AfD-Antrag „Bankenunion in Europa abschaffen“ – Schubert: Uns GRÜNEN ist wichtig, dass die Banken für ihre Entscheidungen finanziell verantwortlich sind und nicht die Steuerzahlenden! Der AfD ist das offensichtlich nicht wichtig.
Rede der Abgeordneten Franziska Schubert zum Antrag der Fraktion AfD zum Thema: "Bankenunion in Europa abschaffen"
57. Sitzung des Sächsischen Landtags, 22. Juni, TOP 10, Drs 6/9763
– Es gilt das gesprochene Wort –
Sehr geehrte/r Frau/Herr Präsident/in,
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
die Bankenunion ist eine wichtige Konsequenz aus der Finanzmarktkrise von 2008. Ihr Ziel ist es, zu verhindern, dass Banken, die in Schieflage geraten sind, auf Kosten der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler gerettet werden müssen. Damit wurde der bisherige Automatismus zwischen der Schieflage einer Bank und deren Rettung mit Steuergeldern durchbrochen. Wenn eine Bank so hohe Verluste macht, dass sie die vorgeschriebenen Eigenkapitalquoten unterschreitet oder nicht mehr über genug Geld (Liquidität) verfügt, um Sparern ihre Guthaben auszuzahlen, kann sie jetzt abgewickelt werden. Dafür kommen dann aber nicht mehr die Steuerzahlenden auf, sondern die Banken selbst sowie deren Eigentümer und Gläubiger (das sog. Bail-in).
Der AfD-Antrag kommt wieder einmal wie der einäugige Rächer mit dem Verschwörungspfeil daher und holt wie das tapfere Schneiderlein zur Generalabrechnung aus. Aber das erlegte eben auch nur Fliegen.
Der erste Pfeil wird an den 1. Pfeiler der Bankenunion geschossen – das ist der einheitliche Bankenaufsichtsmechanismus (Single Supervisory Mechanism), der die Großbanken der Eurozone seit November 2014 unter die gemeinsame Aufsicht der Europäischen Zentralbank (EZB) stellt. Das findet die AfD doof. Die Bankenaufseher bei der EZB überwachen im Rahmen der Bankenunion die 125 größten Kreditinstitute in Europa. Die AfD will mit ihrem Antrag >>die Beendigung der Bankenaufsicht durch die Europäische Zentralbank (EZB) und die Rückübertragung dieser auf die nationalen Aufsichtsbehörden.<< Sie schreibt in ihrer Begründung, warum sie das nicht mehr will und verweist auf einen vermeintlichen Interessenkonflikt. Das ist krude, denn die Bankenunion wurde 2012 ins Leben gerufen aufgrund der Erfahrungen aus der Finanz- und Euro-Schuldenkrise, nämlich als nationale Bankenpleiten grenzüberschreitend Schaden anrichteten. Nationale Probleme haben in die Finanzkrise geführt. Eine europäische Aufsicht war und ist daher für diese Aufgabe grundsätzlich geeigneter, um die Risiken in den Banken zu überblicken, Handlungsbedarfe rechtzeitig zu erkennen und zielstrebig einzugreifen. Außerdem wurde mit der Bankenunion sichergestellt, dass nationale Aufsichten landeseigene Banken eben nicht schonen. Es ist die nationale Lösung, die befangen ist, nicht die europäische. Die AfD liegt also falsch mit dieser Aussage.
Der 2. Pfeiler ist der einheitliche Bankenabwicklungsmechanismus (Single Resolution Mechanism) zur Abwicklung und Restrukturierung notleidender Großbanken durch eine zentrale Abwicklungsbehörde. Hier schießt die AfD direkt nach Südeuropa. Aber gucken wir uns doch mal an, welche Länder von der Krise 2008 durch Pleitebanken betroffen waren: Großbritannien, Belgien, Luxemburg, Frankreich, Island, die USA, Dänemark oder die IKB Mittelstandsbank Deutschland – ich fordere Sie also auf, Ihren Finanzrassismus zu unterlassen.
Als mögliche 3. Säule wird in der EU über eine europäische Einlagensicherung diskutiert. Die AfD fordert in ihrem Antrag, dass sich Sachsen in Bundesrat und Bundestag für eine >>generelle Ablehnung der gemeinsamen Einlagensicherung in Europa einsetzen soll.<< Dazu hat sich die jetzige Bundesregierung schon mehrfach positioniert; ich denke, da wird es auch keinen Kurswechsel geben, solange Schäuble im Spiel ist.
Die AfD behauptet in ihrem Antrag weiterhin, dass Bankenpleiten in Europa eine länderinterne Angelegenheit sind. Das ist sicher dem grundsätzlichen AfD-Bedürfnis geschuldet, Dinge und Sachverhalte so zu vereinfachen, dass sie inhaltlich zwar falsch sind, sich dafür aber gut zur Stimmungsmache eignen.
Das entspricht nicht dem Ansatz, den wir GRÜNEN verfolgen. Wir GRÜNE wollen ein koordiniertes Vorgehen gegen den wachsenden Schattenbankensektor, eine bessere Überwachung makroökonomischer Risiken, die Durchsetzung des Anlegerschutzes für Privatanleger sowie ein verschlanktes Bankmeldewesen. Uns GRÜNEN ist wichtig, dass die Banken für ihre Entscheidungen finanziell verantwortlich sind und nicht die Steuerzahlenden! Der AfD ist das offensichtlich nicht wichtig.
Wir finden es richtig und wichtig, dass die Stabilisierung von Banken auf Kosten der Allgemeinheit ein Ende hat und lehnen die direkte Bankenrekapitalisierung, wie die AfD sie blauäugig fordert, deutlich ab. Sie ist im Übrigen schon möglich, trotz Bankenunion, aber geschenkt! (Die direkte Bankenrekapitalisierung kann es nur auf Basis der bestehenden vertraglichen Regelungen geben. Das heißt, es muss ein Antrag eines Mitgliedstaates vorliegen. Und die Gewährung der Mittel erfolgt unter strikten Auflagen. Eine direkte Rekapitalisierung durch den ESM darf es außerdem nur nach einer umfassenden Beteiligung von Anteilseignern und Gläubigern geben.)
Die Bankenunion kann gute Ergebnisse vorweisen. Durch die zusätzlichen Berichtspflichten sind die Aktivitäten der Marktteilnehmer transparenter geworden; des Weiteren wurden neue Regeln eingeführt, welche die Steuerzahlenden vor den Kosten möglicher Bankausfälle schützen. Es ist noch nicht alles da, wo es hinsoll, aber die rechtlichen Grundlagen sind gelegt: statt Banken mit Steuergeldern zu retten, müssen sie in Zukunft unter Haftung der Gläubiger abgewickelt werden. Und die Bankenunion ist ein geeigneter Mechanismus dafür. Wir lehnen den Antrag ab.
» alle Redebeiträge der GRÜNEN-Fraktion
» alle Infos zur 56./57. Landtagssitzung