Eva Jähnigen: Sachsen fällt mit dieser Dienstrechtsreform im Wettbewerb mit anderen Bundesländern um fähige Köpfe weit zurück

Redebeitrag der Abgeordneten Eva Jähnigen zum "Gesetz zur Neuordnung des Dienst-, Besoldungs- und Versorgungsrechts im Freistaat Sachsen" (Drs. 5/12230), 89. Sitzung des Sächsischen Landtages, 18. Dezember 2013, TOP 5

– Es gilt das gesprochene Wort –
————————————————————————————

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen,
was lange währt, wird gut? Nachdem es nun viele Jahre gedauert hat, bis auch Sachsens Regierungskoalition von ihrer neuen Länderkompetenz Gebrauch machte und ein eigenes Dienst-, Besoldungs- und Versorgungsrecht für den Freistaat schaffen will, hätten wir einiges an Qualität erwartet.
Das Ergebnis jedoch ist uninspiriert und mutlos.
Möglicherweise tun sie es nicht bewusst, aber das macht es nicht besser:
Sie stellen mit diesem Gesetz die Weichen für die nächsten Jahrzehnte falsch.
Die Herausforderungen sind groß. Sachsen steht muss langfristig Fachkräfte für den Staatsdienst an Sachsen binden. Dafür müssen wir ein attraktives Dienstrecht schaffen, das wettbewerbsfähig gegenüber anderen Bundesländern und dem des Bundes ist – gerade in einem Land, das besonders stark vom demografischem Wandel betroffen ist.
Meine Damen und Herren von der Koalition: Sie verspielen die Zukunft des Öffentlichen Dienstes in Sachsen. In den kommenden Jahren wird altersbedingt eine Vielzahl von Landesbediensteten in den Ruhestand gehen. Im nächsten Jahr sind es 1.235 Abgänge, im Jahr 2019 schon über 3.000.
Darunter befinden sich eine Vielzahl von Fachbeamten. Vielfach genannt wurden hier vor allem Beamte im Gesundheitsdienst und in der Arbeitsschutzverwaltung. Mit diesem ideenlosen Gesetz werden Sie ein Problem haben, künftig die Stellen adäquat zu besetzen.
Klar ist: Gerade beim Spezialbeamtentum wird die öffentliche Verwaltung nie mit den Gehältern in der freien Wirtschaft mithalten können. Wie kann man also junge Fachkräfte, gut ausgebildete und qualifizierte BewerberInnen dann für den Öffentlichen Dienst gewinnen? Darauf hätte dieses Gesetz Antworten geben müssen. Diese sind sie hier jedoch weitestgehend schuldig geblieben.
Meine Fraktion hat im Sommer einen Antrag zur Fachkräftegewinnung hier eingebracht, auch um der Koalition noch einmal die Chance zu geben, bei diesem Gesetzentwurf nachzusteuern. Sie haben diesen für nicht notwendig gehalten und abgelehnt. Sie sind in der Sachverständigenanhörung nachdrücklich von mehreren Sachverständigen darauf hingewiesen worden, dass es dem Gesetz an Maßnahmen fehle, um Sachsens Öffentlichen Dienst fit für die Zukunft zu machen.
Was hätte die Staatsregierung stattdessen machen müssen, um Sachsens Öffentlichen Dienst zu stärken?
1. Ein attraktiver öffentlicher Dienst lebt von einer angemessenen Besoldung. Sie hatten angekündigt, mit der Dienstrechtsnovelle zumindest in Teilen das 2010 weggefallene Weihnachtsgeld durch eine entsprechende Erhöhung des Grundgehalts auszugleichen. Sie haben die Grundbesoldungen angepasst – aber nur so weit, dass diese Erhöhung die mittlere Lohnentwicklung im Öffentlichen Dienst in den letzten Jahren ausgleicht. Da kann von einer Kompensation der weggefallenen Jahressonderzahlungen nun keine Rede sein. Sie haben Ihr Versprechen schlichtweg gebrochen.
