Hermenau: Solidarpaktmittel – Staatsregierung hat Zukunftsinvestitionen nicht angemessen im Blick – jetzt in Schulhausbau statt Straßenneubau investieren

Redebeitrag der Abgeordneten Antje Hermenau zur Aktuellen Debatte der CDU/FDP-Koalition „Investieren statt Konsumieren – Sachsen verwendet Solidarpaktmittel verantwortungsvoll und zukunftsorientiert“ in der 40. Sitzung des Sächsischen Landtages, 14.09., TOP 1
Es gilt das gesprochene Wort!
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Herr Präsident! Meine Damen und Herren Kollegen!

Herr Michel, es ist sicherlich richtig, den Geldgebern zu danken,das ist keine Frage. Aber der untertänige Tonfall, der ist nicht nötig. Und das hat etwas damit zu tun, wie das Maßstäbegesetz damals verhandelt worden ist, wie also der Finanzausgleich, der Solidarpakt ausgehandelt worden sind. Da wurden die ostdeutschen Länder künstlich über die kommunale Finanzkraft armgerechet. Ich habe dem damals nicht zugestimmt und mir dafür viel Ärger eingehandelt. Untertänigkeit, Unterwürfigkeit sind nicht nötig. Das war eine Vereinbarung zwischen den Bundesländern, egal, welcher Ministerpräsident welcher Couleur sie mit dem Kanzler geschlossen hat. Da kann man sich auch selbstbewusster hinstellen.

Jetzt kommen wir einmal zu dieser Musterschülerhaltung, die ich als außerordentlich devot empfinde, und warum ich das so sehe. Zum einen finde ich es unangemessen, Herr Finanzminister, jetzt einen Buhmann zu suchen, den Sie sich jetzt durch dieses Gezeter und Geschimpfe mit anderen ostdeutschen Bundesländern ausgesucht haben, weil klar ist, dass bereits seit über einem Jahr hinter den Kulissen in Berlin darüber nachgedacht wird, ob man den Korb II des Solidarpaktes opfern muss in den nächsten Jahren oder nicht, weil man finanziell nicht zurande kommt. Da machen Sie jetzt hier ein Pfeifen im Walde auf, stigmatisieren andere und sagen dann: Die sind dran schuld, weil die nicht so mustergültig dem gefolgt sind, was vor zehn Jahren mal ausgetüftelt worden war und was uns ökonomisch nur noch teilweise voranbringt.Das ist keine aktive Politik, das ist passiv und untertänig, und ich finde das falsch.

Die FDP hat nichts anderes zu tun, als in dieser etwas schwierigen Situation auch noch am Soli zu zündeln. Unglaublich, da hat der Wahnsinn nun richtig Methode!

Ich habe sehr wohl gelesen, Herr Flath, dass Sie zu der Auffassung gelangt sind, dass in Deutschland viel mehr Griechenland herrsche als gedacht, und ich habe — wie Sie — in der Tat ein Problem damit, wie in Deutschland in einigen Regionen mit öffentlichem Geld umgegangen wird. Das ist kein Geheimnis, davon rede ich seit sechs Jahren, eigentlich schon länger. Aber die Kommunikation muss man überdenken. Genauso wie Frau Merkel — Herr Schäuble weniger — und andere es geschafft haben, in ganz Europa ein Klima gegen die Deutschen zu erzeugen, weil der Musterschülerauftritt dazu geführt hat, dass keiner mehr zuhören will und alle trotzen, genauso verhält sich diese kommunikative Situation, über die wir gerade sprechen. Die Beschimpfung hat die strategische Rolle Sachsens zum Beispiel bei den Verhandungen zum nächsten Länderfinanzausgleich oder auch zu anderen Fragestellungen, zum Beispiel der Weiterführung des Korb 1 im Solidarpakt nach 2020, beschichgt. Die strategische Rolle, die man hätte einnehmen können auf der Basis einer natürlichen Autorität, die auf guter Finanzpolitik von 20 Jahren beruht, ist beschädigt durch die Art des Auftritts. Und das finde ich hoch bedauerlich.

