70.000-Euro-Pauschale an Kommunen ist nicht mehr als eine Geste

Rede der Abgeordneten Franziska Schubert zur 2. Beratung des Gesetzentwurfs der Staatsregierung: "Gesetz über die Gewährung pauschaler Zuweisungen zur Stärkung des ländlichen Raumes im Freistaat Sachsen in den Jahren 2018 bis 2020" (Drs. 6/13039)
72. Sitzung des Sächsischen Landtags, 30. Mai, TOP 5

– Es gilt das gesprochene Wort –

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren,
der vorliegende Gesetzentwurf ist nicht der große Wurf. Die 70.000-Euro-Pauschale ist nicht mehr als eine Geste, die sich unterschiedlich auswirken wird in den kommunalen Haushalten.
Es gab zum Gesetzentwurf Rückmeldungen aus den Sächsischen Städten und Gemeinden. Und siehe da: die Staatsregierung hat diese aufgegriffen. So ist sie z.B. abgerückt von der anfänglich für einen Teil des Geldes angedachten Zweckbindung; das ist durchaus erfreulich.
Offensichtlich konnte mit den Kommunen geklärt werden, dass es hilfreicher ist, wenn die Pauschale ohne Auflagen zur Verfügung gestellt wird. Und mit dieser Regelung – in Form einer Pauschale – hat die Staatsregierung den Gesetzentwurf an den Landtag überwiesen. Und dem Gesetzentwurf der Staatsregierung in seiner ursprünglichen Form hätten wir GRÜNE auch durchaus zustimmen können.
Hat die Staatsregierung aber diesmal keinen größeren Schaden angerichtet, kommen die Regierungsfraktionen daher und stempeln noch schnell das seit Jahren kultivierte Misstrauen gegenüber den Kommunen in den Gesetzentwurf. Mit genau einem Absatz machen sie deutlich, wie sehr sie den Kommunen misstrauen. Erneut musste das Gängelband herausgeholt werden, um bei den Kommunen ja nicht zu lange den Eindruck zu erzeugen, man hätte verstanden.
Fünf Forderungen stehen jetzt im Gesetzentwurf, nachdem CDU und SPD daran herumgepfuscht haben:
1. Die Mittel sollen bis zum 31. Dezember 2021 verausgabt sein.
2. Die Mittel sollen in das kommende Jahr übertragbar sein (bis 2021).
3. Über die Mittelvergabe entscheidet der Gemeinderat.
4. Bis zum 31. Dezember eines Jahres sind die Beschlüsse zur Verwendung über das Landratsamt an das Staatsministerium für Finanzen zu übermitteln.
5. Bis zum 30. April des Folgejahres ist dem Haushalts- und Finanzausschuss zu berichten.
All diese Punkte braucht es schlichtweg nicht.
Einen dieser Punkte will ich aber herausgreifen, da er gänzlich mehrwertfrei ist:
Bis zum 31. Dezember eines Jahres sollen die Beschlüsse zur Verwendung über die Landratsämter an das Staatsministerium für Finanzen übermittelt werden.
Es braucht noch nicht mal Kenntnis von der Materie; das unterstelle ich ja den Regierungsfraktionen manchmal ja schon gar nicht mehr. Es hätte ausgereicht, mit den Betroffenen – sprich, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Finanzministerium und in den Kommunen zu reden, welche Konsequenzen diese Forderungen ganz praktisch im Arbeitsalltag haben.
Spannend stelle ich mir vor, wie die Beschlüsse im Ministerium eintreffen und das zuständige Fachreferat zur Bearbeitung erreichen. Laut Regierungskoalition sollen ja dann die Beschlüsse in einer Tabelle aufgelistet werden. Ich vermute, dass das dann auch im Ministerium erfolgen soll?
Also braucht es jemanden, der sich dieser Aufgabe annimmt und die Beschlüsse sichtet, einen Vorgang anlegt, diesen ablegt und pflegt. Jetzt kommt es darauf an, wie umfangreich die Beschlüsse sind, aber mit einer guten Sachbearbeitung wird es pro Beschluss vielleicht 10 Minuten dauern. Bei 10 Minuten und sagen wir mindestens 420 Beschlüssen sind das etwa 70 Arbeitsstunden. Das lässt sich jetzt schön hochrechnen: Wenn es verschiedene Beschlüsse pro Kommune sind, sagen wir 3 bis 5, oder Änderungen angezeigt werden, wird es mit dem Report gegenüber dem Haushalts- und Finanzausschuss dann langsam eng.
Hierzu hat die SPD-Fraktion im Ausschuss ausgeführt, dass es sich bei dem Report lediglich um eine Auflistung der Beschlüsse handeln soll – als Exceltabelle. Der Mehrwert einer solchen Tabelle mit dreimal (für 3 Jahre ist die pauschale Zuweisung angedacht) mindestens 420 Datensätzen erschließt sich mir nicht. Das konnte von den Regierungsfraktionen im Ausschuss auch nicht erklärt werden. Somit ist es vor allem eine Beschäftigungsmaßnahme.
Mich würde schon interessieren, ob aus Unwissenheit oder mit Plan das Fachreferat im Finanzministerium lahmgelegt wird?
Sollte das Finanzministerium freie Ressourcen haben, wovon CDU und SPD offenbar ausgehen, dann sollten wir diese sinnvoll nutzen. Ich kann mich nur wiederholen: Das Sächsische Finanzausgleichsgesetz gehört auf den Prüfstand. Das ist die eigentliche Stellschraube, um Sachsens Städte und Kommunen langfristig und ernsthaft zu unterstützen. 
Wir enthalten uns zum Gesetzentwurf, weil wir die Punkte, welche die Regierungskoalition hineinformuliert hat, als sinnfrei erachten.  

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