Direkte Demokratie – Meier: AfD-Vorschlag ist nicht verfassungsfest – GRÜNE und Linke legten schon einen Gesetzentwurf vor

Rede der Abgeordneten Katja Meier (GRÜNE) zum Gesetzentwurf der Fraktion AfD:
"Gesetz zur Weiterentwicklung der sachunmittelbaren Demokratie im Freistaat Sachsen"
45. Sitzung des Sächsischen Landtags, 13. Dezember 2016, TOP 4

– Es gilt das gesprochene Wort –

Sehr geehrte Frau Präsidentin,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
dass die Hürden für eine Volksgesetzgebung in Sachsen viel zu hoch sind, zeigen die Statistiken eindrucksvoll und ist zumindest den Oppositionsparteien schon lange klar.
Deshalb legten wir GRÜNE und die Linke Fraktion schon im März 2015 einen Gesetzentwurf zur Stärkung der direkten Demokratie vor, über den vor wenigen Monaten hier an gleicher Stelle diskutiert und abgestimmt wurde.
Als Grund für die Ablehnung unseres durchdachten und maßvollen Gesetzentwurfs gaben die Koalitionsfraktionen an, mit ihnen gebe es in dieser Legislatur keine Verfassungsänderungen – kann man so machen, bringt das Land nur nicht weiter!
Die AfD-Fraktion hat den Gesetzentwurf ebenfalls abgelehnt, allerdings mit der Begründung, sie habe einen besseren eigenen Entwurf vorgelegt.
Sie hätten – wie sie mehrfach geäußert haben eine XXL-Variante der Bürgerbeteiligung – XXL ist ja gerade im Trend, steht für Größe und Macht!
Die Prämisse bei einer Verfassungsänderung sollte aber Qualität und nicht Quantität sein.
Und daran mangelt es den Vorschlägen der AfD.
Sie wollen alles und sind dabei nicht nur inkonsequent, sondern legen hier einen Entwurf vor der nicht verfassungsfest ist.
Ich gebe Ihnen einige Beispiele:
Ihr ursprünglich eingereichter Gesetzentwurf sah eine Massenpetition vor, welche das Petitionsrecht lediglich auf Wahlberechtigte beschränkt.
Unter Zähneknirschen haben Sie nun einen Änderungsantrag eingereicht, weil alle Sachverständigen die Unvereinbarkeit dieser Regelung mit der Landesverfassung klar benannt haben.
Allein dieses Beispiel zeigt doch sehr anschaulich, welches Verständnis die AfD von Demokratie und Verfassungsrecht hat: Petitionsrecht nur für deutsche Staatsbürger ab 18 Jahren.
Bürgerbeteiligung ja, aber nur in den Grenzen der AfD-Ideologie!
Dem erteilen wir eine klare Absage!
Unsere Verfassung sieht das Recht, Petitionen einzureichen, für JEDE Person vor, also auch für Minderjährige und für nur vorübergehend in Sachsen lebenden Menschen.
Aber unabhängig davon hat die qualifizierte Massenpetition mit unmittelbarer Demokratie nichts zu tun, weil sie eben keine Gesetzgebung durch das Volk ist, sondern die kollektive Ausübung des grundgesetzlichen Petitionsrechts.
Wenn Sie die Verfassung ändern möchten, dann doch bitte in der Systematik des geltenden Staatsrechts.
Ein weiteres großes Problem haben wir mit dem Vorschlag eines fakultativen Referendums auf Initiative der Staatsregierung.
Der Sachverständige Prof. Dr. Schiller hat sehr deutlich aufgezeigt, wie dieses klassische Plebiszit als weiteres Machtinstrument durch die regierenden Parteien genutzt werden kann.
Ist die Zustimmung des Volks sicher, wird das Referendum durchgeführt und der Rückhalt im Volk demonstriert.
Ist das Thema unbequem und Widerstand zu erwarten, dann gibt es einfach kein Referendum.
Auch dieses Beispiel illustriert ihre Doppelzüngigkeit par excellence.
Schließlich haben wir die von der AfD-Fraktion vorgeschlagenen Quoren für Volksantrag und Volksbegehren natürlich mit unseren Vorschlägen in unserem gemeinsamen Gesetzentwurf mit der Linken-Fraktion verglichen.
Offensichtlich ist, dass das aktuelle Quorum für Volksbegehren als Voraussetzung für Volksentscheide mit 450.000 Stimmen der Wahlberechtigten weitaus zu hoch ist.
Dementsprechend sah unser Vorschlag eine Senkung um zwei Drittel von 15 Prozent auf max. fünf Prozent vor.
Sie hingegen möchte das Quorum nur um 50 Prozent senken.
Das würde ich dann nicht XXL-Variante nennen und darin auch keine konsequente Erleichterung der direkten Demokratie sehen.
Das waren nur einige Gründe von vielen, aus denen wir den Gesetzentwurf ablehnen werden.

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