Antrag zu Glyphosat-Ausstiegstrategie – Günther: Eine Ausstiegsstrategie bedeutet ein großer Gewinn für die Umwelt, mehr Gewinn für die Landwirtschaft und weniger für die Chemieindustrie!

Redebausteine des Abgeordneten Wolfram Günther zum Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:
"Glyphosat – Sachsens Landwirte jetzt beim Ausstieg unterstützen und Chance für eine generelle Pestizidreduktionsstrategie nutzen", Drs 6/12897, 13. März, TOP 14

– Es gilt das gesprochene Wort –

Sehr geehrter Herr Präsident,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

zunächst einmal: Worum geht es bei unserem Antrag, Sachsens Landwirte beim Ende des Glyphosats zu unterstützen und die Chancen zu nutzen, um zu einer generellen Pestizidreduktionsstrategie zu kommen.
Glyphosat ist von den Pflanzenschutzmitteln respektive Pestiziden das meist eingesetzte Mittel. Es handelt sich dabei um ein Totalherbizid. Das heißt, es tötet grundsätzlich alle Pflanzen ab. Dieses Mittel wird auf EU-Ebene zugelassen. Die jetzt noch bestehende letzte Zulassung wurde 2017 nur bis zum Jahr 2022 verlängert und läuft aller Voraussicht nach bis dahin aus. Es ist also nicht abzusehen, dass es eine
weitere Verlängerung gibt. Das heißt — ganz abgesehen davon, ob man es begrüßt oder nicht, was wir GRÜNE ausdrücklich tun —‚ der Fakt steht: Glyphosat ist nach 2022 nicht mehr einsetzbar.
Das bedeutet, dass, wenn gleichzeitig zahlreiche Landwirtschaftsbetriebe ihre gesamte Produktionsweise darauf ausgerichtet haben, mit Glyphosat zu arbeiten, dort etwas ändern muss. Der Einsatz von Glyphosat, das heißt die pfluglose Bodenbearbeitung, ist von staatlicher Seite stark unterstützt worden.
Es sei nochmals gesagt: Es ist ein Totalherbizid. Es nennt sich zwar Pflanzenschutzmittel, aber andere sagen auch, dass es letztlich nichts anderes als ein chemischer Pflug ist. Es ersetzt nämlich das Pflügen, bringt alle anderen Pflanzen aus dem Boden heraus, die der Landwirt als Unkraut sehen kann, und das funktioniert in dieser Art und Weise nicht mehr. Man hat es eingeführt mit Argumenten wie zum Beispiel dem Erosionsschutz am Boden. Wenn das jetzt endet und Landwirte auch durch staatliches Handeln dazu gebracht worden sind, Glyphosat in diesen Mengen einzusetzen, muss es Alternativen dazu geben.
Als Hintergrund sei genannt, um welche Zahlen es dabei geht: In Deutschland werden circa 48 000 Tonnen Wirkstoffe an Pestiziden jährlich verkauft und eingesetzt, davon sind ungefähr 10 % Glyphosat. Das ist ein Markt von reichlich 1,3 Milliarden Euro, der eine erhebliche Bedeutung hat.
Wenn es ohne gehen soll, gibt es auch die Diskussion: Ersetzen wir es vielleicht durch andere Wirkstoffe? Man muss feststellen, dass es im Moment kein vergleichbares chemisches Mittel gibt, was diese Wirkung von Glyphosat hat. Man könnte sie vielleicht durch einen Cocktail von sehr vielen Stoffen erreichen, aber die Auswirkungen solch eines Cocktails bzw. dieser Stoffe auf die Umwelt und eventuell auf die menschliche Gesundheit sind schwer absehbar.
Es gibt auch die Erfahrung, dass es bei Pflanzenschutzmitteln, egal welcher Art, ähnlich ist wie in der Medizin. Neue Stoffe kommen auf den Markt und werden eingesetzt. Über die Dauer der Anwendung —
die Dosis macht bekanntlich das Gift — steigen die Erfahrungen mit den negativen Folgen. Irgendwann weiß man, dass beim Kosten-Nutzen-Verhältnis vielleicht die Nachteile überwiegen. Viele Stoffe werden
