Claudia Maicher: Technische Filter helfen in Zeiten von Chats, Messenger-Apps und Timelines beim Jugendmedienschutz nicht mehr weiter, sondern Medienkompetenz

Redebeitrag der Abgeordneten Claudia Maicher zum Antrag der Fraktionen CDU und SPD:
"Schwerpunkte der Förderung von Medienkompetenz und Medienbildung im Freistaat Sachsen" (Drs 6/4834)
33. Sitzung des Sächsischen Landtags, 21. April 2016, TOP 3

– Es gilt das gesprochene Wort –

Sehr geehrter Herr Präsident,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
fast auf den Tag genau vor einem Jahr haben wir hier im Hohen Haus eine Debatte zum Thema Medienkompetenz und Medienbildung auf Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN geführt. Auch damals stimmten alle in den Kanon ein, wie wichtig dieses Thema sei. Ich wiederhole jetzt nicht noch einmal alles, was heute meine Vorredner gesagt haben.
Demnächst behandeln wir hier im Plenum den Jugendmedienschutzstaatsvertrag. Auch in der Anhörung waren sich alle Experten einig:
– ohne eine stärkere Konzentration auf die Befähigung Minderjähriger zum Selbstschutz,
– ohne eine strukturelle Stärkung bereits der frühkindlichen Medienbildung,
– ohne den konsequenten Aufbau von Medienkompetenz bei allen Kindern und Jugendlichen durch Eltern, Kita, Schule
gibt es keinen wirksamen Jugendmedienschutz.
Leider wurde mit dem 19. Rundfunkänderungsstaatsvertrag die Chance vertan, wirklich etwas für einen wirksamen Jugendmedienschutz zu tun. Stattdessen konzentriert man sich wieder nur auf Alterskennzeichnungen und Filterprogramme – also technische Lösungen. Obwohl viele Risiken heute in Chats, Messenger-Apps und Timelines in der direkten Kommunikation zwischen Menschen entstehen und nicht gefiltert werden können. Hier kommen wir nicht mehr mit Anbieterregulierung weiter, sondern vor allem mit Medienkompetenz.
Wenn Medienbildungsangebote aber nicht ausgebaut werden, dann sind alle Beteuerungen von der Bedeutung der Medienkompetenz leere Worte.
Wir werden in den Haushaltsverhandlungen sehen, wie ernst es Ihnen damit ist.
Es geht aber nicht allein um mehr Geld, sondern wie das Geld effektiv eingesetzt werden kann und welche weiteren Rahmenbedingungen erfüllt werden müssen.
Dafür gibt es eine gute Papierlage, Beschlüsse und Fachtagungen. Ich verweise auf die Debatte vor einem Jahr. Aber ich habe den Eindruck, dass wir nicht einen Schritt weiter gekommen sind.
Dabei wollten Sie, werte Kollegin Fiedler, vor einem Jahr, Schulen, Eltern, Kinder, Jugendliche, Partner aus Politik, Wirtschaft, Medien und vielfältigen Vereinsstrukturen miteinander vernetzen und ein Modell entwickeln, das im Freistaat für die kommenden Jahre zum Tragen kommt. Wo ist der konkrete Vorschlag dazu im Antrag?
Die SPD sprach von dem konkreten Projekt der Koalition einer zentralen Koordinations- und Informationsstelle Medienbildung, die sie verankern wollen. Auch das steht nicht im aktuellen Antrag als konkrete Forderung.
Ihr Antrag ist unkonkret und unambitioniert.
Meine Fraktion hat deutlich klarere Schritte benannt: verbindliche Zielbestimmung, einen Masterplan Medienkompetenz und vereinbarte Umsetzungsschritte dieser Ziele. Das Ganze soll in Zusammenarbeit von Medienpädagogen aus Praxis und Wissenschaft sowie zuständigen staatlichen Akteuren geschehen.
Wir brauchen eine gesicherte medienpädagogische Grundversorgung. Und da reicht es nicht, immer wieder auf die wirklich guten Medienprojekte verschiedener Partner hinzuweisen. Ich kenne sie und schätze sie. Aber sie erreichen nicht alle. Eine aktive Vermittlung von medienpädagogischen Angeboten und Kooperationspartnern muss es geben. Diese Leistungen müssen koordiniert und organisiert werden. Dazu braucht es eine leistungsfähige Struktur, wir schlagen ein "Medienkompetenz-Zentrum Sachsen" vor.
Wir wollten zu Beginn der Legislatur einen Prozess für eine stärkere Medienbildung für mehr Medienkompetenz, für gestärkte, selbstbewusste Kinder und Jugendliche, die mehr Chancen als Risiken in der digitalen Welt haben, kraftvoll starten. Das haben Sie von der Koalition und der AfD abgelehnt. Wir werden Sie und die Staatsregierung bei jeder wirksamen Initiative unterstützen. Denn es ist die Aufgabe der Staatsregierung im Interesse der Jugendlichen und der gesamten Gesellschaft beim Thema Medienkompetenz endlich anzupacken.

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