Lichdi: Die Anklage gegen Kollegen Hahn ist Willkür – Aber ihre formalen Spielereien machen wir nicht mit

Die Anklage gegen Kollegen Hahn ist Willkür – Aber ihre formalen Spielereien machen wir nicht mit
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Sehr geehrter Herr Präsident,
liebe Kolleginnen und Kollegen!
dieser Antrag hat, glaube ich, nicht nur meine Fraktion, sondern das gesamte Haus hier überrascht. Deswegen war es, glaube ich, richtig, dass meine Fraktion jetzt nicht in der ersten Wut und auch Verärgerung reagiert hat, sondern noch einmal beraten hat. Aber das Ergebnis ist das gleiche geblieben.
Liebe Freundinnen und liebe Freunde von der Linksfraktion und von der SPD! Wir haben zusammen das Versammlungsgesetz vor dem Verfassungsgericht beklagt und auch gewonnen. Das war eine sehr wichtige Entscheidung für die demokratische Kultur in Sachsen. Wir werden auch das nächste Versammlungsgesetz, das wortgleich ja von der Koalition eingebracht worden ist und durchgesetzt werden wird, auch wieder angreifen und auch wieder kippen.
Natürlich wirft dieses Urteil sehr viele rechtliche Fragen auf: ob jetzt der Paragraf 21 des Landesversammlungsgesetzes oder das Bundesversammlungsgesetz gilt oder ob es überhaupt nicht gilt. Das sind schwerwiegende rechtliche Fragen, die unter den Juristen — soweit ich das beurteilen kann — durchaus sehr umstritten sind.
Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages hat nun seine Meinung kundgetan.
Ich denke, es spricht sehr vieles dafür, was der Wissenschaftliche Dienst hier gesagt hat. Die Frage, die wir uns als Sächsischer Landtag zu stellen haben, ist die: Wer hat über die Frage der Anwendbarkeit welches Gesetzes auch immer zu entscheiden? Da müssen wir schlicht und ergreifend feststellen, das ist nicht der Sächsische Landtag, das sind die unabhängigen Gerichte. Ich sage das auch hier ganz bewusst, weil wir in dieser Frage in den letzten Wochen harte Auseinandersetzungen hatten.
Deswegen ist es meiner Fraktion und mir persönlich sehr wichtig, diese Entscheidung zu treffen.
Sehen wir uns die Aufgabe des Geschäftsordnungs- und Immunitätsausschusses an. Der Geschäftsordnungs- und Immunitätsausschuss hat eine Anklage der Staatsanwaltschaft dann zurückzuweisen, wenn die Arbeitsfähigkeit des Parlamentes infrage steht — das ist hier nicht der Fall — oder wenn die Fraktionen der Meinung sind, dass hier Willkür besteht.
Meine Fraktion hat im Immunitätsausschuss klargemacht, dass wir im Fall der Anklage gegen Kollegen Hahn tatsächlich Willkür erkennen. Das ist ein sehr schwerer Vorwurf und meine Fraktion wird heute Abend auch so entsprechend abstimmen. Aber weil wir dort den geraden und eindeutigen Weg gehen wollen, weil wir eben Willkür erkennen, halten wir dies für ein unzulässiges, untaugliches Ablenkungsmanöver. Deswegen werden wir diesem Antrag nicht zustimmen können.
Ich sage Ihnen noch eines dazu. Ich bin es wirklich allmählich leid, Ihre laufenden Dringlichen Anträge, die offensichtlich nicht dringlich sind, Ihre formalen Spielereien hier im Hause zu ertragen, die Sie immer wieder hier einbringen, um sich in der öffentlichen Wahrnehmung als Vorkämpfer für Recht und Demokratie hier zu gerieren. Ich sage Ihnen ganz offen: Das regt die GRUNEN-Fraktion und auch mich persönlich zunehmend auf.
Ich bitte Sie zur Kenntnis zu nehmen, dass wir hier als GRÜNE eine sehr klare Position haben. Wir werden heute Abend den Antrag ablehnen, aber dieses Spiel machen wir nicht mit.
Vielen Dank.