Eva Jähnigen: Ernsthafte Reformen für den ÖPNV in Sachsen sind notwendig, aber der Antrag der CDU/SPD-Koalition lässt viele Fragen offen
Redebeitrag der Abgeordneten Eva Jähnigen zum Antrag "Strategiekommission für einen leistungsfähigen ÖPNV/SPNV in Sachsen" (CDU/SPD)
9. Sitzung des Sächsischen Landtags, am 11. März 2015, TOP 6
– Es gilt das gesprochene Wort –
Sehr geehrter Herr Präsident,
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
mit diesem Antrag können wir als Parlament den Auftrag der koalitionsintern vereinbarten ÖPNV-Strategiekommission bestimmen. Diese Einbeziehung des Parlaments unterstützen wir ausdrücklich. Sie dient transparenter politischer Willensbildung und stärkt das Parlament in seiner Rolle gegenüber der Regierung. So ein Demokratieverständnis wollen wir öfter hier im Landtag haben.
Nun ahnen Sie schon, verehrte Kolleginnen und Kollegen, dass mein Lob jetzt endet. Denn dieser Antrag lässt viele Fragen offen – nachdem ich Sie mit meiner Anfrage vom 25. Februar zum Thema anscheinend aufgeschreckt habe.
Ja, eine ÖPNV-Strategiekommission ist sinnvoll. Ihr Antrag lässt aber offen: wird es eine Kommission zur Reform unseres ÖPNV-Systems oder nur ein Arbeitskreis zur effizienten Verwaltung des Geldmangels?
Momentan verweist die Regierung zu fast allen Problemen im sächsischen ÖPNV auf die Kommission. Notwendig wären in der Tat Vorbereitungen und die Umsetzung echter Reformen. Die Frage lautet, was muss sich in unserem ÖPNV ändern? Mit welchen Schritten kommen wir zur Umsetzung und Finanzierung eines Integralen Taktfahrplanes und eines landesweiten Tarifs? Was muss geschehen, damit wir mehr Fahrgäste und ein gutes, finanzierbares ÖPNV-Angebot in Stadt und Land bekommen? Denn davon hängt ab, ob wir den Ausbau von Dresden–Görlitz und Chemnitz–Leipzig vom Bund finanziert bekommen.
Dass dazu mehr Geld gehört, als Sie momentan im Haushalt ausgeben wollen, kann ich Ihnen allerdings ganz ohne Kommission sagen. Im aktuellen Doppelhaushalt werden lediglich 80 Prozent der Regionalisierungsmittel an die Aufgabenträger weitergereicht. Darf die Kommission das eigentlich hinterfragen? Oder ist es als feste Größe gesetzt? Der Antrag lässt das offen.
Weiter in Ihrem Text: Gesichert werden soll eine landesweite Grundversorgung. Was ist damit im ländlichen Raum gemeint – werktags früh und nachmittags Schülerbusse? Dass laut unverändert geltendem Landesverkehrsplan weitere Bahnangebote im ländlichen Raum in Frage stehen?
Weitere Punkte bleiben vage. Prüfung von Möglichkeiten eines integralen Taktfahrplanes, Optimierung und Harmonisierung von Tarif, Beförderung und Organisation …
Warum sind Sie eigentlich so verklausuliert? Eigentlich wissen doch alle im Land, dass es mit sechs verschiedenen Tarifen und der Kleinstaaterei in der sächsischen ÖPNV-Organisation nicht weitergeht. Auch die Landkreise und Zweckverbände wissen das und gerade deshalb sind klare Ansagen mit Blick auf eine Novelle des sächsischen ÖPNV-Gesetzes notwendig. Wir brauchen die Reformen bald, noch innerhalb der Legislatur dieses 6. Landtages.
Haben Sie überhaupt Gestaltungswillen, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen von CDU und SPD? Denn ohne den wären echte Reformvorschläge von vornherein chancenlos.
Und warum soll lediglich ein Vertreter des Landtages in die Kommission? Ist das der Kollege aus der CDU, der auf den SPD-Verkehrsminister aufpassen soll? Das kann er gern tun, aber angesichts der bisherigen Nichterfolge der Regierungen Tillich I und Tillich II bei der Verbesserung der Bahnangebote und des ÖPNV im ländlichen Raum sollten die Vorschläge der Opposition auch gefragt sein. Vor diesem Hintergrund unterstützen wir auch den Vorschlag der Linken zur Erweiterung der Diskussionsrunde.
Gewiss werden Sie jetzt sagen, dass alles noch detailliert diskutiert werden muss. Ja, das finden wir auch. Wir schlagen mit unserem Änderungsantrag einige Präzisierungen vor. Es sollte Gelegenheit geben, den Auftrag an die Kommission genauer zu diskutieren. Deshalb beantragen wir eine Überweisung an den zuständigen Ausschuss für Arbeit, Wirtschaft und Verkehr. Beschließt nach der Beratung dort der Landtag im April, kann die Kommission unverzüglich beginnen zu arbeiten. Vorbereitungen sind bereits möglich.
Fazit: Ernsthafte Reformen für den ÖPNV in Sachsen sind notwendig. Der Bahnverkehr muss landesweit geplant und die Organisation von Bus und Bahn überdacht werden. Wir brauchen Szenarien zur Fahrgastentwicklung und zur Finanzierung. Wenn eine Kommission das leisten soll, braucht sie einen wohlüberdachten Arbeitsauftrag. Nehmen wir uns dafür die Zeit und arbeiten gründlich. Wir wollen nicht, dass das Kabinett Tillich III diese Fragen so unbearbeitet lässt wie die Vorgängerkabinette Tillich I und Tillich II. Das liegt jetzt in ihrer Hand.