AfD-Antrag zum Petitionswesen – Lippold: Antrag produziert lediglich weitere Papierstapel statt Probleme zu lösen
Redebeitrag der Abgeordneten Gerd Lippold zum Antrag der Fraktion AfD zum Thema:
"Demokratie stärken – Bitten & Beschwerden der Bürger zur Kenntnis nehmen und behandeln" (Drs 6/14430), 27. September, TOP 10
– Es gilt das gesprochene Wort –
Sehr geehrter Herr Präsident,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
es ist schon wirklich schräg, meine Damen und Herren. Da kommt ein Antrag als einfacher Berichtsantrag daher. Und wenn man ihn ein-, zweimal durchliest, dann erzeugt er ein Bild. Ja, Sie malen mit Ihrem Antrag ein Bild, meine Damen und Herren von der AfD.
Und – alles andere wäre ja auch sehr überraschend – es ist natürlich genau jenes Bild, dass Sie schablonenhaft immer wieder von unserer parlamentarischen Demokratie zeichnen.
Es ist Ihr krudes Bild eines Systems von irgendwelchen Altparteien und politischen Eliten, die angeblich jeglichen Kontakt nach draußen verloren haben. Sich selbst sehen sich natürlich außerhalb dieses Systems. Und Sie nehmen für Sich in Anspruch, gewissermaßen die personifizierte Verkörperung eines Volkswillens darzustellen.
Und weil dieser Volkswille zwar bestehe, aber aus irgendeinem Grunde im Landtag nicht ankäme, müsse man nun zunächst mal all das sammeln und systematisieren was bei allen Organen, Behörden und sonstigen staatlichen Stellen an vielfältigsten Bitten und Beschwerden eingeht.
Meine Damen und Herren von der AfD, was mich an diesem Bild am meisten stört ist, was Sie all den Kolleginnen und Kollegen hier im Sächsischen Landtag damit unterstellen.
Der Landtag besteht aus gewählten Abgeordneten, die alle einen Wahlkreis haben. Ich weiß ja nicht, wie SIE ihre Abgeordnetenrolle sehen und ob Sie sich lediglich in ihrer eigenen Filterblase aufhalten – ich jedenfalls habe ständig Kontakt zu einem breiten Querschnitt von Menschen mit einem ebenso breiten Querschnitt von Interessen, Fragen und Problemen und ich bin mir sicher, dass es allen hier so geht.
Und was ich bei diesen Kontakten erfahre, das nehme ich ganz selbstverständlich mit in meine Fraktion und letztlich auch ins Parlament – ob sich das nun in einer Kleinen Anfrage niederschlägt, in einem Fachgespräch, einem Veranstaltungsangebot oder auch einer parlamentarischen Initiative.
Man nennt das parlamentarische Demokratie. In der müssen auch Sie irgendwann mal ankommen, meine Damen und Herren von der AfD.
Wenn man nämlich gute Abgeordnetenarbeit macht, meine Damen und Herren von der AfD, dann muss man nicht landesweit die gesamte Staatsverwaltung lahm legen, in dem man sie nötigt, alle halben Jahre sämtliche Eingaben von Bürgerinnen und Bürgern auszuwerten und einem Bericht zuzuführen.
Und auch für die Abgeordnetenarbeit enthält die parlamentarische Demokratie einen Regelmechanismus. Wer nämlich keine gute Abgeordnetenarbeit macht, wird nicht lange Abgeordnete oder Abgeordneter bleiben.
Soviel zu grundsätzlichen Bemerkungen zu Ihrem Antrag.
Er ist aber auch widersprüchlich:
Laut Überschrift sollen Bitten und Beschwerden der Bürger zur Kenntnis genommen und behandelt werden. Sie fordern also, dass die sächsische Verfassung eingehalten wird. Da steht in Artikel 35: "Jede Person hat das Recht, sich […] mit Bitten und Beschwerden an die zuständigen Stellen und an die Volksvertretung zu wenden. Es besteht Anspruch auf begründeten Bescheid in angemessener Frist"
Um einen begründeten Bescheid erlassen zu können, MUSS das Anliegen erst mal zur Kenntnis genommen und behandelt werden. Das ist im System schon so angelegt, da braucht es nun wirklich nicht noch einen AfD-Antrag.
Der Landtag soll künftig zwei Berichte erstellen. Den jährlichen Petitionsbericht und den halbjährlichen Bericht zu Administrativpetitionen. Wir meinen: die Zeit, die er da darauf verwenden würde, weitere Papierstapel zu produzieren, sollten wir alle nutzen, die Arbeit zu machen, für die wir gewählt sind: gesetzgeberisch arbeiten, stets an aktuellen Themen dranbleiben, die Staatsregierung kontrollieren, Probleme lösen.
Ihr Antrag trägt aus unserer Sicht dazu nicht bei. Wir werden ihn ablehnen.