2. Die Verfestigung des Zulagensystems im Beamtenwesen anstelle einer auskömmlichen Grundbesoldung hätten Sie vermeiden müssen. So richtig z.B. die sogenannte Gitterzulage im Justizvollzugsdienst ist, um zumindest einen kleinen finanziellen Anreiz zu schaffen – den Beamten dort wäre mehr geholfen, wenn Sie den antiquierten einfachen Dienst einfach abschafft und in den ehemaligen mittleren Dienst überführt hätten. Stattdessen versuchen Sie nach wie vor einen grundsätzlichen Fehler in System bei der Gestaltung der Grundbesoldung, durch eine breite Verteilung von Zulagen zu kompensieren. Sie verlagern damit das Problem in die Zukunft. Ein Großteil der Zulagen sind nicht oder nur zu Teilen ruhegehaltfähig, selbst wenn sie jetzt durch die entsprechenden Zulagen zu einem auskömmlichen Gehalt gelangen. Das böse Erwachen kommt dann erst bei der Pensionierung. Das ist Politik zulasten der Beamten im Freistaat. So kommen Sie ihrem Versorgungsauftrag nur auf dem Papier nach.
3. Sie hätten umfassendere Möglichkeiten der Anrechnung von sozialen Diensten, Betreuungs- und Pflegezeiten schaffen können. Es ist vollkommen unverständlich, warum Sie hier hinter der Regelung des Bundesbeamtenbesoldungsgesetzes zurückbleiben. Der Bund geht in Sachen Anerkennung von Zeiten für gesellschaftliches Engagement wesentlich weiter und schließt zum Beispiel auch Entwicklungsdienste und ökologische Jahre ein. Dort ist es selbstverständlich, dass die Kinderbetreuungs- und Pflegezeiten bei der Einordnung in die Stufen berücksichtigt werden. Das wären Möglichkeiten, den Öffentlichen Dienst wirklich attraktiver zu machen. Und sie würden Bedienstete mit sozialer Kompetenz fördern.
4. Sie hätten sich deutlicher zu Personalgewinnungskonzepten und Personalentwicklungskonzepten bekennen müssen. Um Fachkräfte zu fördern, sind insbesondere Personalentwicklungskonzepte innerhalb der Behörden unerlässlich. Mir ist es daher vollkommen unverständlich, warum Sie nun mit fadenscheinigen Begründungen die Mindestzahl von Beamten in einer Behörde heraufsetzen, ab der verpflichtend solche Konzepte zu erstellen sind.
5. Sie hätten den öffentlichen Dienst auch dadurch attraktiver gestalten müssen, dass Sie Stellen künftig grundsätzlich ausschreiben, um auch externen Zugang zu ermöglichen. Sie wissen sehr genau, dass ein erheblicher Teil von frei werdenden Stellen in der Landesverwaltung nicht ausgeschrieben, sondern intern besetzt wird.
6. Maßnahmen zur Erhöhung des Frauenanteils in der Verwaltung, insbesondere in den Führungspositionen wären notwendig gewesen. Da lässt der Gesetzentwurf nun wirklich jeden Ehrgeiz vermissen – gerade bei nicht-monetären Anreizen für Frauen wie der Anrechnung von Familienarbeit.
Ich konstatiere: mit der Dienstrechtsreform versäumen sie vieles Notwendige. In anderen Teilen machen sie sogar eklatante Fehler. Genau dazu werden wir hier heute drei Änderungsanträge einbringen.
Wir in der GRÜNEN Fraktion wollen Teile der ehemaligen Jahressonderzahlung auf das Grundgehalt umlegen, um eine angemessene Grundbesoldung herzustellen. Und wir wollen strikte Regelungen für den Personalgewinnungszuschlag einführen, damit dieser nicht zum Spielgeld einzelner Minister wird, um aus sachfremden Gründen Personal binden zu können.
Und wir wollen ihre skandalöse Regelung zur Unterbindung der rückwirkenden Gleichstellung der Eingetragenen Lebenspartnerschaften in Artikel 30 des Gesetzentwurfes aufheben.
Mehr dazu, wenn ich die Anträge einzeln einbringen werde.
Meine Damen und Herren, bei diesem Gesetzentwurf wäre deutlich mehr drin gewesen. Dazu hätte man sogar in großen Teilen nur die beispielhaften und wegweisenden Regelungen des Bundesgesetzes oder anderer Länder adaptieren müssen. Sachsen fällt mit dieser Dienstrechtsreform im Wettbewerb mit anderen Bundesländern um fähige Köpfe weit zurück. Das ist sehr bedauerlich.

» Alle GRÜNEN Reden finden Sie hier …