nicht mehr zugssen. Selbst wenn das nicht passiert, ist es auch ganz normal in der Natur: Je länger ich Wirkstoffe einsetze, ‚mendeln‘ sich dann immer die Pflanzenarten heraus, die dagegen resistent werden, bezahlt von Bayer, einem großen Konzern.
Dieser Hersteller sagt: Weltweit gibt es schon über 250 Unkräuter, gegen die es keine wirksamen Mittel mehr gibt. Dort immer weiterzumachen und darauf zu setzen, dass man das vielleicht chemisch wieder in den Griff bekommt, ist schwer denkbar und es ist auch nicht sehr klug. Deswegen besteht Einigkeit bis hin zum Koalitionsvertrag auf Bundesebene — CDU,SPD — dass man tatsächlich zu einem Ausstieg aus Glyphosat kommt und zu einer deutlichen Reduktion der Pflanzenschutzmittel. Genau in diese Richtung geht unser Antrag.
Da das Datum immer näher rückt, kann es einfach nicht angehen, dass wir auf sächsischer Ebene unsere Landwirte nicht unterstützen. Wir haben es in unseren Antrag aufgenommen: Das hat einfach etwas mit Beratung zu tun. Das hat auchb damit zu tun, dass Standorte höchst unterschiedlich sind. Wenn man künftig auf solch ein eingeführtes Mittel verzichten will, dann muss man schauen, wie es eben ohne Chemie geht.
Wenn man sich umsieht, stellt man fest: Es gibt viele Landwirte, auch konventionelle, die sich dafür einsetzen. In der Biolandwirtschaft ist es ja sowieso tabu. Aber dort kommt man auch heute schon gut ohne aus, zum Beispiel über Mischkulturen, Zwischenfrüchte, die Art des Mulchens, mechanische Bearbeitung, Striegeln, Eggen und gegebenenfalls Pflügen. Vorhin hatte ich gesagt, dass einer der Gründe der Einführung auch der Erosionsschutz war. Auch da muss man schauen, was an welchen Standorten wirklich geeignet ist.
Wir als Freistaat können dort vorangehen und mit forschen. Bei Pestizidreduktion geht es nicht nur um diesen einen Stoff, sondern auch dabei könnten wir vieles unterstützen, dass man anders zurande kommt. Ein weiteres Schlagwort ist, dass dort Nützlinge ihre Arbeit machen. Es gibt vieles, was man im Prinzip tot gespritzt hat. Auch andere Landwirte nutzen es, dass andere Pflanzen oder Insekten helfen,
wiederum andere zu bekämpfen. Darüber kann man noch viel Wissen erlangen. Das nützt insbesondere der Biolandwirtschaft, aber auch der konventionellen Landwirtschaft.
Wir als Freistaat Sachsen sollten dort vorangehen. Den Antworten der Staatsregierung haben wir entnommen, dass man mehr oder weniger auf das wartet, was von der Bundesebene kommt. Ja, dort hat man einen Plan. Aber warum sollte man in Sachsen nicht einmal innovativ vorangehen, um für unsere Standorte eine Strategie bis 2022 aufzustellen und den Blick in die Zukunft zu richten, dass man tatsächlich mit weniger dieser Stoffe auskommt? Damit hätten wir einen Mehrgewinn für die Landwirte. Ich hatte die Zahlen genannt, welche Umsätze in der chemischen Industrie gemacht werden. Wir reden immer davon, dass von dem, was auf dem Acker produziert wird, mehr beim Landwirt hängen bleiben soll. Wenn er weniger an die chemische Industrie bezahlt, dann bleibt mehr bei ihm hängen.
Zu den Auswirkungen auf die Umwelt. Wir reden immer über Artenschwund. Ich muss nicht die Horrorzahlen wiederholen. Auch dort müssen wir vorankommen. Das heißt für uns: Es ist für uns eine Aufgabe, die wir einfach nicht verschlafen dürfen. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

» Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Sächsischen Landtag ‚Glyphosat – Sachsens Landwirte jetzt beim Ausstieg unterstützen und Chance für eine generelle Pestizidreduktionsstrategie nutzen‘ (Drs 6/12879) » Alle Infos zum 88./89. Plenum » Alle GRÜNEN Reden