Da hätte ich mir statt der gespielten Autorität und diesen Fragen der Ehre und sonstigem Gemüse, was da alles so geredet worden ist, gewünscht, dass ganz konkrete strategische Vorschläge kommen, wie man in den nächsten Jahren — und die werden wir in Deutschland gemeinsam meistern müssen und die werden auch nicht leichter zurechtkommt. Da hätte ich mir natürlich gewünscht, dass es einen strategischen Vorstoß zum Länderfinanzausgleich und zum Korb 1 Solidarpakt ab 2020 gibt. Da hätte ich mir natürlich gewünscht, dass man endlich einmal ehrlich darüber spricht, dass eine ganze Reihe der Programme, wie wir das schon in der Haushaltsdebatte im letzten Jahr ausgeführt haben, keine nennenswerten ökonomischen Effekte mehr hat. Diese könnte man ausmustern und dafür eigene Landesprogramme aufsetzen oder die Mittel anderen Zweckbestimmungen zuführen. Da muss man nicht immer dem Chefgeheiß aus Berlin folgen und das auch noch feiern.
Dass der Straßenbau in der Kritik steht, ist nicht neu. Das wissen Sie. Jetzt werden Sie aber in die Zange genommen. Die Bürgermeister haben die Doppik eingeführt. Sie haben einmal ausgerechnet, wie viele der Straßen, die Sie noch bauen wollen oder die gerade im Bau sind, sie erhalten können. Sie kommen dabei nicht hinterher. Die Straßen werden gebaut, aber werden nicht ordnungsgemäß erhalten werden können. Das ist die Lage in Sachsen. So stehen wir da.

Herr Ramsaur ist dem nur gefolgt, als er jetzt deutlich gemacht hat, dass man jetzt die Mittel nicht mehr in den Straßenneubau, sondern in den Erhalt der Straßen stecken sollte, was Herr Schäuble als Bundesfinanzminister bereits im letzten Jahr öffentlich im ‚Handelsblatt‘ dargestellt hat, als er sagte, dass man die öffentlichen Investitionen ach alter Vorstellung auch einmal entzaubern muss. Das machen die Ökonomen im Haus Schäuble. Aber Sie stehen hier und machen den alten Tanz der letzten Jahre ieiter. Das halten Sie auch noch für Pflichterfüllung und zukunftsweisend. Da kommt man wirklich schlecht hinterher.

Ich bin der Meinung — und werde das in der zweiten Runde weiter vertiefen —‚ dass es höchste Zeit ist, dass Sie die Mittel in ein Schulhausbauprogramm stecken. Wir haben ja von ihnen gehört, dass Sie jetzt jede Menge EU-Mittel in den Jahren 2013 und 2014 übrig hätten. Darauf werde ich in einer kurzen Replik noch zu sprechen kommen. Ich glaube, Sie haben Ihre Pflicht im Bereich Bildung und nicht im Bereich Straßenbau.
Ich will das nicht weiter ausdehnen, aber zwei Anmerkungen machen. Erstens. Es war offenkundig, Kollege Zastrow, mit wie viel Neid Kollegen der CDU-Fraktion unseren Haushaltsvorschlag in der letzten Beratung wahrgenommen haben, der auf demselben harten Gelände gespielt hat wie Ihrer, aber deutlich besser war.

Das, was Sie als Mut bezeichnet haben, war kopfloses Treten derer, die sich gegen Sie nicht wehren konnten.

Das versucht jetzt die CDU zu reparieren, indem Sie mehr soziales Gewissen an den Tag legt. Aber ob das greifen wird, wird sich zeigen.

Zweitens: Schulhausbauprogramm. Wenn Sie behaupten, dass wegen der Überlappung der EU-Fördermittelperioden 2013/2014 mehr Geld im Haushalt wäre und es wäre kein Wahlkampfhaushalt, dann erwarte ich von Ihnen, Herr Finanzminister Unland, dass Sie das nachholen, was in den letzten zwei Jahren verloren gegangen ist, nämlich der Anfang, ein ordentliches Schulhausbauprogramm aufzulegen, das genau bis 2019 laufen sollte.
Das Bildungsministerium gibt zu, dass es einen Bedarf von circa einer Milliarde Euro gibt. Die Grauziffer ist höher; das wissen Sie. Sie haben auch noch Zinsersparnisse in diesen Zeiten aufgrund der guten Bonität. Ich erwarte, dass jedes Jahr mindestens 150 Millionen Euro bis 2019 in den Schulhausbau gehen und dass diese Infrastruktur endlich einmal zu ihrem Recht kommt.