Kallenbach: Umweltzonen – Ablehnen senkt noch keine Schadstoffbelastung/ Wo sind ihre Vorschläge?

Ablehnen von Umweltzonen senkt noch keine Schadstoffbelastung – Wo ist ihr Altenativvorschlag? Den ÖPNV haben sie durch radikale Kürzungen grundlegend geschwächt
Redebausteine der Abgeordneten Gisela Kallenbach zur Aktuellen Debatte "Vernunft statt Hysterie bei der Luftreinhaltung" (CDU/FDP), 51. Sitzung des Sächsischen Landtages, 7. März 2012, TOP 2
Es gilt das gesprochene Wort!
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Sehr geehrter Herr Präsident,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
bei der offiziellen Verkündung, der Titel der Aktuellen Debatte würde geändert, haben wir kurz gestutzt und gehofft: Sinneswandel? Neue Erkenntnisse? Sollte sich tatsächlich auch bei den Koalitionsfraktion herumgesprochen haben, dass es bei Umweltzonen eben nicht darum geht, den kleinen Handwerksbetrieb oder gar den gesamten Mittelstand zu ruinieren und den Hartz-IV–Empfänger von individueller Mobilität auszuschließen, sondern schlicht weg um Gesundheitsschutz? Sollten Sie erkannt haben, dass das EU-Umweltschutz-Programm die Ursachen für gesundheitsschädigende Luftverunreinigungen beseitigen will?
Ich erkläre es Ihnen gern noch einmal:
Es geht um die Vermeidung von Dieselruß, Stickoxiden und auch um Feinstaub – alles Luftinhaltsstoffe, die der menschlichen Gesundheit abträglich und daher Grenzwerte einzuhalten sind. Wie das passiert, wird von den jeweiligen Städten im fachlichen Einvernehmen mit den Landesbehörden (hier SMUL bzw. LfULG) entschieden, also mit Einflussnahme der Staatsregierung, werte Kollegen! So auch im Fall Leipzig geschehen.
Erinnern Sie sich eigentlich noch an Ihre Großplakate im Landtags-Wahlkampf 2009: "Mit der FDP in der Landesregierung wird es keine Umweltzone in Leipzig geben"? Haben Sie vor, das nunmehr umzusetzen?
Auch wir Grüne sind nicht zwanghaft für eine Umweltzone, nur: das bloße Ablehnen senkt noch keine Schadstoffbelastung. Und darum geht es, wenn wir seit Jahren fordern, dem Umweltverbund aus Fuß-, Rad- und öffentlichen Verkehr gegenüber dem motorisierten Individualverkehr den Vorrang zu geben.
Das heißt mehr Lebensqualität, weniger Menschen, die frühzeitig sterben, weniger Krankheiten bei Kindern, die in ihrer Nasenhöhe besonders die krebserregenden Dieselrußpartikel oder andere Schadstoffe einatmen, d.h. auch weniger gesellschaftliche Kosten im Gesundheitswesen.
Daher nochmals: Erkenntnisgewinn?! Weit gefehlt! Wo bleiben Ihre Alternativvorschläge? Sie sind in der Regierung. An Ihnen als Regierungskoalition liegt es, die verkehrsbedingte Luftverschmutzung zu beenden bzw. zu mindern. Sie könnten ein ganzes Maßnahmenbündel ergreifen, um z.B. Umweltzonen verzichtbar zu machen.
Mit Ihren radikalen Kürzungen für den Öffentlichen Verkehrs durch Ihren Kollegen Minister Morlok und mit Ihrer Billigung schwächen Sie diesen grundlegend statt ihn zu fördern. Mit Ihrer stiefmütterlichen Behandlung des Rad- und Fußverkehrs inklusive der Kürzung der Haushaltsmittel für den Radverkehr gehen Sie in die völlig falsche Richtung.
Einsatz kann ich bei Verkehrsminister Morlok nur daran erkennen, mit Freude die letzten relevanten Fördermittel der EU (EFRE) für den Bau neuer Staatsstraßen zu verschwenden. Frei nach dem Motto: Nach mir die Sintflut, verbauen Sie an Beton, was noch irgend geht, die ökonomischen, ökologischen und gesellschaftlichen Folgekosten sind Ihnen dabei völlig Schnuppe.
Auch intelligenten Lösungen scheinen Sie sich gern zu verweigern: Unterstützung von CarSharing durch die Staatsregierung? Fehlanzeige, wie wir erst im letzten Plenum bei unserem Antrag erleben durften. Das wirklich einzige Plus was ich ihnen zugestehen kann, ist die aktuelle Einführung von Jobtickets für die Verwaltungsmitarbeiter. Nur mussten wir Sie auch dabei zum Jagen tragen.
Kurzum: Jahrelang wurden und werden alternative Maßnahme zur Umweltzone blockiert und Gesundheitsschutz der Bevölkerung ignoriert. Da hilft nicht diskutieren und debattieren – Handeln ist angesagt oder anders: Vernunft statt Hysterie.
Fragen Sie doch mal beim LfULG oder beim Umweltbundeamt nach, auch wir helfen gerne.