehmen fit für die Zukunft zu machen. Und zwar nicht nur intern, sondern im Dialog mit den Unternehmen, den Kommunen und der Öffentlichkeit!
Denn eine zentrale Säule für das Gelingen der Energie- und Verkehrswende werden auch in Sachsen die kommunalen Unternehmen sein. Insbesondere die energiewirtschaftlichen Unternehmen der Kommunen müssen hier in den rechtlichen Rahmenbedingungen besser gestellt werden. Uns ist klar, dass insbesondere die komplexe Materie des Örtlichkeitsprinzips hier keine einfachen Lösungen parat halten wird. Wir haben daher bewusst darauf verzichtet – im laufenden Verfahren der Änderung der Gemeindeordnung – einen eigenen Änderungsvorschlag dazu einzubringen. Die kommunalen Spitzenverbände haben aber in Anhörungsverfahren zur Novelle des Kommunalrechtes einen solchen Vorschlag unterbreitet, der bisher von der Koalition unberücksichtigt geblieben ist. Wir finden, dass es an der Zeit ist, sich mit diesen Vorschlägen jetzt intensiv auseinanderzusetzen und fordern die Staatsregierung daher auf, zu prüfen, wie zukünftig kommunale Unternehmen auch über örtliche Geschäftsfelder hinweg agieren können und uns einen entsprechenden Vorschlag zu unterbreiten. Die Notwendigkeit, diese überörtliche Betätigung zu ermöglichen hat selbst der Sächsische Rechnungshof in seiner Stellungnahme zum Gesetzentwurf der Koalition betont. Es gibt hier also offensichtlichen Handlungsbedarf, welchem die Koalition nicht nachkommen will. Wir fordern diesen hiermit an dieser Stelle nochmals deutlich ein.
Unabhängig von der Ausgestaltung der rechtlichen Rahmenbedingungen gilt für uns: Die Kommunalen Unternehmen in Sachsen müssen Vorbilder in Sachen guter Unternehmensführung sein. Hierauf zielt der zweite Punkt unseres Antrages ab. Wenn sich der Staat oder in diesem Fall die Kommunen wirtschaftlich betätigen, so muss die Messlatte für Vorbildhaftes Verhalten umso höher sein. Wenn seitens der Kammern die Transparenz bei kommunalen Unternehmen bemängelt wird, dann müssen wir dort ansetzen, wo diese Defizite entstehen können – im Unternehmen selber. Deshalb brauchen wir ein Angebot der Staatsregierung, welches eine entsprechende konzeptionelle Beratung und Weiterbildung der Akteure in kommunalen Unternehmen ermöglicht, um in verschiedenen Bereichen auf vorbildhaftes Verhalten des Unternehmens hinzuwirken. Dazu gehört allerdings nicht nur der Bereich Korruptionsvermeidung und Transparenz in den unternehmerischen Entscheidungen, sondern ebenso sparsamer Verbrauch von Ressourcen und eine ökologische Vorbildfunktion und eine entsprechende Vergabepolitik, die den lokalen Mittelstand berücksichtigt. kommunale Unternehmen sollten auch Vorbild als attraktiver Arbeitgeber sein. Deshalb wollen wir das Beratungsangebot auch hinsichtlich der Familienfreundlichkeit der Unternehmen und der Gleichstellung von Frau und Mann, insbesondere in Führungspositionen, erweitern. Auch dies ist ein zentraler Aspekt für die Zukunftsfähigkeit der kommunalen Unternehmen im Freistaat. Andere Bundesländer handeln hier bereits; selbst der Bund hat Leitlinien für vorbildliches, unternehmerisches Handeln ihrer öffentlichen Unternehmen aufgestellt – den public corporate governance kodex.
Sehr geehrte Damen und Herren,
uns geht es um eine gute Aufstellung der kommunalen Unternehmen in Sachsen. Dazu brauchen wir eine Änderung der rechtlichen Rahmenbedingungen und Angebote an die Unternehmen für Beratung und Weiterbildung, die über die obligatorischen Beratungsangebote hinausgehen. Was die kommunalen Unternehmen im Freistaat nicht brauchen, sind Bürokratiemonster und eine Koalition, der nicht klar ist, was sie mit ihren Gesetzen regelt. Stimmen Sie unserem Antrag zu!
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