Entwicklung der Kulturräume in Sachsen – Günther: Wir müssen unsere Leute, die Kultur schaffen die entsprechende Anerkennung zuteil werden und nicht sich selbst ausbeuten lassen

Rede des Abgeordneten Wolfram Günther zum Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE "Gesetz zur Weiterentwicklung der Kulturräume im Freistaat Sachsen" und zum Gesetzentwurf der Fraktionen CDU und SPD "Zweites Gesetz zur Änderung des Sächsischen Kulturraumgesetzes"
68. Sitzung des Sächsischen Landtags, 14. März, TOP 6
– Es gilt das gesprochene Wort –

Seht geehrter Herr Präsident!
Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen!
Das Kulturraumgesetz und die Kulturräume, die wir in Sachsen im Sinne einer Erfolgsgeschichte geschaffen haben, will auch die Landtagsfraktion GRÜNE einmal hervorheben. Es ist wirklich eine Erfolgsgeschichte, gerade im Vergleich zu anderen Bundesländern. Genau deswegen ist es erforderlich und die Sache wert, dass wir gut darüber debattieren, wie wir diese Erfolgsgeschichte in die Zukunft fortschreiben, denn das ist, wie ich glaube, das gemeinsame Ziel.
Ich möchte auch einmal einiges loben. Zunächst ist in dem Entwurf, den die Koalition
jetzt vorgelegt hat, ein Mittelaufwuchs enthalten, und dort steht „mindestens“. Das muss man erst einmal hervorheben.
Da gibt es also noch Luft nach oben.
Genauso lobenswert: Die kulturelle Bildung wird endlich ausdrücklich erwähnt. Die Hinweise, die wir von den Sachverständigen bekommen haben – dass man in die Kulturbeiräte eine gewisse Dynamik hineinbringen muss, dass man die Amtsperioden befristet – wurden aufgegriffen; auch das ist gut.
Auch sehr gut – da ist schon eine ganze Menge Luft herausgenommen worden im Hinblick darauf, was jetzt von der AfD vorgetragen wurde – ist die Transparenz. Mit dem neuen Gesetz wird es so sein, dass man die Vergabe einfach öffentlich macht und sehen kann, wofür die Mittel ausgegeben werden. Das war im alten Gesetz wirklich eine Fehlstelle. Das alles sind gute Punkte.
Gleichwohl – Sie haben es gemerkt – haben wir einen Änderungsantrag vorgelegt.
Es liegt auch ein Antrag der LINKEN vor. Beide Initiativen eint, dass sie wesentliche Punkte der Kritik vortragen.
Fangen wir einmal damit an, woher wir kommen. Das Kulturraumgesetz wurde geschaffen aus der Situation der Neunzigerjahre heraus, als wir eine sehr reiche, gewachsene Kulturlandschaft aus DDR-Zeiten hatten, ein reiches Kulturschaffen. Das sollte erhalten werden: in der Dichte, in der Fläche, im Land – ob das Orchester oder Theater waren  oder andere Institutionen wie Bibliotheken. Da musste man Ideen entwickeln, wie man dies erhält.
Und das ist mit diesem Gesetz auch weitestgehend gelungen. Heute stehen wir aber vor der Situation, dass es eben nicht mehr nur um den Erhalt geht, sondern dass auch Kultur etwas Dynamisches ist. Es muss auch die Möglichkeit geben, dass sie sich dynamisch entwickelt, und das finden wir eben noch nicht ausreichend genug im Gesetz ausgedrückt. Es geht schon los mit der Präambel, in die wir mit unserem Änderungsantrag solche Sachen aufnehmen würden.
Aber das nur vorweg als Grundidee. Natürlich ist der Hauptknackpunkt das Geld.
Das ist ja hier schon mehrfach angesprochen wurden. Es ist gut, dass die Erhöhung, die jetzt schon da ist, verbindlich drin steht. Aber wir wissen doch eigentlich alle, dass das nicht ausreicht. Wir wissen doch, dass man sich gerade über diese Haustarifverträge, die in den letzten Jahren abgeschlossen worden sind, so weit wegentwickelt hat von dem, was eigentlich normal nach Tarif bezahlt werden müsste.
Man muss wirklich sagen: leider. Kultur im ländlichen Raum findet vor allen Dingen durch Selbstausbeutung der Kulturschaffenden statt, weil sie auf wesentliche Teile des ihnen eigentlich nach Tarif zustehenden Lohnes verzichten und dennoch Kultur in Regionen leisten, die manchmal noch andere infrastrukturelle Nachteile haben. Sie sind aber bereit dafür, und das kann so nicht weitergehen. Diesen Knoten müssen wir auch endlich lösen; da reichen diese 8 Millionen Euro schlichtweg nicht aus. Das ist ein Betrag, der deutlich unter dem liegt, was wir brauchen. Das sagen auch die Fachleute.
Wir unterbreiten auch Vorschläge in unserem Änderungsantrag, wenigstens 10 Millionen Euro einzusetzen. Wir kennen noch viel höhere Beträge. Natürlich muss es durch die Kommunen kofinanziert werden, aber ich glaube, in der Höhe ist das möglich.
Ein wesentlicher Punkt sind die Landesbühnen. Alle Sachverständigen, alle aus dem Kulturbereich sind sich einig: Die Landesbühnen sind eine ganz wertvolle, wichtige Institution. Wir sind alle froh, dass wir sie haben. Aber sie gehören nicht in das Kulturraumgesetz. Sie sind ein Fremdkörper. Sie müssen dort entfernt und anders finanziert werden.
Das bringt nötige Luft für anderes, was eigentlich mit dem Kulturraumgesetz gedacht ist.
