Allgemeine Erklärung der Menschenrechte – Lippmann: Die Regierung sollte darauf achten, dass ihre Politik gegenüber Schutzsuchenden keine rassistischen Stereotype stärkt
Redebeitrag der Abgeordneten Katja Meier zum Antrag der Fraktion DIE LINKE zum Thema:
"‘Alle Menschen sind gleich und frei an Würde und Rechten geboren.‘ – Bekenntnis zum Schutz, zur Wahrung und zur Verwirklichung der unveräußerlichen Menschenrechte anlässlich des 70. Jahrestages der Verabschiedung der ‘Allgemeinen Erklärung der Menschrechte‘" (Drs 6/14582), 27. September, TOP 9
– Es gilt das gesprochene Wort –
Sehr geehrter Herr Präsident,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
die Vorstellung, dass Menschen unveräußerliche und unteilbare Menschenrechte haben, ist eine der wirkmächtigsten Überlegungen der Geschichte. Der Kampf um ihre Verwirklichung im Kampf gegen Barbarei und Unterdrückung war das Ziel vieler Revolutionen.
Bereits die berühmte Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte der Französischen Revolution enthielt die klare Feststellung >>Die Menschen werden frei und gleich an Rechten geboren und bleiben es.<<
Auch die erste Deutsche Verfassung von 1848, die nie verwirklicht wurde, enthielt eine erhebliche Zahl der Rechte, die wir heute in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte finden.
Vor nunmehr 70 Jahren wurden, die in vielen Ländern der Welt, mit Blut erkämpften Menschenrechte in Anbetracht des noch viel größeren barbarischen Zivilisationsbruchs der Gräueltaten des Nationalsozialismus als Völkerrecht kodifiziert. Die Allgemeine Erklärung der Menschrechte gilt seit dem als Mutter aller menschenrechtlichen Konventionen.
Daran zu erinnern und ins Bewusstsein zu rufen, dass diese Menschenrechte keine Selbstverständlichkeit sondern ein sehr verletzliches Gut sind und täglich aufs Neue verteidigt werden müssen, ist auch Aufgabe des Landtages als Verfassungsorgan. Von daher begrüßen wir die mit dem Antrag vorgenommene Würdigung der ‚Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte (AEMR)‘ anlässlich des 70. Jahrestages.
Wenn in diesem Land aber Menschen aufgrund ihrer Herkunft, ihrer Religion oder politischen Einstellungen, beleidigt, bedroht oder gar angegriffen werden, zeigt dies, dass wir auch in einem Land Handlungsbedarf haben, dass sich zurecht rühmt diesbezüglich eine fortschrittliche Verfassung zu haben. Aber eine Verfassung allein reicht nicht, wenn es in ihrer tagtäglichen Umsetzung Probleme gibt.
Aktuell läuft das Überprüfungsverfahren zu Deutschland vor dem Menschenrechtsausschuss in Genf (Universal Periodic Review (UPR)). Die letzte Überprüfung war 2013. Bereits damals wurde der Umgang in Deutschland mit Migrantinnen, Minderheiten und der Schutz vor Rassismus kritisiert. Die GRÜNEN hatten daher bereits 2017 mit einer Anfrage nachgehakt und den Einsatz der Bundesregierung für Menschenrechte als mittelmäßig kritisiert. Der Menschenrechtsrat hat bei Überprüfung Deutschland u.a. aufgefordert, stärker gegen Rassismus, Fremdenhass und Intoleranz vorzugehen. Auch die Menschenrechtsbeauftragte des Bundes Bärbel Kofler räumte ein Rassismus-Problem in Deutschland ein.
Das Deutsche Institut für Menschenrechte forderte am 21.09.2018 die Bundesregierung auf, dass dem Bekenntnis zur Bekämpfung von Rassismus nun Taten folgen müssen. Alle politisch Verantwortlichen müssen sich klar gegen rassistischen Hass und rassistische Gewalt positionieren und dürfen Rassismus nicht herunterspielen. Die Regierung sollte zudem darauf achten, dass ihre Politik gegenüber Schutzsuchenden keine rassistischen Stereotype stärkt.
Das erwarte ich auch von der Sächsischen Staatsregierung. Es braucht ein klares und tagtägliches Einstehen gegen Rassismus und Menschenfeindlichkeit – bei manchen Äußerungen der Staatsregierung der vergangenen Monate habe ich erhebliche Zweifel, ob das jedem klar ist.
Da darf es auch kein Wegducken und Verweise auf die Bundesebene geben. Wenn das Staatsministerium für Justiz in seiner Stellungnahme auf die regelmäßigen Berichte zur Einhaltung der Verpflichtungen aus den Menschenrechtsabkommen in Deutschland hinweist, hat es Recht, die gibt es – aber das hindert die sächsische Staatsregierung nicht daran, für Sachsen die Situation der Menschenrechte zu überprüfen. Anlass gibt es mehr als genug!
Der UN-Hochkommissar für Menschenrechte, Seid bin Ra’ad Seid Al-Hussein, verurteilte jüngst scharf die Gewalt in Chemnitz. Er kritisiert Angriffe rechter Demonstranten auf ausländische Passanten und fordert eine mutige und klare Gegenwehr der politischen Akteure: Es ist unabdingbar, dass Politikerinnen und Politiker dies verurteilen. Wir brauchen eine Konzentration von Stimmen dieser Sache – für Menschlichkeit und Menschenrechte!
Spätestens nach Vorfällen wie Chemnitz ist es wichtig sich als Landesregierung zu den Menschenrechten zu bekennen und Verletzungen auch zu benennen. Ein Bericht für Sachsen kann da ein Anfang sein!