Miro Jennerjahn: Wir wollen eine Verpflichtung des Petitionsausschusses, bei Sammel- und Massenpetitionen eine öffentliche Anhörung durchzuführen

Redebeitrag des Abgeordneten Miro Jennerjahn zum Gesetzentwurf der GRÜNEN-Fraktion "Gesetz zur Stärkung des Rechts der Bürgerinnen und Bürger im Petitionsverfahren", 90. Sitzung des Sächsischen Landtages, 29. Januar 2014, TOP 4

– Es gilt das gesprochene Wort –
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Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen,
mit dem vorliegenden Gesetzentwurf wollen wir eine Verpflichtung des Petitionsausschusses schaffen, bei Sammel- und Massenpetitionen, bei denen ein besonders großes öffentliches Interesse nachgewiesen wird, eine öffentliche Anhörung durchzuführen. Das öffentliche Interesse sehen wir als gegeben an, wenn sich mindestens 2.500 Menschen einer solchen Petition anschließen.
Da wir uns in der zweiten Lesung befinden und die Ausschussberatungen hinter uns haben, ist klar, dass die Koalition diesen Gesetzentwurf ablehnen wird. Nun gibt es manchmal gute Gründe einen Gesetzentwurf abzulehnen und bisweilen gibt es Gründe, die deutlich machen, dass die Ablehnung aus Prinzip erfolgt, weil der Vorschlag aus der Opposition stammt.
Wenn ich mir ansehe, welche Argumente von CDU und FDP gegen unseren Vorschlag in die Diskussion gebracht wurden, haben wir es ganz klar mit der zweiten Variante zu tun: Ablehnung aus Prinzip.
Aber was waren nun die "Argumente", die "gegen" unseren Gesetzesentwurf sprechen? Im Wesentlichen handelt es sich um vier Einwände:
1. Der Gesetzentwurf ist überflüssig, weil die Begriffe Sammel- und Massenpetition nicht im Gesetz definiert werden müssen, da sie in den Grundlagen des Petitionsausschusses festgehalten sind.
2. Der Gesetzentwurf ist voreilig, da es eine interfraktionelle Arbeitsgruppe zur Reform des Petitionswesens gebe.
3. Das Gesetz ist unnötig, da der Ausschuss auch jetzt schon Anhörungen durchführen könne.
4. Die Zahl der benötigten Unterstützungsunterschriften ist "gegriffen" und die Koalition kann sich nicht einfach so auf eine konkrete Zahl festlegen.
All diese "Argumente" lassen sich leicht entkräften.
Bisher tauchten die Begriffe Sammel- und Massenpetition im Petitionsgesetz nicht auf. Durch unseren Vorschlag finden sie nun Eingang in das Gesetz, indem Sammel- und Massenpetitionen mit großem öffentlichen Interesse aufgewertet werden. Und wenn beide Bezeichnungen Eingang in das Gesetz finden, ist es auch nötig, sie hinreichend im Gesetzestext zu definieren. Da reichen die Grundlagen des Petitionsausschusses unseres Erachtens nicht mehr aus.
Zum zweiten Argument: Ja, es hatte – ich betone, hatte, das ist Vergangenheit – eine interfraktionelle Arbeitsgruppe gegeben. Die hat sogar mal die Vorschläge aller demokratischen Fraktionen zusammen getragen. Anschließend hat sie nicht mehr getagt und auch wiederholtes Nachfragen hat nicht zu weiteren Treffen geführt. Aber: Frau Jonas hat die Arbeitsgruppe ja vor zwei Jahren de facto für tot erklärt, indem sie hier im Plenum sagte, dass CDU und FDP gemeinsam an der Reformierung des Petitionswesens arbeiten würden. Von der interfraktionellen Arbeitsgruppe war da schon keine Rede mehr, geschweige denn, dass wir mal tatsächlich abstimmungsreife Vorschläge der Koalition vorgelegt bekommen hätten.
Ja, der Petitionsausschuss kann schon jetzt Anhörungen durchführen, aber es liegt ausschließlich im Ermessen des Ausschusses, ob er von diesem Instrument Gebrauch macht. Mit unserem Gesetzentwurf wird eine grundsätzliche Pflicht des Ausschusses auf Anhörung von Sammel- und Massenpetitionen mit mindestens 2.500 Unterstützern eingeführt. Ich denke, der qualitative Unterschied zwischen beiden Gesetzesnormen ist offensichtlich.
Und viertens schließlich: Die Koalition könne sich nicht so schnell auf eine konkrete Zahl an Unterschriften festlegen. Nun, der Gesetzesentwurf wurde von uns am 3. Mai 2013 eingereicht und in erster Lesung am 16. Mai 2013 hier im Sächsischen Landtag behandelt. Auch wenn die Fraktionsmühlen bisweilen langsam mahlen: Acht Monate sollten eigentlich ausreichen, sich Gedanken zu diesem Thema zu machen.
Mit Verwunderung nehme ich dann auch zur Kenntnis, Frau Jonas, wenn Sie in der gestrigen Ausgabe der Sächsischen Zeitung mit den Worten wiedergegeben werden, man könnte ja Petitionen mit mehr als 50 Unterschriften auf Wunsch ein Anhörungsrecht einräumen. Ja, was denn nun? Sind Sie gegen ein Anhörungsrecht oder dafür? Wenn ich mir den Werdegang der Diskussion so anschaue, befürchte ich allerdings, dass ihre gestrige Äußerung nicht viel mehr als ein medienwirksamer Papiertiger bleiben wird.
Abschließend bleibt mir nur noch der Verweis auf unseren Änderungsantrag, mit dem wir einen redaktionellen Fehler in unserem Gesetzentwurf heilen. Und natürlich möchte ich – entgegen meiner nunmehr über vierjährigen Erfahrung hier im Sächsischen Landtag – meiner Hoffnung Ausdruck verleihen, dass Sie sich möglicherweise doch noch überwinden und unserem Vorschlag zustimmen, im Interesse der Bürgerinnen und Bürger.
Vielen Dank.

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