Natürlich müssen wir darüber nachdenken, wenn wir jetzt selbst den Knoten lösen und ein paar Millionen Euro mehr reingeben. Aber es geht ja weiter: Personalmittel, Tarifverträge, die steigenden fixen Kosten. Es muss eine Dynamisierung geben. Die schreibt man entweder fest oder, wenn man künftig evaluiert, muss auch der Finanzbedarf ganz deutlich evaluiert werden. Dafür braucht man Kriterien. Da müssen Bedarfe angemeldet werden. Das sind Dinge, die wir mit unserem Änderungsantrag vorschlagen und die unbedingt aufgenommen werden müssen.
Klar ist auch, dass es durch diese gesamte Evaluierung — wenn sie stattfindet – belastbare Datengrundlagen gibt. Es wurde auch in der Anhörung angemahnt, dass man externe Fachleute hinzuziehen muss. Das ist ein überschaubarer Personenkreis, der in Sachsen Kulturpolitik macht. Und auch in den Kulturräumen sollten nicht immer nur dieselben Leute mit sich selber reden und sich austauschen. Das ist in allen Bereichen so. Dafür sollten wir uns öffnen und das Ganze verbindlich machen. Dadurch können wir nur schlauer werden.
Ein weiterer Aspekt ist die Dynamisierung, dass man sich diesem Kulturbeirätewechsel öffnet. Wir haben die Befristung der Legislaturen. Die würden wir gern statt der fünf Jahre auf wenigstens vier verkürzen. DIE LINKE hat bereits Vorschläge gemacht, das auf zwei Legislaturen einzuschränken. Wir unterbreiten einen anderen Vorschlag: Es müsste wenigstens ein Viertel alle vier Jahre ausgewechselt werden, auch vor dem Hintergrund, dass es für manche Sparten gar nicht so viele Fachleute in den einzelnen Kulturräumen gibt. Aber es soll dort etwas Verbindlicheres reinkommen, dass ein Wechsel stattfindet und man es nicht teilweise – wie auf Erbhöfen –  immer weitergibt und die gewachsene Institution weiter fördert.
Neue Dinge, die entstehen müssten, könnten gar nicht so richtig zum Zuge kommen.
Das müsste man verbindlich beschließen. Ich würde Sie bitten, diese Anregung von uns aufzunehmen. Ganz wichtig ist das Grundkonstrukt. Wir haben die Kulturbeiräte, die fachlich
arbeiten, die die Vorschläge auf hohem Niveau mit allen bisherigen Kritikpunkten erarbeiten — zu wenig Dynamik drin und Kulturkonvent. Kulturkonvent klingt so großartig, aber es sind einfach die zwei Landräte, die zusammensitzen und diese Vorschläge beschließen. Da sagen wir: Um das ernst zu nehmen und zu debattieren, wie sich das entwickeln, wie Dynamik erreicht werden soll, neue Dinge gefördert werden sollen, wo man mit Förderung zurückgehen muss, muss das auf breitere
Schultern gelegt werden. Deswegen diese Erweiterung der Kulturkonvente, bei denen wir vorschlagen, dass aus jedem Landkreis wenigstens vier Kreisrätinnen bzw. Kreisräte mitarbeiten. Sie sind demokratisch legitimiert. Das ist auch ein kleiner Unterschied zum Vorschlag der LINKEN, die vorschlagen, dass die Beiratsvorsitzenden Stimmrecht bekommen. Das sehen wir nicht ganz so, weil wir nach wie vor die fachliche Ebene gern von der trennen wollen, die entscheidet, um dadurch Interessenkonflikte zu vermeiden. Die Beiräte sind schlichtweg nicht demokratisch legitimiert. Sie sind nicht gewählt, sondern berufen. Das ist aber bei den Kreistagsmitgliedern der Fall, Sie sind demokratisch legitimiert. Die breitere Basis ist also ganz wichtig und sollte in den Gesetzentwurf aufgenommen werden.
Wesentlich ist auch, das hat Kollege Sodann schon angesprochen: Den zu erstellenden Kulturraumbericht kann man nicht dem Kultursenat übertragen, er ist ein ehrenamtliches Gremium. Es handelt sich um eine hoheitliche Aufgabe, wobei der Kultursenat zu involvieren ist, denn er muss dazu Stellung nehmen, er muss die Aufgabe erfüllen.
Und die anderen Dinge, die ganzen harten Fakten, die analysiert werden müssten – dazu habe ich schon einiges gesagt – müssen sichergestellt werden.
Ich glaube, mit diesen Änderungen, die wir vorschlagen, würde es viel besser sichergestellt werden, dass die Erfolgsgeschichte Kulturraumgesetz fortgeschrieben werden kann und dieser Gedanke, dass Kultur nichts statisches, sondern etwas dynamisches ist0. Wir wollen in die Zukunft schauen wellen und nicht mehr nur auf die Erhaltung der Bestände, die wir seit den Zeiten vor dem Jahr 1989 ererbt haben. Wir schreiben jetzt das Jahr 2018.
Sie sind gut beraten, auch diese Änderung aufzunehmen und vor allen Dingen, mehr Geld zu beschließen. Wir werden uns auch in den Haushaltsverhandlungen wiedersehen. Kultur darf nicht durch Selbstausbeutung in diesem Land stattfinden.
Wir müssen unsere Leute, die Kultur schaffen – Kultur ist nicht irgend etwas, sondern eine der wesentlichen Grundlagen unserer Gesellschaft – die entsprechende Anerkennung zuteil werden und nicht sich selbst ausbeuten lassen. Das muss sich auch in deren Portemonnaie wiederfinden.
Ich danke Ihnen. 

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