Es gibt im Haushalt zu viele Sondervermögen − Auf die Ankündigung des Finanzministers, diese zu reduzieren, folgte nichts

Rede der Abgeordneten Franziska Schubert zum Gesetzentwurf der Staatsregierung:
"Gesetz über die Feststellung des Haushaltsplanes des Freistaates Sachsen für die Haushaltsjahre 2019 und 2020 (Haushaltsgesetz 2019/2020 – HG 2019/2020)" (Arbeitstitel)
Erste Lesung des Gesetzentwurfs der Staatsregierung, Drs. 6/13900
76. Sitzung des Sächsischen Landtags, Donnerstag, 16. August, TOP 1

– Es gilt das gesprochene Wort –

Sehr geehrter Herr Präsident,
Sehr geehrte Damen und Herren,

nach der allgemeinen politischen Aussprache möchte ich ein wenig in die Untiefen des Vorschlags der Staatsregierung einsteigen.

Die Staatsregierung hat vor dem Sommer die Eckpunkte des Regierungsentwurfes vorgestellt. Der Ministerpräsident, der stellvertretende Ministerpräsident und auch Finanzminister Dr. Haß haben von „Rekordhaushalt“, von „Trendwende“ und „Gestalten“ gesprochen. Und natürlich wolle man auch für mehr Transparenz sorgen.
Ich möchte an dieser Stelle die Ausführungen des Finanzministers aufgreifen, die er vor der Sommerpause getätigt hat. Denn an diesen Aussagen habe ich mich orientiert und war in der Erwartungshaltung, dass ich als Finanzpolitikerin der Opposition nach diesen Ankündigungen zukünftig wenig zu kritisieren haben würde.

Aber gestatten sie mir, doch eine Dinge zu erwähnen, die mir aufgefallen sind, als ich mich mit den Untiefen des Vorschlags der Staatsregierung beschäftigt habe.
So sagte Herr Dr. Haß erstens, es gäbe zu viele Sondervermögen und es müsse eine Reduzierung angestrebt werden. Es ging sogar noch weiter: idealerweise gäbe es nur noch die Haushaltsverstärkungsrücklage und einige wichtige Fonds.
Und es ist in der Tat so: Es gibt seit Jahren im Sächsischen Haushalt zu viele Sondervermögen wie die Fonds. Ich hab das wieder und wieder gesagt: die Anzahl der Fonds und die darin geparkten Unsummen an Geld müssen reduziert werden. Nach Bundeshaushaltsrecht, was die Zwecke angeht und nach dem Prinzip der Transparenz natürlich auch.

Ein Blick in den aktuellen Haushaltsentwurf hat gezeigt, dass diese Äußerung von Herr Dr. Haß reine Ankündigung war, denn sie ist im Entwurf der Staatsregierung keineswegs untersetzt. Im Gegenteil: in diesem Doppelhaushalt kommen – soweit ich gesehen habe – mindestens zwei neue Fonds hinzu (Breitbandfonds und der Kommunale Strukturfonds) und es sind noch immer über 20 Sondervermögen. Nichts mit Reduzierungen. Und da liegen immer noch Milliarden Euro drin.

Dann hat Herr Dr. Haß zweitens seinen Plan zur Haushaltsausgleichsrücklage vorgestellt. Zu seinem Plan gehörte die Aufstockung der Haushaltsausgleichsrücklage – weil die bisher fast eine Milliarde Euro darin für den Fall eines Konjunktureinbruchs zu knapp bemessen sei. Dr. Haß nannte vor dem Sommer eine Summe von ca. 1,4 Milliarden Euro (heute 1,3 Milliarden), die anzustreben wären. Kein komplett unvernünftiger Vorschlag, dachte ich.
Und auch hier sollten Sie in den Haushaltsplan schauen: Der Haushaltsausgleichsrücklage wurde laut Entwurf der Staatsregierung über eine halbe Milliarde Euro entnommen. Wie passt denn das zusammen? Die tatsächliche Höhe der Rücklage ist nicht ausgewiesen. Wir wissen nicht laut dieses Entwurfes, wie hoch die Höhe der Rücklage ist. Die Höhe der Rücklage wird in der Vermögensrechnung ausgewiesen. Und da haben wir einen Stand von 2016.

