Franziska Schubert: Wir brauchen keine von gesellschaftlichen Ereignissen losgelöste Imagekampagne

Redebeitrag der Abgeordneten Franziska Schubert zum Antrag (Die Linke):
"’So geht sächsisch‘ – geht nicht mehr. Standortkampagne sofort einstellen, Kampagnenbudget zur Demokratieförderung verwenden" (Drs. 6/4434)
31. Sitzung des Sächsischen Landtags, 17. März 2016, TOP 3

– Es gilt das gesprochene Wort –

Sehr geehrter Herr Präsident,
sehr geehrte Damen und Herren,
wir werden dem Antrag der Linken zustimmen. Und da Staatsminister Martin Dulig am Dienstag in der Kabinettspressekonferenz bereits eingeräumt hat, dass der Slogan "So geht sächsisch." verbrannt ist, gehe ich davon aus, dass auch die SPD dem Antrag zustimmen kann.
Es ist richtig: der Slogan ist verbrannt. Ich möchte das gar nicht persönlich werten, aber wenn Sachsen deutschlandweit in den Medien als das unsympathischste Bundesland betitelt oder auch über einen Austritt Sachsens aus der Bundesrepublik philosophiert wird, braucht es keine von gesellschaftlichen Ereignissen losgelöste Imagekampagne.
Und während ich im letzten Jahr an dieser Stelle noch zum humorvollen Diskurs aufgelegt war, kann ich es heute nicht mit derselben Unbefangenheit tun – eben weil der Antrag der LINKEN genau diesen Zusammenhang zieht: Image und gesellschaftliche Ereignisse.
Haushalterisch lohnt sich der Blick noch immer:
Die im Haushalt eingestellten Mittel sind ein in der Höhe klar benennbares Problem. Dass das Budget schon immer zu hoch angesetzt war, wiederhole ich gern und deutlich. Vor einem Jahr haben wir bereits an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass kein anderes Land so viel Geld für eine Imagekampagne ausgibt. Wir hatten bei den letzten Haushaltsverhandlungen die Halbierung des Mittelansatzes gefordert. Das Ergebnis ist bekannt. Es standen weiterhin 8 Millionen Euro pro Jahr für "So geht Sächsisch." zur Verfügung.
Noch einmal zum Vergleich: die Kampagne der Baden-Württemberger ("Wir können alles. Außer Hochdeutsch.") läuft seit 1999 und hatte in ihren haushalterisch besten Zeiten ein Budget von 3,2 Millionen Euro pro Jahr. 2011 wurde das Konzept angepasst, und seitdem stellt Stuttgart für die Imagepflege noch 400.000 Euro pro Jahr in den Haushalt ein. Es ist eine gute Kampagne. Und soweit ich das sehe, hat das "Ländle" kein Imageproblem.
Kommen wir nun zum Zusammenhang zwischen Imagekampagne und gesellschaftlichen Ereignissen.
Das Ziel der Kampagne ist, "den Bekanntheitsgrad von Sachsen im In- und Ausland zu erhöhen". So steht es im Koalitionsvertrag. Der Bekanntheitsgrad Sachsens ist rapide nach oben geschnellt. Bereits vor einem Jahr war klar, dass wir das nicht der Kampagne zu verdanken haben. Wenn der Chef der Staatskanzlei, Herr Dr. Jaeckel, im Interview darauf hinweist, dass man zwischen der Imagekampagne für das ganze Land und den vielen Ereignissen in den vergangenen Wochen unterscheiden muss, ist das schon eine eher akademische Herangehensweise. Wie soll das denn in der Umsetzung aussehen? Man könnte natürlich vor einem Werbeclip für Sachsen den Hinweis schalten: Bitte betrachten Sie diesen Clip losgelöst von den fremdenfeindlichen Ereignissen,
– a) die in keinem anderen Land so ein Ausmaß angenommen haben wie in Sachsen oder
– b) von denen im Anschluss in den Nachrichten berichtet wird.
Für Plakatwerbung müsste man vielleicht eine kürzere Sprachregelung finden.
Ich sage nicht, Sachsen braucht keine Imagekampagne und da bin ich ganz bei Ihnen, Herr Dr. Jaeckel, wenn Sie sich dafür einsetzen – ich sage aber wiederholt: nicht zu diesem Preis.
Dieser völlig überteuerte Slogan "So geht sächsisch." ist mittlerweile deutschlandweit verbunden mit Ereignissen – und jetzt werde ich persönlich –, die mich als Bürgerin und als politisch aktiven Menschen dieses Bundeslandes beschämen. Er ist zum geflügelten Wort geworden – und das ist kein Zeichen für eine erfolgreiche Botschaft, das ist bitter.
Dieser Schaden wird lange und nachhaltig das Bild Sachsens prägen. Für eine Standortkampagne braucht es daher eine strategische Neuausrichtung. Und es wäre sicher auch sinnvoll, wenn bei der Erarbeitung nicht nur Staatsregierung, Agentur und Auftragnehmer eingebunden sind. Ich stehe für konstruktive Gespräche zur Verfügung.
Es schadet momentan nicht, die Imagekampagne auf Eis zu lassen und die Mittel anderweitig einzusetzen.
Der Vorschlag der Fraktion Die Linke, die Kampagnenmittel Vereinen, Verbänden und Initiativen zur Verfügung zu stellen, die sich für eine weltoffene, vielfältige demokratische Gesellschaft und Kultur in Sachsen einsetzen, ist eine der jetzigen Situation hier in unserem Freistaat angemessene Option – und wäre ein Zeichen nach außen.

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