Johannes Lichdi: Dresden nimmt den größten Naziaufmarsch von Europa nicht mehr hin – darauf sind wir stolz!

Redeauszüge des Abgeordneten Johannes Lichdi zur Aktuellen Debatte "Friedliches Gedenken in Dresden ermöglichen" in der 32. Sitzung des Sächsischen Landtages, 23.03., TOP 1
Lichdi: Die Menschen haben mit den Mahnwachen, den Gegendemonstrationen sowie den Platzbesetzungen gezeigt, dass sie nicht mehr hinnehmen, dass in Dresden der größte Naziaufmarsch in Europa stattfindet, und ich sage ganz deutlich: Darauf sind wir stolz!
Es gilt das gesprochene Wort!
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Der Titel, den die Koalition gewählt hat, ist ein Titel, der, denke ich, breite Zustimmung in diesem Hause findet. Er lautet: "Friedliches Gedenken in Dresden ermöglichen – Null-Toleranz gegen die Gewalt von Rechts- und Linksextremisten".
Ich denke, dazu gibt es eine Einigkeit, und ich frage mich, warum wir das hier erneut feststellen müssen. Dann blicke ich auf Wortmeldungen, die es dort gegeben hat, und nun habe ich einige Fragen zu der Debatte, die Sie hier führen.
Es ist natürlich richtig, friedliches Gedenken zu ermöglichen; aber ich sage auch: Es ist genauso wichtig, friedlichen Protest in Sicht- und Hörweite zu ermöglichen
und ich hätte mir gewünscht, dass Sie das auch in Ihren Redebeiträgen deutlich gemacht hätten. Es ist eine Selbstverständlichkeit, dass wir Gewalt gegen Polizeibeamtinnen und -beamte ablehnen. Wir bedauern dies sehr und verurteilen es scharf. Kollege Martin Dulig von der SPD hat es richtig angesprochen: Der große Erfolg, den die Dresdner Bürgergesellschaft am 13. und 19. Februar erzielt hat, ist dadurch verdunkelt worden.
Aber, meine Damen und Herren von der Koalition, wir lassen es Ihnen auch nicht durchgehen, wenn Sie diesen Erfolg jetzt überhaupt nicht mehr wahrnehmen wollen, sondern nur eine Debatte über die Gewalt führen, die stattgefunden hat und die wir verurteilen.
In dieser Hinsicht ist es für uns schon sehr erstaunlich gewesen, dass es meine Fraktion und dann später auch DIE LINKE waren, die die Sondersitzung des Innenausschusses und des Verfassungs-, Rechts- und Europaausschusses durchgesetzt, entsprechende Anträge zur Aufklärung gestellt und am letzten Donnerstag sehr genau nachgefragt haben. Und ich finde es schon merkwürdig, um es einmal bei diesem Wort zu belassen, dass Herr Flath von der CDU in seinem Interview davon spricht, dass die fünf Beamten bleibende Schäden davon tragen. Ein Umstand, den jedoch Herr Merbitz und Herr Ulbig auf
Nachfrage meinerseits nicht bestätigen konnten. Da frage ich mich: Wird hier tatsächlich mit dem Leid von Menschen Politik gemacht? Ich hoffe es nicht.
Meine Damen und Herren! Der 13. und der 19. Februar waren sehr große Erfolge der demokratischen Bürgergesellschaft in Dresden.
Die Menschenkette hat mit den Mahnwachen, den Gegendemonstrationen sowie den Platzbesetzungen gezeigt, dass sie nicht mehr hinnimmt, dass in Dresden der größte Naziaufmarsch in Europa stattfindet, und ich sage ganz deutlich: Darauf sind wir stolz! Wir danken ausdrücklich den Auswärtigen aus Deutschland und Europa, die uns geholfen haben, und wir bedanken uns ausdrücklich beim Bündnis "Dresden Nazifrei".
Diese Erfolge, meine Damen und Herren, wurden gegen die Stadtverwaltung Dresden mit Ordnungsbürgermeter Sittel an der Spitze und gegen die Strategie des Polizeipräsidenten Dieter Hanitzsch erzielt. Herr Sittel hat es – wie in den Jahren zuvor – nicht vermocht, klar gegen die Nazis aufzutreten. Er hat sich wieder einmal hinter seiner Rolle als Ordnungsbürgermeister versteckt.
Der Polizeieinsatz, den Herr Hanitzsch geplant hat, wies krasse Fehlertscheidungen und krasse Fehler auf. Ich erinnere an den "Marsch der 2000" von Freital nach Dresden-Plauen. Davon haben wir im Innenausschuss gehört, dass es dort zu Übergriffen gegen Bürgerinnen und Bürger sowie zu Sachbeschädigungen von Pkw durch Nazis kam. Dazu habe ich in der Presse keinerlei Stellungnahmen seitens der Polizei gelesen. Trotzdem hat Herr Hanitzsch das alles in der "SUPERiIIu" – man merke: in der "SUPERiIIu" – als Erfolg gefeiert. Ich glaube, Herr Hanitzsch ist wirklich jenseits von Gut und Böse, und der Staatsminister hat wohl gut daran getan, dass er ihn trotz unseres ausdrücklichen Wunsches nicht in den Innenausschuss mitgenommen hat.
Meine Damen und Herren, ich sage Ihnen ganz klar: Meines Erachtens sind sowohl Herr Sittel als auch Herr Hanitzsch reif für den Rücktritt. Denn worum geht es der CDU und der FDP? Die CDU und die FDP sind am 13. und am
19. Februar mit ihrer Politik gescheitert. Gescheitert ist das Trennungskonzept zum dritten Mal hintereinander an der Wirklichkeit.
Zum dritten Mal haben sich die Dresdnerinnen und Dresdner ihr Recht auf Gegendemonstration, das ihnen Ordnungsbürgermeister Sittel und Polizeipräsident Hanitzsch verweigerten, einfach genommen, und darauf sind wir stolz. Das sächsische Versammlungsrecht der Koalition spielte mal wieder keine Rolle, und, meine Damen und Herren, es waren die Platzbesetzer, die sich nicht nur symbolisch gegen die Nazis wandten, sondern deren Aufmärsche tatsächlich verhinderten.
Genau deshalb rücken Sprecher der CDU und der FDP die Gegendemonstrant(inn)en mal wieder in die Ecke der Gewalttäter. Sie verfolgen damit ein einheitliches Ziel: Sie wollen den Widerstand gegen die Nazis delegitimieren und abwürgen. Sie spüren aber, dass sich die Meinung in  Dresden gewandelt hat und ihre Position nicht mehr zieht. Ich erwähne nur exemplarisch den Aufruf des Kirchentages, der de facto ein Aufruf zur Blockade war.
Meine Damen und Herren! Ich bin mir sehr sicher und ich bin sehr froh darüber, und in diesem Geiste werden wir auch den nächsten 13. Februar bestehen.