Was heißt das nun? Wurde die Rücklage halbiert? In der Pressekonferenz vor dem Sommer wurde dieser Griff in die Rücklage nicht einmal erwähnt. Wann ist das passiert? Nach Pressekonferenz und damit auch nach dem Kabinettsbeschluss?
Transparenz sieht anders aus und auch Klarheit im Haushaltsplan. Wir werden das sehr gründlich nachverfolgen und auch sehr gründlich hinterfragen.
Und der Griff in die Rücklage ist natürlich auch überraschend, denn für den Doppelhaushalt 2019/2020 sind ja zwei weitere gute Jahre für Deutschland prognostiziert, zumindest für die Bereiche Steuereinnahmen und wirtschaftliche Entwicklung.
Der Haushaltsausgleichsrücklage in einer solchen konjunkturell guten Zeit eine halbe Milliarde Euro zu entnehmen, macht daher eher den Eindruck, dass die Staatsregierung für ihren Wahlkampfhaushalt alle Schatullen hemmungslos plündert. Und es ist widersprüchlich. Zu den 300 Millionen, die da eigentlich reingehen sollten, komme ich gleich noch.

Und das führt mich zu drittens: der Umgang mit dem Garantiefonds; hier ist die Kommunikation des Finanzministers als desaströs zu bezeichnen. Hier zeigt sich sehr deutlich, wie es um die Gesprächskultur, das Problemverständnis, das Kommunikationsverhalten, aber auch die Haltung der Staatsregierung gegenüber dem Landtag und den Menschen in diesem Land aussieht.
Das Fiasko um die Landesbank Sachsen liegt in Verantwortung der damaligen Staatsregierung; einige von denen, die damals dabei waren, sind heute immer noch dabei und hätten zumindest Hinweise auf einen sensiblen Umgang dem neuen Finanzminister mit auf den Weg geben können. Die Schulden der Landesbankpleite in Milliardenhöhe haben die Menschen in Sachsen getragen – es gab harte Einschnitte in der Folge, z.B. in Form der Kürzung der Jugendpauschale, die bis heute nicht wieder aufgehoben wurden. Es war schon unverschämt, den Fonds „Garantiefonds“ und die Zahlungen für die Landesbankpleite „Garantieziehungen“ zu nennen. Aber es muss doch sogar der Staatsregierung aufgegangen sein, dass, wenn Geld aus diesem Fonds übrig bleibt, sie dieses nicht einfach einkassieren kann. Die gesellschaftlichen Folgen des Landesbankdebakels erfordern geradezu eine offene Kommunikation, die auf Wiedergutmachung hätte zielen können. Sie hätten sagen können, als Beispiel nur: damals haben wir die Jugendpauschale gekürzt, das können wir jetzt wiedergutmachen – es ist Geld übrig und das wollen wir jetzt dazu nutzen.

Es ist ein ganz schlechter Stil, dass Sie ganz leise den Garantiefonds praktisch leergeräumt haben im Jahr 2018.
Da fehlen jetzt 800 Mio. Euro. Ich weiß, dass das laut Fondsgesetz möglich ist. Aber nicht alles, was möglich ist, ist auch angemessen und richtig. Es zeigt einmal mehr, dass Sie das überhaupt nicht einordnen können. Null Sensibilität im Umgang mit so einem brisanten Thema und eben kein Augenmaß.
Und jetzt gestatten Sie mir noch die Feststellung: den Journalisten hatte Dr. Haß ja angekündigt, dass er für die 800 Millionen Euro aus dem Garantiefonds eigene Pläne hätte. So sollten davon auch 300 Millionen Euro in die Haushaltsausgleichsrücklage. Die sind da nie angekommen. Das ist im Entwurf nicht abgebildet.

Und dann reden Sie heute letztendlich noch davon, dass Sie die Einnahmesituation strukturell verbessern wollen im Haushalt. Das ist ja zu begrüßen und sie könnten im Handumdrehen Millionen generieren, wenn sie endlich Förderabgabe und Wasserentnahmeabgabe für die Bergbaubetreiber erheben würden. Tun Sie das nicht, bleiben sie unglaubwürdig.
Mir zeigt der Entwurf, dass ich die Aussagen des Finanzministers nicht für bare Münze nehmen kann. Nichts von seinen Ankündigungen und Aussagen ist untersetzt im Entwurf. Es hätte systemische Veränderungen gebraucht, um eine finanzpolitische Trendwende für Sachsen hinzukriegen. Diese Gelegenheit ergreifen Sie nicht.

Ich möchte Ihren Louis Pasteur mit einem eigenen Louis Pasteur parieren: [Zitat] „Die Gelegenheit bedarf eines bereiten Geistes.“ Wir GRÜNEN werden im Verfahren zeigen, wie Gelegenheiten in der Aufstellung des Haushalts genutzt werden können. Sie dürfen also auf uns als kritischen und konstruktiven Gesprächspartner in gewohnter Qualität vertrauen.