Gerstenberg: „Kulturelle Bildung muss aber auch im Auge haben, was in den Museen passiert“

Redebeitrag des Abgeordneten Karl-Heinz Gerstenberg zum Antrag „Freier Eintritt für Kinder und Jugendliche in staatliche Museen“ in der 4. Sitzung des Sächsischen Landtages am 12. November zum TOP 5
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich kann mich heute kurzfassen. Meine Vorredner haben bereits geschildert, welche Bedeutung der freie Eintritt in Museen für die kulturelle Bildung hat. Es ist ein erster und wichtiger Schritt, um unsere Kinder und Jugendlichen am kulturellen Reichtum unseres Landes zu beteiligen.
Mir scheint manchmal, dass dies das einzige kulturpolitische Problem wäre, das wir in Sachsen zu lösen haben, denn wir hatten bereits in der letzten Plenarwoche der vergangenen Legislaturperiode eine Debatte auf Antrag der Linksfraktion. Wir haben heute die Debatte auf Antrag der Koalitionsfraktionen. Wir wissen spätestens seit letzter Woche durch das Interview von Frau von Schorlemer, dass die Dinge bereits am Laufen sind und etwas getan wird. Ich habe aber nichts gegen Schaufensteranträge, wenn es darum geht, wichtige kulturpolitische Fragen wiederholt im Landtag zu erörtern.
Wir werden diesem Antrag zustimmen, so wie wir auch im Juni dem Antrag der Linksfraktion zugestimmt haben, als die CDU noch meinte: Über dieses Stöckchen springen wir nicht.
Wir haben aber dazugelernt. Wir sind heute der Meinung, es darf nur ein erster Schritt in Sachen kulturelle Bildung sein, wenn wir diesen freien Eintritt beschließen. Es ist ein erster Schritt in die Museen hinein. Kulturelle Bildung muss aber auch im Auge haben, was in den Museen passiert. Wie steht es mit der Museumspädagogik? Welche finanziellen Mittel stehen dafür zur Verfügung? Wir sind uns sicherlich darüber einig, dass kulturelle Bildung nicht bei den Museen endet, sondern lassen Sie uns bitte auch an die Musik, die Literatur usw. denken.
Wir haben aber auch in weiteren Punkten weiter als im Juni gedacht. Hierzu kann ich direkt an die Ausführungen von Frau Staatsministerin Stange, – Frau Ex-Staatsministerin Stange anknüpfen, die richtigerweise aus ihrer Erfahrung als Staatsministerin gesagt hat, dass es natürlich eine politische Aufgabe ist zu klären, was mit den Einnahmen passieren soll.
Üblicherweise wird bei den Museen zuerst bei den Honoraren gekürzt, vielleicht an den Honoraren für die Museumspädagogen. Dann würde sich dieser Antrag selbst konterkarieren. Wir sind der Auffassung, es ist eine gewollte und kulturpolitisch wünschenswerte politische Entscheidung, dass dieser freie Eintritt gewährt wird. Damit sind aber auch der Freistaat und damit die Staatsregierung in der politischen Verantwortung, für einen Ausgleich in den Museen zu sorgen.
Wir haben bezüglich der nichtstaatlichen Museen mit Leuten gesprochen. Auch diese vermitteln unser kulturelles Erbe. Für die Museen, die nahe der staatlichen Museumsmetropolen wie Dresden und Leipzig liegen, potenzieren sich die Probleme. Sie befürchten – ich glaube, mit Recht -, dass Schulklassen aufgrund des kostenlosen Eintritts künftig nach Dresden fahren und ihre eigenen sehenswerten Angebote nicht mehr beachten werden, denn die Kommunen können es sich aufgrund ihrer finanziellen Situation in der Regel nicht leisten, kostenlosen Eintritt zu gewähren.
Zum Einnahmeausfall auf der kommunalen Ebene kommt eventuell noch, dass sich der Rückgang der Besucherzahlen auf Zuschüsse aus dem Kulturraum auswirkt. Das alles gilt es zu bedenken. Ich glaube, daran kann auch der Sächsische Landtag nicht so einfach vorbeigehen. Wir haben aus diesem Grund einen Änderungsantrag gestellt, um den guten Antrag der Koalition, dieses gute Anliegen nicht nur zu unterstützen, sondern auch in den Punkten, in denen es noch Defizite gibt, aufzuwerten.
Weiteres dazu im Änderungsantrag.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich will an dieser Stelle gern unseren Änderungsantrag noch einmal kurz erläutern.
Zum ersten hatte ich schon gesprochen. Wenn ich die Äußerungen aus den Fraktionen von CDU und FDP höre, dann gehen sie jetzt nach dem Motto vor: Wir machen das jetzt einfach und die Museen müssen sehen, wie sie mit den Mindereinnahmen zurechtkommen. Das ist bei staatlichen Museen, wo es eine staatliche Verantwortung gibt, eine unverantwortliche Haltung. Wir sind der Überzeugung, dass die Mindereinnahmen ausgeglichen werden müssen. Wir brauchen ein Gesamtpaket, wenn wir diesen wichtigen kulturpolitischen Schritt gehen wollen.
Der zweite Punkt: Wir dürfen nicht bei den staatlichen Museen stehen bleiben. Auch die nichtstaatlichen Museen bieten Hervorragendes bei der Vermittlung unseres kulturellen Erbes. Wir haben hier wirklich ein Metropolenproblem. Die staatlichen Museen liegen in Leipzig und Dresden. Herrnhut hat Sonderprobleme, ßfie lasse ich jetzt einmal aus. Aber die meisten der 400 nichtstaatlichen Museen liegen im ländlichen Raum, also in einem Gebiet, das wir nicht abhängen wollen. Wenn wir jetzt nach Wegen suchen, dass auch in diesen Museen Kinder und Jugendliche kostenfreien Eintritt bekommen, dann werden die jungen Leute im ländlichen Raum nicht benachteiligt werden. Wir schlagen einen Weg vor für den Eintritt von Schulklassen und von Kindertagesstättengruppen.Es ist ein Fonds, der im Kultusministerium anzusiedeln wäre, aus dem dieser Eintritt finanziert wird. Das ist ein Vorschlag, der schon länger diskutiert und gerade von Museumsleuten präferiert wird. Es ist jetzt die Gelegenheit, wenn wir freien Eintritt in die staatlichen Museen einführen, auch diesen Weg für nichtstaatliche Museen und Gruppenbesuche zu öffnen.
Der dritte Punkt ist schließlich ein Prüfauftrag. Es wäre zumindest in dieser Situation zu prüfen, wie wir den Kindern, die nicht mit ihrer Kita oder Schule organisiert ins Museum gehen können oder wollen, den freien Eintritt auch in nichtstaatliche Museen ermöglichen können. Ob das über die Träger oder die Kulturraumförderung erfolgt, wäre in diesem Fall zu klären. Aber zumindest ist der Zeitpunkt für eine solche Prüfung gekommen.  Ich bitte um Zustimmung zu unserem Änderungsantrag.