Michael Weichert: Innovationshemmnisse sächsischer Unternehmen abbauen

Redebeitrag des Abgeordneten Michael Weichert zum Antrag "Innovationshemmnisse sächsischer Unternehmen abbauen – Konsequenzen aus Mittelstandsbericht ziehen", 58. Sitzung des Sächsischen Landtages, 14. Juni 2012, TOP 5

– Es gilt das gesprochene Wort –
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Sehr geehrter Herr Präsident,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

Innovationen steigern die Produktivität. Selbst entwickelte Produkte und Systemlösungen erzielen gegenüber austauschbaren Einzelteilen eine höhere Wertschöpfung, ein höheres Steueraufkommen und auch bessere Arbeitslöhne.
Innovationshemmnisse abbauen, ist daher die Forderung der SPD. Das können hier im Saal sicher alle unterschreiben.

Doch offenbar klemmt leider irgendwo die Säge. Warum sonst werden die Themen Forschung und Entwicklung, Innovation und Technologietransfer bei jeder Gelegenheit heiß diskutiert?

Liebe Kolleginnen und Kollegen der SPD:
Kann es sein, dass Sie selbst nicht so recht wissen, was man tun muss, um die Innovationstätigkeit der sächsischen Wirtschaft anzukurbeln? Allzu oft verlangen Sie in Ihrem Antrag von der Staatsregierung Strategien, ohne selbst konkrete Vorschläge zu machen. Wenn Sie sich die Strategiepapiere aus dem Wirtschaftsministerium genau angesehen hätten, wüssten Sie, dass Sie da lange warten können.

An einigen Stellen enthält der Antrag aber auch Ideen, die wir ausdrücklich begrüßen. So z.B. die Konzentration auf den bestehenden Mittelstand, denn Wirtschaftsförderung ist zu allererst Bestandsförderung. Wenn die sächsischen Unternehmen nicht genug forschen und innovieren, liegt das vor allem an ihrer Kleinteiligkeit. Darum müssen wir ihr Wachstum stärker als bisher fördern und nicht auf die Ansiedlung von sogenannten "Leuchttürmen" warten, die sich nur mit Millionengeschenken locken lassen.

Auch die Forderung nach einer Fachkräftestrategie, die auf einer fundierten Bedarfsanalyse beruht, findet unsere Unterstützung, die wir mit einem eigenen Antrag (Drs. 5/9236) unterstreichen. Wie aus der Großen Anfrage meiner Fraktion zum Thema Arbeit und Arbeitsmarktpolitik im Freistaat Sachsen (Drs. 5/6325) hervorgeht, fehlen der Staatsregierung sämtliche Informationen zum Fachkräftebedarf nach Branchen, nach Regionen, nach Unternehmensgröße und Qualifikationsniveau der gesuchten ArbeitnehmerInnen.

Ohne dieses Wissen aber ist es unmöglich, sinnvolle Maßnahmen zur Fachkräftesicherung zu entwickeln. Das wird deutlich, wenn man einen Blick in die – mit Verlaub – lächerliche Fachkräftestrategie des Wirtschaftsministeriums wirft.
Auf sagenhaften neun Textseiten stehen da ein paar Allgemeinplätze, flankiert von einer Anlage, in der sich einige Tabellen mit einer willkürlichen Aneinanderreihung von Einzelmaßnahmen tummeln.

Apropos fehlende Strategie: Beim Lesen der Stellungnahme der Staatsregierung zum vorliegenden Antrag ist mir aufgefallen, dass die zentralen Maßnahmen des Wirtschaftsministeriums Gesprächsrunden sind. Besagt nicht ein gern benutztes Vorurteil, die Opposition würde lieber nur palavern, anstatt zu handeln?

Ich muss das an dieser Stelle korrigieren, bei uns in Sachsen konzentrieren sich Koalition und Staatsregierung aufs Reden, und zwar über Dinge, von denen sie nicht viel zu verstehen scheinen.

Welchen Sinn macht es, einen Innovationsgipfel mit 300 Teilnehmern zu inszenieren? Innovationen brauchen eine Forschungs- und Technologiepolitik, die Unternehmen möglichst individuell und maßgeschneidert unterstützt. Fachkräfteforen sind so wirkungsvoll wie Eierschecke, wenn sie nicht in ein Gesamtkonzept eingebunden sind. Und das kann ich nirgends entdecken.

Nirgends entdecken kann ich außerdem die Bereitschaft der Staatsregierung, die Einführung der sogenannten Regionalbudgets vorzubereiten und einzuführen, obwohl das im Koalitionsvertrag steht.

Zum Schluss möchte ich auf Punkt II.5 des Antrages eingehen. "Umweltschonende Produkte, Produktionsweisen und Dienstleistungen" sollen zum Markenkern der sächsischen Wirtschaft werden, meint die Antragstellerin.

Vielleicht kann die SPD auch erklären, wie sie das mit ihrem Braunkohlelobbyismus bewerkstelligen will? Produkte, die mittels Kohlestrom produziert werden, sind per se nicht umweltschonend. Sie sollten sich intern klar werden, was Sie eigentlich wollen. Erst danach lassen sich solche Forderungen glaubwürdig vertreten. Mir fehlen an dieser Stelle auch konkrete Vorschläge, z.B. zur energetischen Gebäudesanierung. Von der Staatsregierung wird nichts kommen, denn Minister Morlok ist der Meinung, Sachsen sei vorbildlich.

Dabei geht der Freistaat mit schlechtem Beispiel voran.
Von seinen 5.200 Liegenschaften hat er in den Jahren 2007 bis 2010 nur 110 Gebäude saniert. Dies ergibt eine Sanierungsquote von nicht einmal 0,6 Prozent pro Jahr. Die EU-Kommission hat eine verpflichtende jährliche Sanierungsquote für Gebäude von öffentlichen Einrichtungen von drei Prozent vorgeschlagen.

Die energetische Gebäudesanierung und die Umrüstung von Heizungsanlagen kostet natürlich Geld. Aber ökologische Investitionen zahlen sich aus. Jeder Euro staatlicher Förderung löst private Investitionen von 7 bis 8 Euro aus. Deshalb wollen wir, dass Kredite aus dem KfW-CO2-Gebäudesanierungsprogramm mit einer Zuschussförderung flankiert werden. Aufgrund der finanziellen Situation vieler Hausbesitzer und Wohnungsgesellschaften ist die Aufnahme von Krediten allein kein geeigneter Weg, sie für Investitionen zu gewinnen.

Sie sehen, man muss an dieser Stelle einfach konkreter werden, sonst bewegt sich nichts. Dem Antrag der SPD fehlt es an eigenen Ideen, das Anliegen ist dennoch unsere Zustimmung wert.